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Die Viertagewoche, die seit Anfang der 1990er Jahre im Trend ist und seither von mehreren Ländern und einigen Unternehmen erprobt wurde, wird seit Beginn der „Covid-Ära“ im März 2020 aktiv diskutiert. Die proeuropäische ungarische Partei Momentum hat sie sogar in ihr Programm aufgenommen – wobei anzumerken ist, dass Párbeszéd, die Partei des Budapester Bürgermeisters Gergely Karácsony, sich im Rahmen der Vorwahl der Opposition für die Parlamentswahlen im April 2022 damit begnügt, für eine Arbeitszeitverkürzung einzutreten.

Das Thema Arbeitszeitverkürzung ist wieder in aller Munde

Die Vierrtagewoche erinnert an Island, Neuseeland bzw. Microsoft in Japan, aber es ist zweifellos in Frankreich, dass diese Maßnahme – und im weiteren Sinne die Frage der Arbeitszeitverkürzung – die konstanteste intellektuelle Kraft hat, insbesondere durch die Arbeit und den Aktivismus des Wirtschaftswissenschaftlers und Politikers Pierre Larrouturou, der sich seit 1993 für die Vierrtagewoche einsetzt.

Er war es, der 1996 das de-Robien-Gesetz erdachte, das es den Unternehmen ermöglichte, auf freiwilliger Basis die Wochenarbeitszeit ihrer Beschäftigten im Gegenzug für die Senkung von sozialen Beiträgen zu reduzieren. Pierre Larrouturou hingegen sprach sich gegen die Aubry-Gesetze aus, mit denen die 35-Stunden-Woche eingeführt und damit das de-Robien-Gesetz aufgehoben wurde, und beklagte die mangelnde Flexibilität und den zu einheitlichen Charakter dieser Reform.

Er hatte Recht, als er vorhersagte, dass die Vertikalität dieser Reform die Debatte über die Arbeitszeitfrage beenden oder sie sogar in eine Vogelscheuche verwandeln würde, da die 35 Stunden die französische Gesellschaft seit vielen Jahren tief gespalten hatten.

Dabei wurde nicht mit dem Covid gerechnet, das auch eine Chance für tiefgreifende Veränderungen im Bereich der Arbeitszeit bietet, bzw. zumindest die Möglichkeit, „unsere Welt zu reflektieren, neu zu denken und neu zu definieren“.

Die Viertagewoche hat in den letzten Monaten in der Tat einen neuen Aufschwung erfahren, da deren Befürworter sie als einen der Schlüssel zum Ausweg aus der „Klimakatastrophe“ und als einzige Möglichkeit zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ansehen, die sich aufgrund der „sanitären Katastrophe“ noch weiter verschärfen und neue Höhen erreichen dürfte. Es ist wirklich notwendig, darauf hinzuweisen, dass die Begriffe „Gesundheit“ und „Klima“ in letzter Zeit in hohem Maße synonym geworden sind – ein Phänomen, das am besten durch Pierre Larrouturous Parallele zwischen dem schmelzenden Permafrost und den künftigen Gesundheitsrisiken veranschaulicht wird.

In Ungarn, wo die Arbeitslosigkeit seit einem Jahrzehnt kein Thema mehr ist, gehen nur einige wenige Oppositionsbewegungen so weit, die Frage der Arbeitszeitverkürzung auf den Tisch zu bringen, indem sie sie als einzige Garantie für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung der Umwelt darstellen.

Zweifellos haben diese Bewegungen auch im Hinterkopf, dass die im März 2020 ausgelöste wirtschaftliche und soziale Beschleunigung zu einem Wiederaufleben der Massenarbeitslosigkeit in Mitteleuropa führen wird, ähnlich dem, was mehrere west- und südeuropäische Länder seit mehreren Jahrzehnten erlebt haben.

Die „sanitären Maßnahmen“ haben den Grundsatz des Vorrangs der „öffentlichen Gesundheit“ vor dem Wirtschaftswachstum festgeschrieben. Die Befürworter der Viertagewoche vertreten genau diesen Standpunkt und sind der Meinung, dass Wachstum ein veraltetes Konzept sei, das der öffentlichen Gesundheit abträglich sei. Sie stellen fest, dass Massenarbeitslosigkeit tödlich sei, aber werden nicht die Ausmaße, die die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich annehmen wird, und die tiefgreifenden strukturellen Veränderungen, die diese neue, von Brüssel und Davos geförderte post-Covid-Wirtschaft mit sich bringt, die Befürworter der Viertagewoche in Widersprüche stürzen?

Arbeitslosigkeit tötet per Definition Menschen, die nicht alt genug sind, um zu sterben.

Etwa 15.000. Dies ist die Zahl der Arbeitslosen – die überwiegende Mehrheit von ihnen ist unter 60 Jahre alt –, die jedes Jahr in Frankreich an den Folgen ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation sterben, wenn man Komorbiditäten ausschließt. Diese erschreckende Zahl wird regelmäßig von Pierre Larrouturou ins Gedächtnis gerufen, der die politischen Entscheidungsträger beschuldigt, Blut an ihren Händen zu haben.

Soweit wir wissen, hat sich Pierre Larrouturou, der heute Europaabgeordneter der Partei Nouvelle Donne [New Deal] und Generalberichterstatter für den europäischen Haushalt 2021 ist, noch nie so unnachgiebig zu der neuen wirtschaftlichen Situation geäußert, die sich infolge der „Covid-Krise“ ausbreitet.

Die Befürworter der Viertagewoche sind sich der beklagenswerten Auswirkungen auf die Beschäftigung bewusst, die diese neue digitale und integrative Wirtschaft der vierten industriellen Revolution wahrscheinlich verursachen wird. Die Viertagewoche wäre eine Abhilfe für diesen Beschäftigungskollaps, eine Maßnahme, die im Namen des Gesundheits- und Klimaschutzes getroffen werde.

Es ist interessant festzustellen, dass

es diejenigen sind, die sich am stärksten für eine Arbeitszeitverkürzung aussprechen, die in den letzten Monaten oft gleichzeitig am stärksten „Zwangsmaßnahmen“ gefordert haben, die zu einer absoluten wirtschaftlichen und sozialen Zerstörung führen.

Im ungarischen Fall ist diese Beobachtung offensichtlich: Während die Regierung für alle „restriktiven Maßnahmen“ verantwortlich ist, hat die Opposition – einschließlich einiger der oben genannten Parteien in Bezug auf die Viertagewoche – ständig versucht, die Regierung im Bereich der Gesundheitspolitik zu übertrumpfen, und zwar sowohl aus innenpolitischen Gründen (je mehr die Wirtschaft sinkt, desto mehr wird die Regierung dafür verantwortlich gemacht) als auch aus außenpolitischen Gründen (wie es der Fahrplan ihrer westlichen Sponsoren verlangt, die alle stark für den All-Health-Ansatz eintreten).

Aber warum wird in Ungarn und allgemeiner in den anderen V4-Ländern die Frage der Arbeitszeitverkürzung, die sicherlich als Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, aber auch und vor allem als Maßnahme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit dargestellt wird, auf den Tisch gelegt, wenn dieses Land nicht wie andere europäische Länder von Massenarbeitslosigkeit betroffen ist?

Die Viertagewoche wird durch Momentum als Maßnahme vorgestellt, die schrittweise umgesetzt werden soll, um bis 2030 voll funktionsfähig und allgemein verbreitet zu sein.

Bedeutet dies, dass auch Mitteleuropa im kommenden Jahrzehnt von Massenarbeitslosigkeit betroffen sein wird?

In jedem Fall scheint es, dass die abnehmende Industrie- und Exportkraft Deutschlands Teil des Plans für die neue grüne und integrative Wirtschaft und eines Trends zur (kontinentalen) Regionalisierung des Handels sei. Diese Entwicklung stellt einen potenziellen Schlag für die Beschäftigung in den mitteleuropäischen Volkswirtschaften dar, da diese in hohem Maße vom deutschen Exportmodell und von der Automobilindustrie abhängig sind – in der Slowakei häufen sich die Werksschließungen, während in Ungarn das Mercedes-Werk in Kecskemét in diesem Sommer drei Wochen lang und das Suzuki-Werk in Gran (Esztergom) im September zwei Wochen lang die Produktion hat einstellen müssen.

Diese neue Wirtschaft würde mehr Rücksicht auf die Umwelt und die öffentliche Gesundheit nehmen, wobei die Viertagewoche eines ihrer wichtigsten Instrumente sei.

Es gäbe allerdings viel über die Auswirkungen dieser neuen Wirtschaft auf die öffentliche Gesundheit zu sagen, insbesondere im Hinblick auf die neurologischen, psychiatrischen und sozialen Folgen der Digitalisierung – ein weiterer Pfeiler dieser neuen Wirtschaft –, vor allem für Kinder.

Seltsamerweise geben die Befürworter der Viertagewoche zu diesen Fragen keine Antworten. Heutzutage verbringen die Arbeitnehmer ihre Freizeit zunehmend damit, sich digital zu degradieren, und ein weiterer freier Tag würde es ermöglichen, ihre Abhängigkeit von digitalen Werkzeugen und Produkten zu erhöhen. Kein Wunder, dass jene Permafrostlinke, die die Viertagewoche fordert, auf einer Linie mit den großen Technologieunternehmen und dem Weltwirtschaftsforum liegt.