Laut dem Lobbyisten wird es unter der Präsidentschaft Joe Bidens keine einfache Sache sein, sich der Tyrannei der liberalen Linken zu widersetzen
In ideologischen Debatten gewinnt die Linke gerne die Oberhand, indem sie ihre Gegner – und im Allgemeinen diejenigen, die sie nicht mag – des Antisemitismus bzw. des Rassismus beschuldigt. Das Problem ist, dass dies dazu führt, diese Ausdrücke zu entwerten – so David Reaboi, ein in den USA geborener amerikanischer Staatsbürger, der aber sehr stolz auf seine siebenbürgischen jüdischen Vorfahren ist und den die ungarische Botschaft in Washington im vergangenen September beauftragt hat, die Interessen Ungarns dort zu vertreten. Im Gespräche mit Magyar Nemzet erklärt uns dieser Experte im Bereich nationale Sicherheit, der von der Zeitschrift Politico als „rechter Twitter-Faustkämpfer“ bezeichnet wurde – und der zufällig auch die Kommunikationsfirma Strategic Improvisation leitet – unter anderem, dass die Präsidentschaft von Joe Biden für diejenigen Länder keine einfache Sache sein wird, die es zögern würden, sich der Tyrannei der Demokraten zu unterwerfen, die sich der ideologischen Blindheit der liberalen Linken hingeben, die Einwanderung anhimmelt und den aggressiven Aktivismus der LGBT-Szene fördert.
Magyar Nemzet: Mehrere Organe der ungarischen Presse haben bereits berichtet, dass die ungarische Botschaft in Washington im vergangenen September einen Vertrag mit Ihnen unterzeichnet hat. Welche Aufgaben wurden Ihnen konkret anvertraut?
David Reaboi: Da der Vertrag in seiner Gesamtheit online eingesehen werden kann und die liberale linke ungarische Presse ihn bereits über das Menü analysiert hat, habe ich ein wenig Angst, den Leser damit zu langweilen. Sagen wir aber, dass meine Mission größtenteils darin besteht, den Weg zu neuen Freunden unter den amerikanischen Konservativen zu finden. Trotz der relativ geringen Größe Ungarns wird es häufig von den beliebtesten Medien der Welt abgedeckt – und natürlich vervielfältigen fast alle diese Berichte ein negatives Narrativ, das sorgfältig ausgearbeitet und bis zur Übelkeit wiederholt wird. Im Fadenkreuz des Medienhasses zu sein, ist eine Sache; wie die Leute auf diese Kampagnen reagieren, ist eine ganz andere. Tatsächlich sieht der Außenbeobachter Ungarn oft als ein Land an der Spitze des Konflikts zwischen Globalismus und Nationalismus, doch möchten viele Amerikaner den Weg einschlagen, den die ungarische Regierung in den letzten Jahren geebnet hat. In diesem Fall denke ich insbesondere an dessen Familienpolitik, an dessen Einwanderungspolitik und an dessen Versuche, den Kampf gegen die abstrakten NGO-Netzwerke, sprich gegen George Soros aufzunehmen. Die ungarische Regierung verteidigt Werte, mit denen viele Menschen Sympathie hegen, und diese Menschen wären noch zahlreicher, wenn die öffentliche Meinung nicht ständig mit dem Bild Ungarns konfrontiert würde, das durch das Medienmonopol der liberalen Linken aufgebaut wurde : ein Bild voller Missverständnisse und Verzerrungen. Meine Aufgabe ist es, dieses Problem zu lösen.
Magyar Nemzet: – Unter den auf internationaler Ebene gegen Ungarn geäußerten Vorwürfen taucht Antisemitismus immer wieder auf. Sie selbst sind auf Ihre jüdischen Vorfahren aus Siebenbürgen und auf Ihre familiäre Vergangenheit besonders stolz, die in der ungarischen Kultur rwurzelt. Wie reagieren Sie dann auf diese Art von Kritik?
David Reaboi: Kurz gesagt: Ich halte sie für gewaltige Dummheiten. Andererseits kann ich vollkommen verstehen, dass die Ungarn in eine gewisse Verwirrung vor den Lawinen der Kritik geraten können, die von den durch George Soros finanzierten NGO-Netzwerken und von den liberalen linken Medien, die sich ihrer Ideologie verschrieben haben und zuletzt bzw. kontinuierlich mit ihren Titelseiten und der Aufmerksamkeit von Millionen von Lesern und Zuhörern auf sie einwirken.
Ich dagegen habe als Jude, der sein ganzes Leben lang gegen Antisemitismus gekämpft hat, eine völlig andere Auffassung von Ungarn und insbesondere von der Beziehung der ungarischen Regierung zur jüdischen Kultur.
Magyar Nemzet: Aber warum wird uns dieser Vorwurf immer wieder aufgetischt, wenn er völlig unbegründet ist?
David Reaboi: Wenn es darum geht, einen rechten Politiker oder eine rechte Regierung aus ideologischem Standpunkt anzuklagen, müssen Sie erwarten, dass die liberale Linke die Antisemitismus- bzw. Rassismuskarte beinahe sofort aus dem Ärmel zieht. In Europa wird davon ausgegangen, dass es die Spitze des abschreckenden Arsenals ist, jemanden als „antisemitisch“ zu etikettieren, während in Amerika das gleiche für „rassistisch“ gilt. In ideologischen Debatten gewinnt die Linke jedoch gerne die Oberhand, indem sie ihre Gegner – und im Allgemeinen diejenigen, die sie nicht mag – des Antisemitismus bzw. des Rassismus beschuldigt. Das Problem ist, dass dies dazu führt, diese Ausdrücke zu entwerten. Heute sind wir damit an einem Punkt angelangt, an dem wirklich antisemitische Handlungen nicht mehr wirklich beeindrucken. Diese Trivialisierung des Antisemitismus bringt jedoch ein Konzept in den Bereich der Frivolität, das nicht nur für meine Familie, sondern auch für Millionen anderer Menschen zu unermesslichem Leid geführt hat. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass dieselben Stimmen, die so laut sind, wenn es darum geht, die ungarische Regierung des Antisemitismus zu bezichtigen, sich an einer ebenso lauten und entschlossenen Lobbyarbeit gegen die Aufnahme einer Hamas in die Liste der Terrororganisationen beteiligen, die jedoch mit der Hisbollah unter einer Decke steckt. Eine palästinensische Organisation des radikalen Islam zu verteidigen, obwohl die Hamas aus ihrem Antisemitismus absolut kein Geheimnis macht, ist das kein Antisemitismus? Wenn man ihnen andererseits glauben will, so wären die Antisemiten eher die Ungarn oder zumindest die ungarische Regierung. Habe ich da richtig gehört?
Magyar Nemzet: Sie haben in der Vergangenheit für die Trump-Administration gearbeitet, daher werden Sie auch heute noch oft beschuldigt, ein „Trumpist“ zu sein oder sogar der „Alt-Right“ anzugehören. Sind das im amerikanischen Alltag negative Kainszeichen?
David Reaboi: Es stimmt nicht: Ich habe niemals für die Trump-Administration gearbeitet, obwohl ich wohl weiß, dass ich in letzter Zeit in der Schusslinie der hauptsächlich linksliberalen Medien bin, die diese Art von Gerüchten verbreiten. Es ist reinste Spinnerei; es würde mich nicht wundern zu erfahren, dass bei journalistischen Untersuchungen über meine Laufbahn das eine oder andere Element missinterpretiert wurde. Es ist wahr, dass sie 2017 einige Artikel veröffentlicht haben, in denen ich mit solchen Bezeichnungen erwähnt wurde: Ich hätte der Trump-Administration Ratschläge im Bereich nationale Sicherheit gegeben, aber das ist eine ganzes andere Angelegenheit. Ich arbeitete für eine Denkfabrik, in der ich einer von dreißig bis vierzig Beratern war, die die Regierung in verschiedenen Fragen im Bereich nationale Sicherheit berieten. Aber in diesen anklagenden Artikeln wurde natürlich nicht sehr darauf geachtet, genaue Informationen über mich zu liefern – obwohl die Überprüfung solcher Informationen ein Kinderspiel gewesem wäre: Schauen Sie einfach auf die Webseite des Weißen Hauses, wo die Namen aller Personen aufgelistet werden, die zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit oder in der Gegenwart dort gearbeitet haben. Meiner steht nicht darunter.
Magyar Nemzet: Und sind Sie ein also ein „Trumpist“?
David Reaboi: Damit habe ich kein Problem: Ich habe Donald Trump unterstützt und unterstütze ihn weiterhin. Ich halte ihn für einen hervorragenden Präsidenten, insbesondere im Bereich der Außenpolitik. Als Experte im Bereich nationale Sicherheit denke ich, dass Amerika seit Ronald Reagan kein so beachtenswertes Oberhaupt hatte – obwohl es wohlgemerkt schwierig ist, beide Präsidentschaften zu vergleichen, insofern die Herausforderungen für beide sehr unterschiedlich gewesen sind; und doch haben beide außergewöhnliche Zeiten mit Bravour überstanden. Freilich verstehe ich Ihre Frage und versuche nicht, mich davor zu drücken, aber ich möchte bei meiner Erklärung etwas zurückblicken. In den 1970er Jahren arbeitete für die New York Times eine äußerst berühmte Filmkritikerin, Pauline Kael. Als 1972 ein in der amerikanischen Geschichte beispielloser Wahl-Tsunami Richard Nixon an die Macht brachte, schrieb Kael: Es fällt mir schwer zu glauben, dass Nixon gewonnen hat, da ich niemanden kenne, der für ihn gestimmt hat. Seitdem ist dieser Satz in der amerikanischen Politik sprichwörtlich geworden, weil er den Wahn der Medienwelt erkennen läßt, sprich wie die Elite der Meinungsbildner der liberalen Linken jenseits der Grenzen der Welt nichts sehen kann, die sie sich selbst geschaffen hat. Aber sobald wir diese regenbogenfarbige Medienblase verlassen, sehen wir, dass nicht alles verloren ist. Es gibt natürlich „blaue Staaten“, in denen, wenn ich irgendeine Trump-Fahne auf dem Giebel meines Hauses anbringe, es buchstäblich niedergebrannt werden würde, aber die amerikanische Gesellschaft ist wesentlich vielschichtiger als die Medien es glauben wollen. Dies wird unter anderem durch das sehr enge Ergebnis der Präsidentschaftswahlen im vergangenen November bewiesen. 2016 war die Situation freilich anders – sagen wir, es war problematischer, ein Anhänger Trumps zu sein. Aber nun sind vier Jahre vergangen, und in diesen vier Jahren hatten die Menschen Zeit zu sehen, dass sich die wirtschaftliche Lage stark verbessert hat – es war noch nie so gut –, dass die Arbeitslosigkeit stark gesunken ist – es war sehr lange her, dass sie nicht so niedrig war –, dass diese endlosen Kriege auf hörten, und ich könnte die Liste noch fortsetzen. Darüber hinaus ist es Trump gelungen, Widerstand gegen die Hegemonie der extremen Linken zu leisten; gegenüber den Fakenews-Fabriken nannte er das Kind beim Namen, er bewies seinen Patriotismus und das alles haben die Leute goutiert.
Magyar Nemzet: Was sollte Ungarn erwarten? Was hat Joe Bidens Präsidentschaft für uns auf Lager?
David Reaboi: Mehrere Länder in der Welt befinden sich in einer ähnlichen Situation: diejenigen, die eine rechte Regierung haben, bzw. diejenigen, in denen die Mehrheit der Gesellschaft immer noch an traditionellen Werten festhält. Es ist ein Konflikt, den politische Analysten im Allgemeinen als eine Debatte zwischen Globalismus und Nationalismus beschreiben, aber meiner Meinung nach erfasst diese Darstellung nicht wirklich das, worum es eigentlich geht. Ein guter Freund von mir, der in der Vergangenheit im Weißen Haus gearbeitet hat, nannte es „die blaue Tyrannei“. Es ist eine Konzeptualisierung, die außerhalb des kulturellen Rahmens der Vereinigten Staaten schwer zu interpretieren ist, wo jeder die Farbe Blau mit den Demokraten assoziiert, aber die Theorie selbst ist von einem Umfang, der weit weg über die Grenzen Amerikas hinausgeht. Nehmen wir zum Beispiel Brasiliens, dessen Präsident Jair Bolsonaro deutlich rechts positioniert ist, oder Israel, das unter Benjamin Netanyahu ebenfalls rechts steht – doch könnten wir auch Polen zu dieser Liste hinzufügen. Alle diese Länder schwimmen gegen den Strom, indem sie sich den internationalen Kräften der Linken widersetzen, die Einwanderung und den aggressiven Aktivismus der LGBT-Szenen vergöttern. Ihre Lieblingswaffe gegen diese Länder sind rechtsstaatliche Anschuldigungen. Die „blaue Tyrannei“ wird nach und nach zu einer pathologischen Entschlossenheit im Dienste ihrer eigenen Ideale und weigert sich immer mehr, die Existenz unterschiedlicher Meinungen oder Visionen der Welt als ihrer eigenen zu dulden. Sie leben in einer ideologischen Blindheit, die dem religiösen Fundamentalismus letztendlich beinahe ähnlich anmutet. Es ist sicher, dass die Präsidentschaft Bidens keine einfache Sache für jene Länder sein wird, die sich weigern, sich der „blauen Tyrannei“ zu unterwerfen.
Loretta Tóth