Polen/England – Einige Fußballer sind dafür bekannt, dass sie sich auf dem Boden wälzen und vor Schmerzen schreien, wenn ein Gegner sie nur versehentlich gestreift hat, aber die englische Mannschaft zieht es vor, „Rassismus“ zu schreien.
Präzedenzfall in Budapest Anfang September
Anläßlich eines früheren Spiels zwischen Ungarn und England im Puskás-Stadion am 2. September in Budapest buhten die ungarischen Fans die englischen Spieler aus, die sich zu Beginn des Spiels niedergekniet hatten, um das traditionelle Ritual der Buße zu vollziehen, dem einige Mannschaften folgen. Eine Geste, die von anderen als politische Geste zur Unterstützung der intersektionellen Bewegung Black Lives Matter (BLM) in den USA angesehen wird. Diese eher unbedeutende Stadionangelegenheit löste in London einen Aufschrei der Empörung aus. Und weil es laut britischen Medien „Berichte über Affenschreie gegenüber schwarzen Spielern während des Endspiels gab – obwohl diese von den Medienplätzen aus nicht deutlich hörbar waren“, sah sich Boris Johnson veranlasst, zu twittern, es sei
„völlig inakzeptabel, dass englische Spieler in Ungarn rassistisch beschimpft wurden“, und die FIFA aufzufordern, „energisch gegen die Verantwortlichen vorzugehen, um sicherzustellen, dass diese Art von schändlichem Verhalten dauerhaft aus dem Fußball verschwindet“,
Dies führte die ungarische Historikerin Mária Schmidt dazu, einen offenen Brief an den britischen Premierminister zu veröffentlichen.
Ein Gerangel am Ende der ersten Halbzeit
Am Mittwoch, dem 8. September, nicht einmal eine Woche nach den „Vorfällen“ in Budapest, fand in Warschau ein WM-Qualifikationsspiel zwischen England und Polen statt. Wieder wurde die englische Mannschaft ausgepfiffen, als sie auf die Knie ging. Am Ende der ersten Halbzeit kam es dann zu einem Gerangel zwischen den beiden Mannschaften. Zunächst schubsten der Pole Kamil Glik und der Engländer Kyle Walker einander, doch dann schlossen sich der Pole Tymoteusz Puchacz bzw. die Engländer Harry Maguire und Jack Grealish der Querele an. Am Ende bekamen Kamil Glik und Harry Maguire jeweils eine gelbe Karte. Dies war zwar eine beklagenswerte Szene in Bezug auf den Sportsgeist, die aber leider alltäglich in Stadien vorkommt, wenn der Druck zwischen zwei Mannschaften hoch ist.
Polen weisen Rassismusvorwürfe zurück
Nach dem Spiel beschuldigten die englischen Spieler Kamil Glik, sich rassistisch gegenüber Kyle Walker geäußert zu haben, was der polnische Spieler in aller Form bestreitet:
„Es war ein Zusammenstoß auf dem Spielfeld. Es begann mit unserem Freistoß, es gab ein Ringen um die Position. Ich wollte dann Walker die Hand reichen, aber er hat sie nicht angenommen. Es gab einige verbale Auseinandersetzungen, mehr ist nicht passiert.“
Der Sprecher der polnischen Fußballliga, Jakub Kwiatkowski, faßte den Sachverhalt wie folgt zusammen:
„In der Halbzeitpause begannen die Engländer, dem Schiedsrichter zu sagen, dass unsere Spieler sie rassistisch beleidigen würden. Sie begannen, den Schiedsrichter unter Druck zu setzen, sie machten einen Aufstand. Ihre Reaktion war eindeutig zu heftig. Ja, jeder hat gesehen, dass es eine Schubserei, eine kleine Rangelei gab, aber es gab keine rassistischen Äußerungen.“
Kwiatkowski sagte, die polnischen Spieler seien vor dem Spiel darauf hingewiesen worden, dass sie sehr vorsichtig sein sollten, denn „die Engländer suchen nach dem kleinsten Fehler, um zum Schiedsrichter zu gehen.“ „Wir haben keine rassistischen Leute in der Mannschaft“, sagte er.
Der Präsident des polnischen Fußballverbands, der ehemalige Fußballspieler und Trainer Zbigniew Boniek, reagierte mit scharfen Worten auf Twitter:
„Erst knien sie nieder, dann schaut Walker verächtlich zu Kamil Glik und reicht ihm nicht die Hand. Das ist totale Heuchelei.“
Auf Wunsch der englischen Mannschaft, die nach dem 1:1-Unentschieden gegen Polen nach einer ununterbrochenen Siegesserie etwas angeschlagen zu sein scheint, „analysiert die FIFA die offiziellen Berichte über das WM-Ausscheidungsspiel zwischen Polen und England“.