Polen – Am fünften Tag des russischen Einmarschs in die Ukraine steht Polen weiterhin an der Spitze der Mobilisierung für die Ukraine in Europa. In einem Interview, das am Sonntag, den 27. Februar in der deutschen Tageszeitung Berliner Morgenpost veröffentlicht wurde, ging der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ausführlich auf den Konflikt ein, der seiner Meinung nach auch andere europäische Länder bedrohe.
„Das ist eine komplette Invasion“
„Ich bin betrübt und geschockt über das, was passiert ist. Das ist eine komplette Invasion.
Russland will die Ukraine als souveränen Staat auslöschen. Präsident Wladimir Putin hat das Ziel, die Ukraine zu besetzen und in Kiew eine Marionettenregierung zu installieren“,
erklärte der polnische Regierungschef, dessen Land mehrmals lange Zeit die Erfahrung einer russischen Besetzung machen mußte.
Die neoimperialen Bestrebungen Putins in Schach halten
„Wir brauchen wir ein sehr starkes Sanktionspaket gegen Moskau“, fährt er fort. „Die Ostflanke der NATO muss entscheidend verstärkt werden [denn] nur durch Entschlossenheit können wird die neoimperialen Bestrebungen Putins in Schach halten. […]
Man muss davon ausgehen, dass Putin seine aggressive Politik fortsetzen wird [wie] 2008 in Georgien und 2014 in der Ukraine. […] Das nächste Ziel könnten die baltischen Staaten, Polen, Finnland … sein“.
Eine starke europäische Armee
Der polnische Ministerpräsident sprach sich für eine starke europäische Armee aus, die den russischen Bedrohungen entgegenwirken könne:
„Ich habe auf der Tagung des Rates der Europäischen Union vorgeschlagen, eine sehr starke europäische Armee aufzubauen, die in die Nato integriert ist. Die EU sollte ihre Verteidigungsausgaben verdoppeln – von jetzt rund 300 Milliarden Euro auf 500 bis 600 Milliarden Euro.
Das ist nicht unmöglich. […] Nur so kann die EU ein ‚global player’ werden. Nur so werden wir alle sicher sein. […] Es ist äußerst wichtig, den militärischen Aspekt unserer Sicherheit zu stärken. […]
Allein für Polen würden wir uns 20.000 bis 30.000 zusätzliche Nato-Soldaten wünschen – über die bereits 6.000 vorhandenen Kräfte hinaus. Aber auch Litauen, Lettland und Estland brauchen Unterstützung“.
Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge
Mateusz Morawiecki spricht schließlich die Frage der ukrainischen Flüchtlinge an, die beginnen, massiv in die Nachbarländer der Ukraine, insbesondere nach Polen, zu strömen:
„Die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge nach Polen hat sich vervierfacht. Seit Beginn der Invasion haben sind mehr als 100 000 Menschen nach Polen gekommen.
Einige von ihnen werden in Aufnahmezentren geleitet. Andere gehen ins Landesinnere: zu Familie, Freunden oder Bekannten, die bereits in Polen sind. […]
Wir sind bereit, Zehntausende, Hunderttausende ukrainischer Flüchtlinge aufzunehmen“.