Polen/Deutschland – Am 3. Oktober 2022 hatte der polnische Außenminister Zbigniew Rau in einer diplomatischen Note an die deutschen Behörden die polnische Forderung nach einer Wiederaufnahme von Verhandlungen über Reparationszahlungen Deutschlands an Polen für die Schäden, die Nazideutschland während des Zweiten Weltkriegs verursacht hatte und die Polen auf 6200 Milliarden Zloty (1300 Milliarden Euro) schätzt, formell bestätigt. Die deutsche Regierung von Olaf Scholz hat darauf nun mit einer Absage geantwortet.
Laut einer Erklärung des polnischen Außenministeriums geht hervor, dass
„die deutsche Regierung die Frage der Reparationen und Entschädigungen für Kriegsverluste für abgeschlossen [halte] und […] nicht die Absicht hat, darüber zu verhandeln“.
Warschau, das lieber von Entschädigung als von Reparationen spricht, bleibt unterdessen ebenfalls bei seiner Position und „wird seine Bemühungen fortsetzen, damit die Forderungen aus der deutschen Aggression und Besatzung in den Jahren 1939-1945 beglichen werden“. Während das deutsche Außenministerium lediglich bestätigte, dass es Polen geantwortet habe, und sich weigerte, einen Kommentar abzugeben, meinte der stellvertretende polnische Außenminister Arkadiusz Mularczyk:
„Diese Antwort zeigt, um es zusammenzufassen, eine absolut respektlose Haltung gegenüber Polen und den Polen. […] Deutschland verfolgt keine freundliche Politik gegenüber Polen, sie wollen hier ihre Einflusssphäre aufbauen und Polen wie einen Vasallenstaat behandeln.
[…] Wir akzeptieren die Position Deutschlands nicht. Wir lehnen sie als völlig ungerechtfertigt und falsch ab. Wir werden weiterhin in Deutschland und auf der internationalen Bühne agieren, um die deutsche Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft aufzufordern, ihre Position zu ändern“.
In einer am 4. Oktober veröffentlichten Erklärung sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock: „Deutschland steht zu seiner historischen Verantwortung ohne Wenn und Aber. Es bleibt unsere ewige Aufgabe, an das millionenfache Leid zu erinnern, das Deutschland Polen angetan hat. [… Aber]
aus Sicht der Bundesregierung ist die Frage nach Reparationen abgeschlossen“.
Diese negative Antwort aus Berlin vorausschauend haben die polnischen Behörden bereits damit begonnen, die Frage aus dem bilateralen Rahmen zu lösen und sie zu internationalisieren, indem sie den Generalsekretär des Europarates, das Ministerkomitee des Europarates und die Vereinten Nationen um Hilfe diesbezüglich gebeten haben.
Zur Erinnerung: Während des Zweiten Weltkriegs wurden sechs Millionen Polen, darunter drei Millionen polnische Juden, getötet und Warschau wurde 1944 von den Deutschen buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. 1953 hatte die kommunistische Regierung Polens auf Druck Moskaus in einer offiziellen Note, die nur an die Regierung der damaligen DDR geschickt wurde, darauf verzichtet, Reparationen von Deutschland zu fordern. Die derzeitige polnische Regierung ist der Ansicht, dass diese nicht freiwillig getroffene Vereinbarung ungültig sei.