Ungarn – Das ungarische Portal Direkt36 enthüllte heute Morgen, dass eine internationale journalistische Untersuchung, an der 17 linke Zeitungen (darunter die Washington Post, der Guardian, die Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und Le Monde) beteiligt sind, angeblich aufgedeckt habe, dass die ungarischen Behörden die von der israelischen Firma NSO entwickelte Software Pegasus verwenden, um Oppositionelle über ihre Mobiltelefone auszuspionieren.
300 ungarische Persönlichkeiten durch israelische Software ausspioniert?
Das Journalistennetzwerk hat Berichten zufolge eine Datenbank in die Hände bekommen – sie sagen nicht wie – einschließlich
„mehr als 50.000 Telefonnummern, die laut den Recherchen der Untersuchung seit 2016 in mehr als 50 Ländern weltweit von NSO-Kunden als Ziele für die Beobachtung ausgewählt wurden.“
Direkt36 relativiert jedoch mit der Feststellung, dass
„die Tatsache, dass eine Telefonnummer in der Datenbank auftaucht, nicht zwangsläufig bedeutet, dass Pegasus gegen die Zielperson eingesetzt wurde“.
Unter den 50.000 Telefonnummern, die durch Pegasus potenziell ausspioniert wurden, befinden sich 300 Nummern ungarischer Persönlichkeiten, darunter:
- vier Journalisten – Szabolcs Panyi und András Szabó, beide Mitarbeiter von Direkt36, Dávid Dercsényi, ein ehemaliger Hvg-Journalist und ein vierter, der nicht genannt werden wollte,
- Zoltán Varga, Eigentümer der Central Media Group,
- Attila Chikán, Professor für Wirtschaftswissenschaften und ehemaliger Wirtschaftsminister unter Viktor Orbán,
- Lajos Simicska, Sohn des gleichnamigen ehemaligen Oligarchen,
- Adrien Beauduin, ein kanadischer Aktivist und ehemaliger Student der Central European University (CEU), der 2018 bei einem Anti-Regierungs-Protest verhaftet wurde.
Ausdrücklich mit der „Genehmigung des israelischen Verteidigungsministeriums“ bereitgestellt
Direkt36 erwähnt ausdrücklich, dass es „nicht klar ist, wer genau die Spyware eingesetzt hat“, erklärt allerdings, dass
„mehrere Umstände stark darauf hindeuten, dass die ungarischen Behörden die Software verwendet haben.“
Diese Umstände werden jedoch nicht genauer genannt, außer dass die fragliche Software offenbar nur an „Regierungen [oder] Regierungsorganisationen“ und ausdrücklich mit der „Genehmigung des israelischen Verteidigungsministeriums“ bereitgestellt werde. Presseberichten zufolge begann Ungarn mit dem Einsatz der Software nach hochrangigen Treffen zwischen der ungarischen und der israelischen Regierung…
Einberufung des parlamentarischen Ausschusses für nationale Sicherheit
Nach diesen Enthüllungen beantragten drei Abgeordnete der Opposition – János Stummer (Jobbik), Zsolt Molnár (MSZP) und Péter Ungár (LMP) –, dass der parlamentarische Ausschuss für nationale Sicherheit eine außerordentliche Sitzung abhalte und die für die Angelegenheit zuständigen Regierungsmitglieder sowie die Leiter der betroffenen Dienste angehör werdent:
„Wir wollen detaillierte Antworten auf jede Andeutung in dem Artikel, denn wenn die Regierung nicht in der Lage ist, die Behauptungen in der Sache zu widerlegen, werden wir sie als Tatsache annehmen“,
sagten sie. „Außerdem werden wir es als ein Eingeständnis sehen, dass entweder Regierungs- oder Pro-Regierungsmitglieder des Parlamentsausschusses die Sitzung boykottieren.“ Offensichtlich bereitet sich die Opposition darauf vor, diesen Fall auszuschlachten, falls es einen Fall auszuschlachten gibt, da die Beteiligung der Regierung von Viktor Orbán längst nicht bewiesen ist.