Dieser Artikel ist am 2. November 2021 in der Magyar Nemzet erschienen.
Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Migrationskrise hat Ministerpräsident Viktor Orbán einen Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission geschickt. Magyar Nemzet hatte Zugang zu diesem auf Dienstag datierten Text, in dem der ungarische Regierungschef Ursula von der Leyen klar macht, dass derzeit
die „fragile Stabilität“ Europas Ungarn und den anderen Mitgliedstaaten zu verdanken sei, die gemeinsam mit Ungarn die Außengrenzen der EU erfolgreich verteidigen.
In dem zweiseitigen Brief erinnert er sie daran, dass allein Ungarn bisher 590 Milliarden Forint [1,6 Milliarden Euro, AdÜ] aus seinem Staatshaushalt für die Grenzverteidigung ausgegeben habe.
In jüngster Zeit sind die ungarischen Schutzmaßnahmen zur Norm geworden. Dem ungarischen Beispiel folgten im Jahr 2021 Griechenland, Spanien, Bulgarien, Slowenien, Estland, Litauen, Lettland und Polen, die allesamt Schutzvorrichtungen an ihren Grenzen errichten.
Viktor Orbán erinnerte bei dieser Gelegenheit daran, dass am 7. Oktober insgesamt zwölf Mitgliedstaaten in einem gemeinsamen Schreiben die Kofinanzierung des Baus dieser Sperranlagen aus dem EU-Haushalt gefordert haben, sofern nachgewiesen wird, dass sie wirksame Schutzmaßnahmen darstellen. „Auch ich“, sagte er, „habe diesen Standpunkt in meiner Rede auf der letzten Tagung des Rates der Europäischen Union vertreten.“
Für Viktor Orbán ist es an der Zeit, dass die Europäische Kommission das tue, was sie schon lange hätte tun sollen: Sie müsse anerkennen, dass der Schutz der Außengrenzen zweifellos eine Form der europäischen Solidarität sei, und deshalb die diesbezüglichen Bemühungen der Mitgliedstaaten anerkennen und unterstützen.
„Wir können nicht länger so tun, als ob wir nicht wüssten, dass Ungarn in den letzten sechs Jahren große Mengen an Instrumenten, Mitteln und Humanressourcen für den Schutz der EU-Außengrenzen bereitgestellt hat. Daher fordere ich die Europäische Kommission erneut auf, Ungarn die Kosten für seine Grenzschutzmaßnahmen zu erstatten. Die Tatsache, dass dieser Antrag in der Vergangenheit abgelehnt wurde, ist auf eine Fehlinterpretation der Vorschriften durch die Europäische Kommission zurückzuführen.“
In seinem Schreiben weist der Ministerpräsident darauf hin, dass die Afghanistan-Krise und die hybride Bedrohung durch Weißrussland darauf hindeuten, dass der Migrationsdruck in naher Zukunft nicht nachlassen wird.
„Im Gegenteil: Wir können mit einer neuen großen Migrationskrise rechnen“,
so Viktor Orbán, der von der Leyen erneut darauf hinweist, dass die Erfahrung gezeigt habe, dass nur physische Barrieren den Schutz der europäischen Bürger vor illegaler Einwanderung gewährleisten können.
Er schließt sein Schreiben mit dem Hinweis, dass die Staats- und Regierungschefs die Europäische Kommission auf dem letzten EU-Gipfel aufgefordert haben, Vorschläge zur Änderung des Rechtsrahmens der Union zu unterbreiten, um den Mitgliedstaaten – darunter auch Ungarn – einen Ausgleich für den Schutz der Außengrenzen zu ermöglichen. „Diese Änderungen“, schreibt er, „müssen unter Rückerstattung der vergangenen und gegenwärtigen Kosten für die Errichtung dieser physischen Barrieren vorgenommen werden.“
„Ungarn hat es sich zur Aufgabe gemacht, die illegale Einwanderung an der Außengrenze der Südflanke der Union zu stoppen. Es obliegt nun an der Europäischen Union, verantwortungsbewusst zu handeln, indem sie einen würdigen Beitrag zu unseren Bemühungen und Ausgaben leistet.“
Mit diesen Worten beendete der Ministerpräsident sein Schreiben.
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Von der Visegrád Post aus dem Ungarischen übersetzt.