Ungarn/Polen/EU – Der Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union, Manuel Campos Sánchez-Bordona, hat am Donnerstag, den 2. Dezember, seine Schlussanträge zu den Klagen Ungarns und Polens gegen die an die Rechtsstaatlichkeit geknüpfte Konditionalitätsregelung veröffentlicht. Der spanische Jurist „ist der Ansicht, dass [diese] Klagen […] abzuweisen sind“.
Ungarn und Polen hatten ihr Veto nach einem von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ausgearbeiteten Kompromiss zurückgezogen
Am 16. Dezember 2020 hatte die Europäische Union tatsächlich eine Verordnung zur Einführung einer „eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union bei Verstößen gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten“ eingeführt, nachdem Ungarn und Polen ihr Veto auf der Grundlage eines „von der deutschen Ratspräsidentschaft ausgearbeiteten Kompromisses“ zurückgezogen hatten, der vorsah, dass
besagter „Rechtsstaatsmechanismus nicht im Bereich der Familien- oder Einwanderungspolitik eingesetzt werden könne und dass er nur auf objektive, unpolitische Weise und nur im Falle eines direkten Zusammenhangs zwischen einem Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit und einer nachweislich nicht ordnungsgemäßen Verwendung von EU-Mitteln eingesetzt werde.“
und wie Olivier Bault bereits am 14. Dezember 2020 schrieb,
„Das Problem ist, dass die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu diesem Mechanismus nichts anderes als eine Absichtserklärung ohne Rechtskraft sind. Was zählt, ist der Inhalt der Verordnung, die im November vom Europäischen Parlament und vom Rat der EU verabschiedet wurde“.
In der Praxis wurde dies gerade durch die Schlussanträge des Generalanwalts Manuel Campos Sánchez-Bordona zu der von der ungarischen und der polnischen Regierung im März 2021 eingereichten Klage bestätigt.
Nach Ansicht des Generalanwalts ist der Rechtsstaatsmechanismus mit den Verträgen vereinbar
Dieser betont, dass:
„die Verordnung die Rechtsstaatlichkeit nicht durch einen Sanktionsmechanismus schützen solle, der dem von Art. 7 EUV [Vertrag über die Europäische Union] ähnele, sondern ein Instrument der finanziellen Konditionalität zur Erhaltung dieses Wertes der Union schaffe“,
dass diese „die Verordnung eine hinreichend unmittelbare Verbindung zwischen dem Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit und der Ausführung des Haushaltsplans voraussetzt, so dass sie nicht bei allen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit anwendbar sei, sondern nur bei jenen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Haushaltsführung der Union stünden“ und „eine Haushaltsvorschrift im Sinne von Art. 322 AEUV [Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union] darstellt“. Herr Campos ist außerdem der Ansicht, dass „Art. 7 EUV dem Schutz der Rechtsstaatlichkeit durch andere als die dort vorgesehenen Instrumente jedoch nicht entgegenstehe“, und dass die genannte Verordnung daher „mit den Verträgen“ und „mit Artikel 7 EUV vereinbar“ ist. Infolgedessen,
„schlägt der Generalanwalt dem Gerichtshof vor, die von Ungarn und Polen erhobenen Nichtigkeitsklagen abzuweisen“.