Ungarn – Als direkte Folge der russischen Invasion in der Ukraine haben Finnland und Schweden, die traditionell neutral sind, im Vorjahr beschlossen, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO zu stellen. Der Beitritt hängt unter anderem von der Zustimmung Budapests ab, das die Dinge seit einiger Zeit absichtlich in die Länge zu ziehen scheint.
Als der Vorsitzende der Fidesz-Fraktion im ungarischen Parlament, Máté Kocsis, im Februar ankündigte, dass die Ratifizierung des NATO-Beitritts von Finnland und Schweden in Kürze den Abgeordneten vorgelegt werde, räumte er ein, dass die Regierungsfraktion in dieser Frage gespalten sei:
„Der Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO war Gegenstand einer ernsthaften Debatte.
Viele haben sich darüber beschwert, dass die Politiker dieser Länder Ungarn in den letzten Jahren in grober, unbegründeter und oft vulgärer Weise beleidigt haben
und nun um Gefallen bitten. […]
Die Politiker der betroffenen Länder müssen eines erkennen: Was sie in den letzten Jahren gegen Ungarn immer wieder getan haben, die unbegründeten Anschuldigungen, die sie erhoben haben, ist nicht in Ordnung. Und vielleicht wird es auch in Zukunft nicht funktionieren, unverantwortliche und beleidigende Behauptungen über ein Partnerland aufzustellen und es dann um einen Gefallen zu bitten.“
Nicht zuletzt aus diesem Grund forderten die Fidesz-Parlamentarier den Präsidenten des ungarischen Parlaments, László Kövér, auf, eine Delegation in die beiden Länder zu entsenden, um die Situation zu klären.
Der ungarische Außenminister, Péter Szijjártó, teilte die gleiche Meinung:
„Wie kann man einen schnellen, fairen und gerechten Entscheidungsfindungsprozess erwarten,
während wir in letzter Zeit immer wieder hören, dass es in Ungarn keine Demokratie gebe, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht gewährleistet sei,
dass es keine Medienfreiheit gebe, dass die Unabhängigkeit der Justiz nicht gewährleistet sei?“.
In der Zwischenzeit begannen die Debatten über die Ratifizierung am 1. März im Parlament in Budapest. Währenddessen erklärte der Europaabgeordnete Ernő Schaller-Baross (Fidesz), dass „das Hauptziel der Delegation des [ungarischen] Parlaments darin bestand,
mehr Respekt für Ungarn, das ungarische Volk, die ungarischen Wähler,
und gleichzeitig mehr Respekt für die Fakten zu fordern. […]
In Ungarn wurde die Demokratie nicht fertig [serviert], wir mussten sie uns erkämpfen.
[…] Wir haben unseren Partnern auch klar gemacht, dass sie, wenn Meinungen über die Existenz eines repressiven Systems in unserem Land auftauchen, wissen müssen, dass der Fidesz tatsächlich gegen eine Diktatur gegründet wurde.“
Der ungarische Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky, der mit seinen schwedischen und finnischen Amtskollegen Pal Jonson und Antti Kaikkonen zusammentraf, erinnerte seinerseits daran, dass
„die ungarische Regierung den Beitritt [Finnlands und Schwedens] von Anfang an unterstützt,“
und betonte gleichzeitig die ungarische Forderung:
„Finnland und Schweden sind eine bemerkenswerte Bereicherung für die Stärkung der NATO. Die ungarische Regierung unterstützt die Mitgliedschaft Finnlands in der NATO.
Als engagierter Verbündeter fordert Ungarn jedoch mehr Respekt von den finnischen Politikern…“
Es sei daran erinnert, dass Finnland und Schweden offiziell ihren Beitritt zur NATO am 18. Mai 2022 beantragt haben, weil sie Angst vor einer russischen Aggression gegen sie haben, so die Behörden. Der Beitrittsvertrag muss von den nationalen Parlamenten der dreißig Mitgliedstaaten des Bündnisses ratifiziert werden. Ungarn und die Türkei haben dies noch nicht getan.
Ferenc Almássy sagte kürzlich in einem Interview für TV Libertés, dass Ungarn sich derzeit in einer schwierigen Lage befinde und die Situation ausnutze, um zu verhandeln, insbesondere um Zugang zu den EU-Fonds zu erhalten, auf die es Anspruch habe, die aber aus politischen Gründen von den EU-Institutionen blockiert werden. Außerdem, indem es seine Unterschrift zurückhält, könnte Ungarn „Erdogan und der Türkei einen Gefallen tun, […] und solange Ungarn nicht unterschreibt, sind die Augen nicht auf die Türkei gerichtet, was ihr Zeit verschafft“. Man bedenke, dass in der Türkei am 14. Mai Parlamentswahlen in einem schwierigen Umfeld für den amtierenden Präsidenten Erdogan stattfinden werden.