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Amer Albayati: „Die Sozialisten und die Grünen unterstützen die Islamisten, um mehr Stimmen zu haben.“

Lesezeit: 12 Minuten

Österreich – Interview mit Amer Albayati, ein österreichischer liberaler Muslim aus Wien: „Die Sozialisten und die Grünen unterstützen die Islamisten, um mehr Stimmen zu bekommen.“

Ferenc Almássy hat sich im Mai mit Herrn Dr. Amer Albayati in Wien getroffen und führte mit ihm ein letztes Interview, bevor Herr Dr. Albayati aus Sicherheitsgründen zu einem Leben unter Polizeischutz zurückkehren mußte.


Dr. Amer Albayati: Ich habe sieben Monate lang unter Polizeischutz gelebt, mit zwei mit Maschinengewehr bewaffneten Personen vor meiner Tür in der Früh. Ich mußte die meiste Zeit kugelsichere Westen tragen. Wenn ich ging, um eine Konferenz zu halten, begleitete mich jedesmal ein Leibwächter. Ich habe also gesagt: „Genug, ich will nicht so leben“. Aber ich bin weiterhin vorsichtig.

Niemand weiß, wo ich lebe, denn ich habe mir eine neue Adresse wegen der Drohungen des Islamischen Staates suchen müssen. Ich muß sehr aufpassen, wenn ich umziehe bzw. wenn ich verreise. Aber ich möchte lieber nicht mehr über meine Sicherheit sprechen.

Ferenc Almássy: Ich verstehe. Können Sie mir erklären, warum Sie diese Drohungen erhalten haben?

Dr Amer Albayati: Weil ich gerne den Islam reformieren möchte. Ich möchte den Islam verändern, ihn modernisieren, ihn mit den europäischen Gesetzen kompatibel machen.

Es gibt keine Reformation im Islam, wie diejenige von Luther im Christentum oder auch bei den Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie haben die Bücher behalten – ich möchte, genauso wie die Juden, das Buch behalten – aber jeder darf sich fragen, was ist korrekt oder nicht für die Religion, usw.

Der Islam ist über tausend Jahre alt und die Geistlichen wie die Salafisten haben nicht vor eine Reformation zu machen. Es gibt Reformisten in Ländern wie Ägypten, im Sudan, oder letztes Jahr, sogar in Pakistan, aber als sie von Reformen sprachen, wurden sie getötet. Deshalb möchten sie auch mich töten, vermute ich. Es gibt Leute aus Österreich, die an der Seite der Dschihadisten in Syrien oder im Irak gekämpft haben. Ich befürchte, dass sie mich ins Visier nehmen, weil mein Einfluß hier stark ist.

FA: Was hat Sie nach Österreich geführt?

Dr Amer Albayati: ich habe in Bagdad studiert, später auch in Deutschland und in Österreich. Dann bin ich nach Hause zurückgekehrt und habe als Direktor im Fernsehen gearbeitet. Aber ich habe entschieden, den Irak zu verlassen, weil es dort keine Möglichkeit gab, demokratisch zu leben, und so bin ich 1980 nach Österreich gekommen. Mit dem Beginn des iranischen Kriegs dachte ich, es sei das Ende der Geschichte für den Irak. Deshalb bin ich hierher gekommen. Ich habe angefangen als Verleger, habe fünfzig Bücher und Magazinen herausgegeben, und z.B. für die Deutsche Welle bzw. auch für die BBC gearbeitet.

Um auf das Thema der Reform zurückzukommen… Es ist schwierig über eine Reform des Islam zu sprechen. Eigentlich, wortwörtlich betrachtet, kann der Islam nicht reformiert werden. Aber wir können die Menschen aufklären, insbesondere die Menschen aus nicht arabischen Kulturen wie die Türken, die Tschetschenen oder die Bosnier – es sind viele in Österreich. Sie sprechen und verstehen kein Arabisch, wie ich oder mein Volk. Zum Beispiel können wir ihnen erklären, was dies oder das im Koran bedeutet.

Allerdings, den Islam nicht zu reformieren ist ein Problem aus mehreren Gründen. Zum Beispiel können Sie, historisch betrachtet, den Dschihad vom Islam nicht trennen, aber heute leben wir in anderen Zeiten, und es gibt keinen Platz für den Dschihad. Heute bedeutet der Dschihad Terror, denn er fordert auf Menschen zu töten. Der wahre Islam befiehlt nicht Menschen zu töten.

Ich denke, dass es absolut notwendig ist, den Islam zu reformieren, indem man die Menschen überzeugt, insbesondere die in Europa lebenden Muslime. Die Muslime können nicht nach Europa kommen und die Scharia den Europäern aufzwingen. Wir sind gegen die Scharia in Europa. Was wir brauchen, sind weltliche, säkulare Muslime.

FA: Denken Sie, dass der Islam nur in einer säkularen Form in Europa toleriert werden kann?

Dr Amer Albayati: Vielleicht. Das Problem ist, dass Saudi-Arabien mit seinem Geld, die Türkei mit ihrer Politik und die Mehrheit der Muslime hier lobbyieren und beeinflussen die politischen Parteien in diesem Land. Viele Politiker machen Zugeständnisse und hoffen sich dabei, die Stimmen der Muslime zu erhalten, aber die meisten Muslime sind einfache Arbeiter, und ich denke nicht, dass sie den Erwartungen der politischen Parteien entsprechen werden und ihnen ihre Stimmen verleihen werden. Die meisten Frauen z.B. gehen nicht zur Wahl.

Unsere Reform soll das Volk erreichen, um den Leuten zu erklären, dass die Salafisten bzw. die islamischen Geislichen ihnen nicht die Wahrheit sagen.

FA: Österreich hat ein neues „Islamgesetz“. Was ist Ihre Meinung über dieses Gesetz?

Dr Amer Albayati: Es ist ein historicher Fehler, denn es erteilt die Macht an Organisationen aus dem politischen Islam wie ATIB, das durch Diyanet, den „Vorsitz der [türkischen] religiösen Angelegenheiten“ mit Ankara verbunden ist. Der frühere grüne Politiker Peter Pilz ist der erste österreichische Politiker gewesen, der einer breiten Öffentlichkeit erklärt hat, dass viele Leute von ATIB in Wahrheit türkische Spione sind. Gleicherweise werden die Bosniaken (bosnische Muslime) von Sarajevo beeinflußt. Diese Art der ausländischen Beeinflussung ist inakzeptabel und sollte wirksam durch das neue Islamgesetz verboten werden. Allerdings haben die österreichischen Behörden die einschlägigen juristischen Bestimmungen noch nicht unterzeichnet.

Es ist nicht nur die türkische nationalistische und fundamentalistische Organisation Millî Görüş hier in Österreich vertreten, sondern auch die Muslimbrüder, die Salafisten sowie Mitglieder des Hamas. Viele einzelne Muslime hier in Österreich sind mit Dschihadisten verbunden… sogar Leute, die ich kenne, oder Personen, mit denen ich für gewöhnlich in die Moschee ging.

FA: Wie können denn Terroristen des Islamischen Staats problemlos nach Österreich zurückkehren?

Dr. Amer Albayati: Soweit ich weiß, sind so ca. 300 zurückgekehrt. Die Schätzungen der Polizei sind zwar wesentlich niedriger, aber meiner Meinung nach ist diese Zahl von 300 nicht übertrieben. Manche von ihnen verlassen das Land und sagen dabei, dass sie auf Urlaub fahren. Aber tatsächlich schließen sie sich den Kämpfern des Islamischen Staats an.

FA: Was sollten die österreichischen Behörden tun?

Dr. Amer Albayati: Sie sollten weder den Muslimbrüdern noch dem politischen Islam zuhören. Die Regierung und die politischen Parteien wissen nicht wirklich, wie sie die mit dem Islam verbundenen Dilemmas behandeln sollen. Wir haben sie mehrmals umsonst davor gewarnt. Aber ich denke, dass die nächsten Wahlen Veränderungen bringen werden.

Die Sozialisten und die Grünen unterstützen sogar die Islamisten, um mehr Stimmen zu bekommen. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) versuchte es gleichfalls zu tun, aber mit ihrem neuen Obmann Sebastian Kurz kann sich das ändern.

Es muß sich unbedingt etwas ändern. Ich will die christliche Kultur Österreichs nicht ändern. Die Salafisten versuchen die Jugendlichen zu konvertieren, und die Muslimbrüder schleusen junge intelligente Leute in die politischen Parteien hinein… sie haben Geld und eine jahrzehntelange Erfahrung.

Aber ich sehe, dass die europäischen Länder jetzt verstehen, dass es ein Problem gibt.

Herr Dr. Albayati mit seinem Buch.

FA: Hoffen Sie, dass die europäischen Regierungen gegen solche Organisationen handeln werden?

Dr. Amer Albayati: Die Regierungen haben Angst. Und die Menchen fürchten sich auch etwas zu tun, damit sich etwas ändert. Es ist schlimm. Die Salafisten und die Muslimbrüder versuchen, mich zu töten, aber ich spreche trotzdem regelmäßig mit den Medien, um zu sagen, was ich denke.

Und auch wenn sie die Schatia noch nicht einführen, so bringen sie doch ihre Kultur und ihre Traditionen aus Anatolien, aus Bosnien oder aus dem Kaukasus. Und das ist schlecht.

FA: Wieviele Menschen gehören Ihrer Reformbewegung an?

Dr. Amer Albayati: Nur sehr wenig. Es haben alle Angst. Es ist das Gleiche in Deutschland und in der Schweiz. Es gibt nur sehr wenig Menschen, die zu sprechen wagen. Sie haben wenig Unterstützung, denn sie bilden keine starke Gemeinschaft. Es werden nur die Radikalen unterstützt, und sie bekommen auch Geld. Zum Beispiel haben sie auch Firmen wie Wechselstuben, die sehr nützlich gewesen sind, als die Flüchtlinge gekommen sind, denn dank dieser Kanäle sie haben viel Geld transferiert.

FA: Existiert diese Reformbewegung nur in Österreich, in Deutschland und in der Schweiz?

Dr. Amer Albayati: Es gibt keine Bewegung. Sie können den Islam nicht reformieren, aber wir müssen die Menschen informieren über dem Islam. Allerdings ist jeder Versuch einer Reform des Islam eine Gefahr, wie ich Ihnen sagte, denn wenn Sie etwas im Islam verändern wollen, dann werden sie Sie töten.

Wir haben von der Reform des Islam im Bezug auf die europäische Ethik und Moral gesprochen, aber eigentlich wollen wir die Menschen reformieren. Sie müssen wissen, dass die Traditionen nicht die Religion sind. Sie müssen sich von den schlechten Interpretationen des Islam entledigen.

FA: Sind Sie nicht gegen die Einwanderung für sich?

Dr. Amer Albayati: Die Einwanderung soll kontrolliert werden. Wenn Sie Menschen hier aufnehmen, müssen sie sich integrieren und eine Arbeit haben. Es ist aber traurig festzustellen, dass die politischen Parteien sich über die Migrantenkrise nicht einig sind. Als die Regierung versucht hat, die Balkanroute zu schließen, hat es Einwände aus allen politischen Lagern gegeben. Es ist keine Frage von links oder rechts.

Seit den Präsidentschaftswahlen, die Van der Bellen an die Macht gebracht haben, sind wir noch mehr gespalten. Er hat die österreichischen Frauen aufgerufen, Kopftücher zu tragen um die muslimischen Frauen zu unterstützen. Er lag wirklich falsch. Es ist nicht notwendig über Kopftücher oder Islamophobie zu reden.

Der Begriff Islamophobie wurde künstlich anläßlich einer islamischen Konferenz 2007 in Istanbul durch die Muslimbrüder eingeführt und wurde immer durch Saudi-Arabien und die Türkei unterstützt. Dieser Begriff wird benutzt, um jede Kritik an der Islamisierung zu verhindern.

FA: Es gibt einige Leute in Europa, die dem Islam sehr feindlich gegenüber stehen, und ich vermute, dass sie nicht einmal von Ihrer Art, den Islam auszuüben, hören wollen. Vielleicht könnten diese Leute also „islamophob“ genannt werden?

Dr Amer Albayati: Sogar meine Freunde und ich selbst werden als islamophob bezeichnet. Ich glaube nicht, dass es Leute in Europa gibt, die wirklich islamophob sind. Ich denke, dass dieses Wort nur das Ziel hat, die Kritik zu unterbinden. In Europa gibt es die Meinungsfreiheit, und man sollte es erlauben, den Islam zu kritisieren, denn es ist unser gutes Recht.

Der Begriff der „Islamophobie“ ist ein metapolitisches Werkzeug. Genauso wie das Kopftuch oder der Burkini. Das sind Werkzeuge der Muslimbrüder. Was sie hier in Europa machen, wie die Inszenierung von Demonstrationen gegen die Regierungen, das konnten sie in ihren Herkunftsländern nicht machen. Als Sebastian Kurz einen Kommentar gegen das Kopftuch geäußert hat, haben sie protestiert. Aber sie wollen weiterhin Subventionen von der Regierung, was also ihre wahren Tiele zeigt.

Kein Politiker, kein Journalist hat je gefragt aus wievielen Menschen die sogenannte muslimische Gemeinde besteht. In Wahrheit sind das sehr wenige Leute. Sogar die Muslimbrüder zählen laut ihrer Internetseite nur neun Mitglieder. Aber sie erhalten Millionen und Millionen an Subventionen.

Alle Moscheen in Österreich gehören der ATIB, der Millî Görüş oder den Muslimbrüdern bzw. sind durch sie kontrolliert. Manche gehören auch Tschetschenen, Bosniaken oder Albanern. Aber die meisten von ihnen gehören Islamisten.

FA: Seit wann werben Sie um Ihren Konzept einer Reform des Islam?

Dr. Amer Albayati: Seit 2000. Wir haben damit angefangen, die Situation in der Welt zu analysieren, und ein Jahr später hat sich der 11. September ereignet. Seit diesem Zeitpunkt helfe ich ebenfalls den Nachrichtendiensten und dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Vor jedem wichtigen Attentat – wie diejenigen von Paris, London, Brüssel… – hatte ich die Attacken aufgrund meiner Analyse der Internetnetzwerke vorgesehen und die Behörden entsprechend informiert.

Manche Islamisten haben einen Plan, um Europa zu erobern, und sie sind derzeit zwischen der sechsten und der siebten Etappe in der Realisierung ihres Planes. Dies bedeutet einen offenen Krieg gegen Europa. Die Organisation „Islamischer Staat“ befindet sich jetzt offen im Krieg gegen Europa.

Ich glaube nicht, dass sie gegen Europa siegen können. Aber Europa hat seine Sicherheit und seine gelassene Lebensweise verloren. Seit dem Anfang der massiven Aufnahme der Migranten in Europa habe ich die Politiker gewarnt: Öffnet nicht die Tore ohne Kontrolle. Wir wissen, dass es Terroristen unter den Flüchtlingen gibt. Es ist inakzeptabel.

Wir, die liberalen Muslime, sind hierher gekommen, um nicht in solchen Bedingungen leben zu müssen, wie in unseren Herkunftsländern. Wir wollen also nicht, dass diese Bedingungen sich hier in Europa wiederholen. Der Islam sollte eine Sache zwichen den Menschen und Gott sein, aber ohne Vermittler wie Kirche, Priester oder eine Hierarchie von Geistlichen. Jede Person in einer Moschee sollte zum Imam werden können, wenn er als solcher akzeptiert wird. Verstehen Sie?

FA: Also sind Sie gegen das Phänomen der Massenmigration?

Dr Amer Albayati: Ja und besonders weil es nur der Anfang ist. Ich habe die Leute gewarnt, dass wir Maßnahmen treffen müssen, solange wir es noch kontrollieren können. Wenn sie einmal hier sind und nicht arbeiten, erhalten sie viel Hilfe vom Staat und entdecken, dass sie bloß mit dem Kinderkriegen mehr Geld bekommen können als die Einheimischen, die vierzig Jahre lang gearbeitet haben,… dies wird nur soziale Unruhe und Haß schüren.

Wenn Österreich dises Problem nicht lösen kann, könnte es mit einer Konfrontation enden. Dies könnte zum Aufstand neuer Organisationen führen, die Angriffe gegen Migranten und Flüchtlinge organisieren könnten. Hingegen, wie das Innenministerium dies kommuniziert hat, gibt es wirklich eine hohe Kriminalitätsrate unter den Migranten und Flüchtlingen.

FA: Wie ist Ihre Meinung über Viktor Orbán und seine Politik gegenüber der Einwanderung?

Ich denke, dass Viktor Orbán das Problem besser kennt als die anderen. Und weil es in Ungarn keine große islamische Gemeinde gibt, hat er sich frei gefühlt, so zu handeln, wie er es jetzt tut. Aber hier in Österreich haben die Behörden Angst vor der islamischen Gemeinde. Deswegen wissen sie, dass sie nicht so reden oder handeln können, wie Orbán es tat.

FA: Also denken Sie grundlegend, dass die westlichen Politiker sich vor der islamischen Gemeinde ihrer eigenen Länder fürchten und daher nicht so handeln können, wie sie in Bezug auf Themen wie Migration sollten?

Dr Amer Albayati: Ja. Schauen Sie sich die Länder des ehemaligen Ostblocks an. Sie haben keine Angst, sich über solche Themen auszudrücken, weil sie nicht allzu viele Migranten aus islamischen oder arabischen Ländern haben. Orbán hat Recht alles Mögliche zu tun, um seinem Land zu helfen. Er möchte verhindern, dass Ungarn in die gleiche Situation gerate wie der Westen.

Aber ich möchte nicht parteiisch erscheinen oder an der Politik teilnehmen. Ich möchte ein unabhängiger Friedensaktivist bleiben.

FA: Sehen Sie auch eine Radikalisierung bei den Bosniaken? Und wie sehen Sie die Lage in Bosnien?

Dr. Amer Albayati: Ja, bei den Bosniaken, und bei den Türken, den Arabern, den Tschetschenen, den Albanern … aber wir müssen immer vorsichtig sein. Diese Situation wird von Organisationen wie die Muslimbrüder verursacht, die den Anspruch erheben, alle Muslime zu vertreten und als kulturelle Organisationen registriert sind, um Geld vom Staat zu beziehen. Und trotz des Islamgesetzes erlauben ihnen die österreichischen Behörden in Moscheen aktiv zu sein… auch wenn sie bloß als kuturelle Organisationen registriert sind. Das Islamgesetz ist ein großer historischer Fehler.

In Bosnien besitzt Saudi-Arabien zuviel Einfluß, ebenfalls der Iran, aber die Saudis investieren mehr Geld als der Iran. Beide haben dort einen beträchtlichen Einfluß. Die Türkei konzentriert sich mehr auf die westlichen Länder; sie besitzt in Bosnien keine Gemeinde, die groß genug sei, um für sie eine Lobby bilden zu können.

Ich habe für ein Nachrichtenmagazin einen Artikel darüber geschrieben, dass zahlreiche arabische Kämpfer sich in Bosnien niedergelassen haben. Ich habe dies auch den traditionellen Medien gegenüber erwähnt, aber niemand hat sich darum gekümmert. Ich bin wirklich besorgt um die Zukunft. Die Leute haben Angst ihre Gewohnheiten zu ändern, sogar die Intellektuellen. Obwohl wir Vieles über die Radikalen und die Terroristen wissen… ist niemand bereit etwas zu ändern. Das ist eine der Wurzeln der derzeitigen Probleme.

FA: Wenn Sie ein neues Islamgesetz verfassen könnten, was würden Sie darin schreiben? Was wäre ein gutes Islamgesetz für Sie?

Dr Amer Albayati: Ich würde nichts tun. Wir brauchen ein solches Gesetz nicht, weil – wie ich Ihnen sagte – der Islam keinen Platz in Österreich bzw. in Europa hat. Vielleicht wird Sebastian Kurz dieses Gesetz ändern. Die Leute, von denen wir gesprochen haben – die Radikalen –, haben schon Demonstrationen gegen ihn organisiert. Er hat schließlich verstanden, dass es ein Fehler wäre, diese Gruppen zu unterstützen.

FA: Übrigens haben sich die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei vor kurzem verschlechtert.

Dr. Amer Albayati: Das kann die Sachen ändern. Kurz ist jetzt viel vorsichtiger als früher. Er hat mit den Sozialisten auf diesem Gebiet zusammengearbeitet, was ein Fehler war. Aber jetzt scheint es, dass wir einige Hoffnung in ihm setzen können. Auf jeden Fall wird er handeln müssen, und nicht nur reden.

FA: Denken Sie, dass religiöse Konflikte in Europa wegen des Islam wieder auftauchen könnten?

Dr. Amer Albayati: Die christlichen Kirchen behaupten, dass es kein Problem gebe. Sie verlangen immer noch Geld und reklamieren fünf Millionen Mitglieder für sich, ab kaum jemand geht in die Kirche. Ich nenne sie kulturelle Christen. Und da die Kirchen leer sind, schenken sie welche an die Orthodoxen aus Rumänien oder aus den arabischen Ländern. Die Kirche ist schwach sowohl in Österreich wie auch in Europa im Allgemeinen. Es sieht vielleicht anders aus in Polen oder in Ungarn.

Ich denke, dass die christlichen Kirchen auch mit den Flüchtlingen arbeiten mögen, um dadurch Geld zu bekommen. Und aus diesem Grunde verständigen sie sich mit manchen politischen islamischen Organisationen. Es ist ein schwerer Fehler. Aber es scheint, dass sie keine andere Möglichkeit zum Überleben haben.

Wir werden mit Veränderungen in Politik, Religion und Gesellschaft konfrontiert. Und niemand kann sagen, wie die Zukunft aussehen wird. Ich befürchte aber, dass die Probleme zu Konflikten werden, und dass diese Konflikte Konfrontationen überall hervorrufen, wo sie nicht gelöst werden.

FA: Was machen Sie außer die Leute informieren?

Dr. Amer Albayati: Wir müssen die Gewohnheiten der Menschen ändern. Ich kenne viele Frauen, die sich zwingen, sich selbst und ihre Töchter, das Kopftuch zu tragen, ohne dem sie nicht heiraten können. Es ist ungerecht, wir sind in Europa. Darüber hinaus geschieht dies mit der Unterstützung der europäischen Behörden. Aber es gibt auch andere Beispiele: ein Schuldirektor hat das Tragen von Kopftüchern durch Kinder an seiner Schule verboten, und zahlreiche Muslime haben uns gesagt, dass das eine gute Sache ist! Das bedeutet, dass sich etwas ändern kann.

Ich habe letztes Jahr eine Konferenz im Europaparlament gehalten, wo ich erklärt habe, dass es inakzeptabel sei, wenn die Muslimbrüder und weitere Radikale Geld von der EU erhalten. Die Scharia ist mit den europäischen Gesetzen nicht vereinbar.

Ich komme aus dem Irak. Mein Vater stammt aus dem Irak, meine Mutter aus Istanbul. Aber meine Herkunft ist für mich als treuer österreichischer Bürger irrelevant. Meine Treue zu Österreich ist wichtiger als alles Andere. Ich bin ein weltlicher, ein säkularer Muslim, und ich will die Scharia nicht. Sogar in den arabischen muslimischen Ländern herrscht die Scharia nicht. Wieso sollte man sie also hier einführen?

FA: Ist das für einen Muslim eine Pflicht, für die Scharia zu kämpfen?

Dr. Amer Albayati: In der Zukunft, wenn es mit den politischen islamischen Organisationen so weitergeht, werden sie vielleicht für die Scharia und für einen Kalifat kämpfen. Sie werden sagen, dass es der Muslime Pflicht sei, dafür zu kämpfen. Aber wir sind weltliche, säkulare Muslime und wir akzeptieren nicht alles von der Religion, wir sollen daran denken, was gut ist und was nicht.

Ich bin überrascht zu sehen, was in Österreich alles für die Radikalen getan wird. Der Staatspräsident, Van der Bellen, der alle Frauen aufgerufen hat, ein Kopftuch zu tragen, um gegen Diskriminierung zu kämpfen, hat dabei einen Fehler begangen, denn das war nichts Anderes, als das Spiel der Radikalen und Muslimbrüder zu spielen, wie ich dies erklärt habe. Was die Islamophobie betrifft, so ist dies bloß ein metapolitisches Werkzeug, und wir sollen diesen Leuten nicht erlauben, alle mundtot zu machen, die ihrer Vision nicht entsprechen.

Dr. Amer Albayati und Ferenc Almássy in Wien im Mai 2017.