Während in Amerika das Fernsehen die wichtigste politische Informationsquelle für die Wähler ist, sind es in Ungarn die Nachrichtenportale im Internet – das zeigt die repräsentative Studie der Lounge Group, die anlässlich der US-Präsidentschaftswahlen in Ungarn und in den USA durchgeführt wurde. Diesen Ergebnissen zufolge unterscheiden sich die Gewohnheiten des Nachrichtenkonsums in Ungarn erheblich von denen des allgemeinen Konsums von Medienprodukten; in den USA hingegen setzt sich das Fernsehen weiterhin in seiner Rolle als Hauptquelle für politische Informationen durch, obwohl die Nutzung von Online-Plattformen auch dort immer weiter verbreitet ist.
Die repräsentative Studie der Lounge Group zum Wählerverhalten in Ungarn und in den Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit den US-Präsidentschaftswahlen brachte überraschende Ergebnisse. Nach diesen Ergebnissen, die sich speziell auf politische Informationsquellen bezogen, bevorzugen die Amerikaner das Fernsehen, während die Ungarn Online-Portalen den Vorzug geben.
Betrachtet man die beiden Länder, so gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem Nachrichtenkonsum und dem allgemeinen Medienkonsum.
Unter den Ungarn im wahlberechtigten Alter sind die Medienkonsumgewohnheiten fast gleichmäßig auf das Internet und das Fernsehen verteilt. Wenn es jedoch um Nachrichten, Politik und Inhalte mit Bezug zur öffentlichen Sphäre geht, haben in Ungarn Online-Portale die Nase vorn: 41% der politisch aktiven Befragten identifizierten das Internet als ihre Hauptinformationsquelle. Gleichzeitig gaben fast 60% der amerikanischen Studienteilnehmer das Fernsehen als ihre Hauptquelle für politische Informationen an. Dies ist nicht sehr überraschend, insbesondere angesichts des enormen Interesses an den Fernsehdebatten während des Präsidentschaftswahlkampfes. Die erste Debatte des Wahlkampfs wurde beispielsweise von 73 Millionen Zuschauern verfolgt, während in der Wahlnacht 71 Millionen Amerikaner die Ergebnisse live vor dem Fernseher verfolgten. Zur Hauptsendezeit zog allein der Sender Fox News 13,7 Millionen Zuschauer an und übertraf damit sogar CNN und MSNBC.
Ein genauerer Blick auf die verschiedenen Altersgruppen zeigt deutliche Unterschiede in den Präferenzen beim Nachrichtenkonsum.
Junge Ungarn, vor allem die 18-34-Jährigen, haben sich eindeutig Facebook zugewandt und beziehen von dort den Großteil der Nachrichten, die sie konsumieren. In dieser Altersgruppe liegen die Online-Portale an zweiter Stelle, gefolgt vom Fernsehen. Aber schon in der Altersgruppe der 35-49-Jährigen ist die Nutzung von Facebook für diesen Zweck deutlich geringer – fast auf dem gleichen Niveau wie das Radio. In Amerika ist der Anteil der Nachrichtenleser auf Facebook ebenfalls bei den 18-34-Jährigen am höchsten, allerdings auch nicht am ersten Platz: Wie in der politisch aktiven Bevölkerung insgesamt ist auch für diese junge Generation amerikanischer Wähler das Fernsehen die Hauptquelle für politische Informationen.
„Wie in jedem anderen Bereich macht sich die Globalisierung auch bei den Trends im Medienkonsum bemerkbar“, sagt Krisztina Hidvégi, Direktorin für Medienstudien der Lounge Group. – Und doch gibt es, wenn es um politische und gesellschaftliche Themen geht, noch teilweise bzw. ganz unterschiedliche Konsumgewohnheiten. In Ungarn liefern sich Fernsehen und Internet schon seit einigen Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Heute können wir hier wie anderswo von allgemeiner Bildschirmzeit sprechen, denn wir sehen auch auf unseren Telefonen fern bzw. gehen wir auch mit unseren Fernsehern online. In Ungarn, wie in der ganzen Welt, setzt sich der Multi-Screen-Konsum durch: Die Nutzung des Fernsehens und die Nutzung des Internets rücken zeitlich und räumlich immer näher zusammen. Mit anderen Worten: Die Frage ist nicht, ob wir andere Medien konsumieren oder ob sich der Medienkonsum globalisiert, sondern ob unsere Medienpräferenzen bei politischen Inhalten gleich sind.“
Laut der Studie der Lounge Group informieren sich amerikanische Wähler häufiger als ungarische über politische und gemeinwohlorientierte Themen.
Genauer gesagt: Mehr als 80 % der Amerikaner erkundigen sich regelmäßig über ihre nationale Politik und öffentliche Angelegenheiten. Bei den Ungarn mit den gleichen Gewohnheiten beträgt dieser Anteil weniger als 60 %. Außerdem beginnen sich die Ungarn im Allgemeinen erst in einem späteren Alter für Politik und soziale Themen zu interessieren. Dies ist einer der Gründe, warum nur ein Drittel der Ungarn im Alter von 18 bis 29 Jahren die nationalen politischen Nachrichten mit einer gewissen Regelmäßigkeit verfolgt, während in den USA die gleiche Altersgruppe einen Anteil von 70% aktiver Nachrichtenkonsumenten aufweist.
„Sowohl bei den Amerikanern als auch bei den Ungarn zeigt sich, dass je älter die Bürger sind, desto mehr interessieren sie sich für Politik. In Ungarn ist der Generationsunterschied in Bezug auf die Offenheit für politische Inhalte jedoch viel größer“, so Krisztina Hidvégi.
Der Bezug zu politischen und gemeinwohlorientierten Themen verweist auf grundlegende Unterschiede in den Sozialisierungsprozessen, die wiederum zu Unterschieden in den Einstellungen und letztlich im Konsum führen. In Ungarn sind widersprüchliche Gespräche und Konfrontationen unterschiedlicher Meinungen zu politisch-sozialen Themen zum Beispiel kein typisches Verhalten. Die Ungarn besprechen ihre Meinung eher mit Familienmitgliedern oder allenfalls mit engen Freunden. Amerikaner tauschen sich zu einer viel breiteren Palette von Themen aus: Religiöse Persönlichkeiten und lokale Unternehmen können bei ihrer Entscheidungsfindung ebenfalls eine Rolle spielen, während die Meinungen von politischen Analysten, Influencern und Prominenten ebenfalls von einem breiteren Publikum in Betracht gezogen werden – auch wenn vor allem letztere von den Ungarn wenig geschätzt werden.
So wie jeder zweite Ungar seinen Lieblingsschauspieler, -musiker oder -youtuber es ablehnt, wenn letzterer sich zu Themen des öffentlichen Lebens äußert, ist es in Ungarn selten, dass Personen des öffentlichen Lebens ihre politische Meinung offen äußern.
In beiden Ländern gilt, dass etwa 25 % der Wähler in so genannten Meinungsblasen leben. Das bedeutet, dass die meisten ihrer Freunde und Bekannten Meinungen haben, die tendenziell ihren eigenen Standpunkt bestätigen, sei es im realen Leben, in sozialen Netzwerken oder anderen Medien, wo sie hauptsächlich auf Inhalte stoßen, mit denen sie einverstanden sind. Was die politische Meinungsbildung betrifft, ist dies kein sehr positiver Trend, da diese in ihrem Mikrokosmos lebenden Wähler mit keinem Einfluss konfrontiert werden, der ihr Blickfeld erweitern oder ihre Entscheidungen erhellen könnte.
In den Vereinigten Staaten wurde vom 5. bis 7. September 2020 eine Umfrage unter 2.000 Personen von Cygnal LLC im Auftrag der Lounge Group durchgeführt. Das ungarische Pendant der Studie wurde Anfang Oktober 2020 von der Századvég-Stiftung durchgeführt. Dazu wurde eine Online-Umfrage unter 500 Personen durchgeführt, die hinsichtlich Alter, Geschlecht und Siedlungsart repräsentativ für die ungarische Gesellschaft sind. Über ihre Umfrageergebnisse wurde auch von der größten Nachrichtenagentur der Vereinigten Staaten, der AP, berichtet. Die sehr populären amerikanischen Zeitungen und Portale, die die Ergebnisse der Lounge Group veröffentlichen – darunter Yahoo Finance und Marketwatch – erreichen zusammen mehr als 100 Millionen Leser pro Monat.
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