Polen – In der Mitte des 15. Jahrhunderts begann die Blütezeit des Königreichs Polen. Zu dieser Zeit war König Kasimir IV. der Jagiellone eines der mächtigsten Staatsoberhäupter in Mitteleuropa. Sein Reich umfasste eine Fläche von mehr als 800.000 Quadratkilometern (viel größer als das heutige französische Festland). In den 1450er Jahren trat eine Erfindung auf, die die Geschichte der Menschheit revolutionieren sollte: der Buchdruck.
Wenn wir annehmen, dass das erste gedruckte Buch, das veröffentlicht wurde, die Gutenberg-Bibel (Mainz, 1452-1455) war, können wir sagen, dass die ersten gedruckten Dokumente in Polen 1473 ziemlich rasch erschienen. Mit anderen Worten: Der Buchdruck entwickelte sich in Polen, bevor er in den Niederlanden, in Österreich oder sogar in England eingesetzt wurde. Es ist erwähnenswert, dass das erste gedruckte Buch in England vier Jahre nach demjenigen in Krakau entstand, während die erste Druckerpresse in London um 1480 von John Lettou, einem Einwanderer polnisch-litauischer Herkunft, eingeführt wurde.
In Spanien wird einem Polen auch die Verbreitung des Buchdrucks zugeschrieben. Estanislao (Stanisław) Polono betrieb ab 1475 eine Druckerei in Neapel. Etwa fünfzehn Jahre später zog er nach Sevilla, wo zwischen 1490 und 1504 mehr als 100 Bücher in seinem Verlag erschienen.
Natürlich waren Gutenbergs Deutschland, Italien und Frankreich Ende des 15. Jahrhunderts die Hauptzentren der gedruckten Buchproduktion. Obwohl sich das Königreich Polen kaum in diese Liste der drucktechnischen „Schwergewichte“ einreihen lässt, muss man anerkennen, dass die Polen auf diesem Gebiet, das eine echte Revolution auf technologischer und intellektueller Ebene darstellte, eine Vorreiterrolle einnahmen.
Die Ankunft des Buchdrucks in Krakau wurde durch den Bayern Klaus Straube bewirkt, der im Kloster der Bernhardiner in Stradom eine Druckerei eröffnete. Dort druckte er den Almanach Cracoviense ad annum 1474. Dieses Werk wurde später in einem Schrank der Bibliothek der Jagiellonen-Universität im Jahr 1844 gefunden. Das zweite Krakauer Werk – aus dem Jahr 1475 – war eine wirtschaftlich-rechtliche Abhandlung, die sich mit dem Problem des Wuchers befasste. In den folgenden Jahren veröffentlichte Straube mehrere weitere Psalter und theologische Werke des hl. Augustinus.
Zur gleichen Zeit hielt der Buchdruck in der schlesischen Stadt Breslau Einzug. Dort wurden die ersten Gebetbücher in polnischer Sprache gedruckt („Vater unser“, „Ave Maria“, „Ich glaube an Gott“). Interessant ist auch, dass diese in polnischer Sprache gedruckten Gebetbücher gerade in dieser Stadt entstanden, die damals formell ein Teil Böhmens unter starkem deutschen Einfluss war. Das zeigt, dass das „Polentum“ dort noch fest verwurzelt (und eingefärbt!) war. Die meisten der frühesten Druckerzeugnisse waren natürlich in Latein geschrieben. Die in Polen veröffentlichten Werke waren meist religiöse Werke von Autoren wie dem heiligen Thomas von Aquin oder Jean le Charlier de Gerson.
Doch kehren wir nun nach Krakau zurück, wo ein aus Franken stammender Geschäftsmann namens Sebald Veyl (Szwajpolt Fiol) seine Druckerei gründete. Veyl übernahm den Druck der ersten Gebetbücher für die Orthodoxen, die in den östlichen Teilen des riesigen Reiches von Kasimirs IV. lebten, nämlich die litauischen Ruthenen. Das Geschäft erwies sich bald als lukrativ, da es keine Konkurrenz gab. Niemand sonst auf der Welt druckte Bücher im kyrillischer Schrift. Veyl veröffentlichte zwischen 1489 und 1491 vier solche Hefte im Kirchenslawischen, der damaligen Amtssprache der Orthodoxie:.
Zum Vergleich wurden die ersten Druckwerke in Moskau erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hergestellt. Der Grund dafür war, dass gedruckte Bücher von den Zaren als gefährlich oder gar als eine satanische Erfindung angesehen wurden. Auf dem Gebiet des Königreichs Polen vermehrten sich die Druckereien jedoch ab dem Ende des 15. Jahrhunderts in Preußen, in Danzig, Kulm und Marienburg. Schon vor 1500 wurden im Königreich und in Schlesien bereits mehr als 40 gedruckte Bücher (Inkunabeln genannt) veröffentlicht.