Dieser Artikel ist am 6. April 2021 in der Magyar Nemzet erschienen.
Die Karriere von Zsolt Petry, dem Torhüter, der 1984 die Jugend-Europameisterschaft gewann und 38mal eingesetzt wurde, endete gestern bei Hertha Berlin. In einem Interview mit Magyar Nemzet, das am Ostermontag in unserer Online-Ausgabe veröffentlicht wurde, äußerte sich der ehemalige Bundesliga-Torwart auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Petrys Ansichten passen nicht zu Herthas Grundsätzen, deshalb verlangte der Verein noch am selben Tag eine Erklärung von seinem Mitarbeiter, und es war zu erwarten, dass es dabei nicht bleiben würde. Gestern hat der Berliner Verein, dessen Cheftrainer Pál Dárdai ist, den Vertrag seines Assistenten Zsolt Petry mit sofortiger Wirkung aufgelöst, nachdem er sechs Jahre für die Hertha tätig war.
Der Lauf der Dinge beschleunigte sich: Nachdem Zsolt Petrys Aussagen am Ostermontag von der elektronischen Version der Magyar Nemzet veröffentlicht wurden, verlor er seinen Job innerhalb von 24 Stunden nach der Veröffentlichung. Neben Kommentaren zur Entwicklung der ungarischen Nationalmannschaft, seiner fachlichen Einschätzung des Nationalmannschaftskapitäns Marco Rossi, seinen Ansichten zur U21-Europameisterschaft und einem beachtenswerten Vorschlag für strenge Rekrutierungsregeln in der ungarischen Spitzenklasse, äußerte sich der 54-jährige Petry auch zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Diese Meinungen sorgten in Deutschland für Empörung, so sehr, dass Hertha noch am Tag der Veröffentlichung des Interviews eine Erklärung von ihm verlangte. Es war zu erwarten, dass es dabei nicht bleiben würde.
Gestern gab die Hertha auf ihrer offiziellen Seite bekannt, dass sie den Vertrag von Zsolt Petry mit sofortiger Wirkung auflöst. Laut Aussage des Vereins steht Hertha für Werte wie Vielfalt und Toleranz, die in den Äußerungen Petrys, der in seiner Eigenschaft als Hertha-Mitarbeiter sprach, zu fehlen schienen.
„Die Arbeit von Zsolt Petry wurde in seinen Jahren bei Hertha sehr geschätzt. Er ist ein offener, toleranter und hilfsbereiter Mensch. Er hat sich nie homophob oder fremdenfeindlich verhalten“ – sagte der Geschäftsführer des Vereins, Carsten Schmidt, und fügte hinzu, dass trotz der zusätzlichen Klarstellung seiner Aussagen, die Petry später in der Magyar Nemzet veröffentlichen ließ, seine Worte immer noch nicht mit Herthas Werten vereinbar seien. Es ist wahrscheinlich nicht weit hergeholt, anzunehmen, dass die Entscheidung, diesen Profi zu entlassen, unter dem Druck einer leicht identifizierbaren Untergruppe der Anhängerschaft des Clubs getroffen wurde. Um es einfach auszudrücken: Die Loyalität tausender Fans zählt mehr als die Person eines ungarischen Torwarts. „Wir möchten uns an dieser Stelle bei Zsolt Petry für die geleistete Arbeit bedanken und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ – so lautet das Statement, das darauf schließen lässt, dass sich die Hertha-Führung nicht leichten Herzens von ihrem ungarischen Co-Trainer getrennt hat.
Zsolt Petry hatte bereits am Montag gegenüber Magyar Nemzet erklärt, dass er einige seiner Äußerungen relativieren wolle. Er betonte, dass er größten Respekt vor der Meinung Péter Gulácsis habe, und hielt es auch für wichtig klarzustellen, dass er keine Bemerkungen gemacht habe, die eine negative Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren, die Kinder aufziehen, implizieren.
Die Hertha-Geschäftsführung scheint von diesen Klarstellungen wenig beeindruckt gewesen zu sein und entließ ihren ungarischen Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung. Nach Petrys Abschiedserklärung zu urteilen, kann man davon ausgehen, dass seine Äußerungen über Péter Gulácsi nicht die einzige Meinung waren, die der Berliner Klub für inakzeptabel hielt, und dass auch seine Ansichten zur Einwanderung schwer ins Gewicht gefallen sein müssen. „Ich bedauere meine Äußerungen zur Einwanderungspolitik sehr und möchte mich bei all jenen entschuldigen, die bei uns Zuflucht suchen und die durch meine Worte beleidigt wurden. Ich habe gerne bei Hertha BSC gearbeitet und erkläre, dass ich seine Entscheidung zur Kenntnis genommen habe“ – so lautet ein Auszug aus der auf der Seite des Hertha BSC veröffentlichten Abschiedserklärung.
Petry, der die Jugend-Europameisterschaft gewann, lebt in Deutschland, seit er 2004 seine Karriere als Torwart bei Paderborn beendete. Er hat die Migrationsinvasion des größten westeuropäischen Landes von Anfang bis Ende miterlebt, und seine Meinung dazu ist nicht gerade positiv: „Ich verstehe nicht, wie Europa moralisch so weit fallen konnte. Für mich ist diese Einwanderungspolitik eine Offenlegung unseres moralischen Verfalls. Europa sollte weiterhin mit Respekt für Werte leben, für die wir viele Jahre gebraucht haben, um sie zu lernen. Europa ist ein christlicher Kontinent; ich für meinen Teil bin nicht glücklich darüber, den moralischen Verfall zu sehen, der sich Tag für Tag über diesen Kontinent ausbreitet. Liberale blähen gegenteilige Ansichten auf: Wenn man die Einwanderung missbilligt, weil eine beängstigende Masse von Übeltätern nach Europa strömt, wird man sofort als Rassist gebrandmarkt. Es gilt als unerträglich: Es wird immer seltener, dass die Meinung anderer Leute toleriert wird, vor allem, wenn diese Meinung konservative Ansichten ausdrückt“, sagte der Mann, den Erwin Koeman 2008 an die Spitze der ungarischen Nationalmannschaft holte, gegenüber Magyar Nemzet.
Was den ungarischen Nationaltorhüter Péter Gulácsi betrifft, der sich für die Adoption von Kindern durch LGBT-Paare einsetzt, so hütete sich Petry aus prinzipiellen Gründen, ihn für die Äußerung einer Meinung zu verurteilen, mit der er nicht einverstanden ist. Petry wies lediglich darauf hin, dass er sich an der Stelle von Gulácsi, der noch mitten in seiner Karriere steht, auf den Fußball konzentrieren und keine Urteile über politische oder gesellschaftliche Themen fällen würde, die die Öffentlichkeit spalten.
Und das wurde ihm am Ende zum Verhängnis. Hertha duldet eben keine abweichenden Meinungen.
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Von der Visegrád Post aus dem Ungarischen übersetzt.