Polen – Vor einigen Tagen ging durch die Medien, daß Polen trotz der enormen Anstrengungen seiner Regierung immer noch eine fallende demographische Tendenz aufweist: Im Vergleich zu 2020 sank die Bevölkerung um 115,000, und die Zahl der Geburten ist so niedrig wie zum letzten Mal vor 17 Jahren. Was bedeutet diese Entwicklung, die von vielen Regierungsgegnern als Beweis für das „Scheitern“ der natalistischen und anti-abortionistischen Politik der konservativen Regierung gesehen wird?
Zunächst einmal muß betont werden, daß Polen für das Jahr 2020 ganz im Trend der anderen EU-Länder liegt: Auch in Deutschland, Frankreich und vielen anderen Ländern wurde eine analoge Abnahme der Geburten festgestellt. Die Erklärung dafür ist einfach: Eine Pandemie mitsamt Lockdown, Überfüllung der Krankenhäuser, Schulschließung und der Furcht vor den desaströsen Folgen für die Wirtschaft ist sicher alles andere als ein idealer Moment, Kinder in die Welt zu setzen – ob in Polen, in Deutschland oder in Frankreich. Doch das Problem reicht tiefer, da die ganze westliche Welt seit Jahrzehnten an einem schleichenden Bevölkerungsniedergang leidet.
Dafür gibt es viele verschiedene Erklärungen, wie z. B. der Rückgang des religiösen Glaubens, eine hedonistische Einstellung zum Leben, der Wunsch zur radikalen Selbstentfaltung, die Banalisierung der Abtreibung, die Folgen des extremen Feminismus, die Konsequenz der Klimawandel-Propaganda, die Krise der Männlichkeit, das Verschwinden der Ehe, die Notwendigkeit, daß beide Partner arbeiten müssen, um den Lebensunterhalt zu verdienen, die Auswirkungen des Kults um den „ewig jungen“ (und somit natürlich kinderlosen) Menschen, usw. Aber all diese Gründe sind nur oberflächliche Symptome einer viel tieferen Tatsache:
Alle Zivilisationen erleben, wenn sie ihren Endpunkt erreichen, einen allmählichen demographischen Niedergang,
und wir können ähnliche Tendenzen in Ägypten während der frühen Ramessiden-Periode des 13. Jh. v. Chr., im China der späten „Kämpfenden-Staaten“-Periode des 3. Jh. v. Chr., in der griechisch-römischen Welt der späten Republik im 1. Jh. v.Chr., im spätsassanidischen Iran des 6. Jh. n.Chr. oder in der post-klassischen islamischen Welt des 10. Jh.s sehen.
Wenn man Zivilisationen in Analogie zu lebenden Wesen betrachtet, sind sie alle früher oder später zum Niedergang, zum Sterben und zur Fossilisierung verdammt, und mit dem Schwinden der zivilisatorischen Kraft vergeht auch der Wunsch, die Traditionen der Vorfahren an die eigenen Kinder weiterzugeben. Warum sollte jemand, der seine eigene Vergangenheit ignoriert, verachtet oder gar haßt (und es gibt immer mehr solcher Menschen, dank politisch korrekter Schulen, Universitäten und Medien), seine kulturellen Traditionen an seine Nachkommen weitergeben wollen – oder gar überhaupt Kinder haben? Als ich vor einigen Jahren auf einer Konferenz mit einer Dame aus Deutschland sprach, beschimpfte sie mich geradezu dafür, daß ich Kinder habe, und behauptete, die „Europäer“ hätten in ihrer Geschichte solche Gräueltaten begangen, daß es ein Zeichen von Kolonialismus und Egoismus sei, eigene Kinder zu haben, anstatt Kinder aus Afrika oder Asien zu adoptieren oder – zugunsten der „Klimaneutralität“ – ganz darauf zu verzichten. Wenn eine ganze Gesellschaft so denkt – und das tun viele, nicht nur in Deutschland -, versteinern Zivilisationen und sterben aus: nicht nur aus Kindermangel, sondern aus mangelnder Liebe zur eigenen Geschichte und Tradition.
Was bleibt, ist eine anonyme Masse von Menschen, die nur an ihr eigenes materielles Interesse denken und keine kulturelle Solidarität untereinander empfinden können.
Wie kommt es aber nun, daß gerade Polen und die anderen Staaten der Trimariums-Zone von diesem demographischen und somit auch kulturellen Niedergang ganz besonders betroffen sind? Bedeutet dies gar, daß der Osten Europas gar weniger lebenswillig ist als der Westen? Dies wäre ein völliger Fehlschluß. Zum einen gilt es zu bedenken, daß der demographische Niedergang Osteuropas nicht nur der Natalität geschuldet ist, sondern auch der simplen Tatsache, daß viele Menschen aus dem Osten in den Westen ziehen, um dort mehrere Jahre hart (und dementsprechend kinderlos) zu arbeiten und von den höheren Löhnen zu profitieren, und erst später – wenn überhaupt – in die Heimat zurückkehren. Doch zum anderen – und dies scheint mir zentral – zeichnen sich die osteuropäischen Länder durch eine große Bevölkerungshomogenität aus, während der Westen zunehmend von Menschen aus der subsaharischen und muslimischen Welt bewohnt wird. Es ist bekannt, daß jene Menschen nicht nur zu Beginn, sondern oft auch nach mehreren Generationen signifikant mehr Kinder haben als die „autochthonen“ Einwohner, und dies erklärt auch den Unterschied zwischen den beiden Hälften Europas: Je homogener und „europäischer“ die Nation, desto weniger Kinder; je „multikultureller“, desto mehr: Kein Wunder, daß Frankreich und England eine hohe Natalität aufweisen, je mehr man aber nach Osten und Südosten schaut, die Demographie sinkt.
Nun stellt sich freilich die Frage, was die Auswirkungen dieser fortschreitenden Entvölkerung sein werden. Muß eine niedrige Bevölkerungszahl unbedingt bedeuten, daß das eigene Volk von den zahlenmäßig stärkeren dominiert werden wird? Nicht unbedingt, oder doch zumindest nicht sofort: Als die Spanier im 16. Jahrhundert Amerika eroberten oder als die Engländer und Franzosen im 19. Jahrhundert große Teile Afrikas und Asiens kolonisierten, waren sie weit weniger zahlreich als die Eingeborenen. Sie hatten jedoch einen grundlegenden Vorteil, den das heutige Europa verloren hat: ihre enorme technische Überlegenheit. Das ist auch der Weg, den ein ebenfalls schwindendes Volk wie die Japaner einschlagen: Anstatt auf Masseneinwanderung zu setzen, investieren sie massiv in Zukunftstechnologien, um Lebensstandard und politischen Einfluß konstant zu halten. Doch müssen wir auch noch andere Aspekte berücksichtigen.
In früheren Zeitaltern waren die Europäer von ihrer Mission in dieser Welt überzeugt und verfügten über starke und kohärente Gesellschaften, welche Wachstum und Expansion trugen. Heute ist der größte Teil Europas immer noch von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs traumatisiert und verzichtet nicht nur auf jede Form von Expansionsdenken oder gar physischer Gewalt, sondern selbst darauf, das eigene Überleben zu verteidigen, und zieht es vor, kurzfristige Ruhe und Frieden mit Geld statt mit Respekt zu erkaufen – und spätere Generationen dafür zu opfern. Und natürlich besteht das Problem, daß Europa nicht nur von außen, sondern auch von innen aufgrund seiner jahrzehntelangen, von der Merkel-Regierung noch drastisch angeheizten „Willkommenskultur“ unter demographischem Druck steht: Die Bevölkerung der einheimischen Europäer schrumpft dramatisch, während die Zahl der Immigranten rasant ansteigt, so daß in vielen Städten Westeuropas die Immigranten und ihre Nachkommen bereits die klare Bevölkerungsmehrheit stellen, gerade in den wichtigsten, also den jungen Altersklassen. Angesichts des offensichtlichen Fehlens an kultureller Integration in die westliche Kultur bedeutet dies, daß es langfristig immer schwieriger werden wird, irgendeine Form von Solidarität zwischen den Bewohnern dieses Kontinents zu erwarten, denn Solidarität basiert in der Regel auf einer Reihe gemeinsamer kultureller Elemente wie Geschichte, Sprache, Religion, Patriotismus, Folklore, nationale und regionale Eigenheiten oder eine ganz bestimmte Sicht auf das Individuum oder die Familie.
Diese gemeinsamen Identitätsfaktoren sind mittlerweile weitgehend verschwunden, und viele Länder, wie etwa Frankreich, Belgien, die Niederlande oder Großbritannien, haben sich in tribalisierte Gesellschaften verwandelt. Solange die Wirtschaft stabil bleibt und der demographische Druck von außen unter Kontrolle ist, kann auch eine solche fragmentierte Gesellschaft noch halbwegs überleben. Sobald aber im Inneren Konflikte um die Verteilung des abnehmenden Wohlstands ausbrechen und die äußeren Grenzen nicht mehr verteidigt werden, muß dies zu einer Katastrophe führen. Und genau das geschieht im Moment. Da ist es für eine europäische Nation vielleicht sicherer, eine schrumpfende, aber homogene und solidarische Bevölkerung zu besitzen, als eine wachsende, aber multikulturelle und innerlich zerrissene…