Tschechien/Russland – Nicht nur in der Ukraine bzw. zwischen Polen und Weißrussland steigen die Spannungen in Mitteleuropa. Am Samstag, den 17. April, kündigte die tschechische Regierung die Ausweisung von 18 russischen Diplomaten an, die an der Explosion eines Munitionsdepots bei Zlín vor sieben Jahren beteiligt gewesen sein sollen. Darüber hinaus wurde das russische Unternehmen Rosatom von der Ausschreibung für den Ausbau des Kernkraftwerks Dukovany ausgeschlossen. Russland seinerseits revanchierte sich am Sonntag, indem es 20 tschechische Diplomaten zu personae non gratae erklärte. Dies alles auch vor dem Hintergrund der Krise um den Impfstoff Sputnik V.
„Ich bedaure, dass die tschechisch-russischen Beziehungen darunter leiden, aber die Tschechische Republik muss reagieren […] Ich habe die Entscheidung getroffen, alle Mitarbeiter der russischen Botschaft in Prag auszuweisen, die unser Geheimdienst als Agenten des russischen Geheimdienstes betrachtet,
so der interimistische tschechische Außenminister Jan Hamáček (ČSSD) am Samstag, während Ministerpräsident Andrej Babiš erklärte, dass die russischen Geheimdienste angeblich für die Explosion verantwortlich seien, die 2014 in einem Munitionsdepot in Vrbětice (bei Zlín, nicht weit von der slowakischen Grenze) stattfand, bei der zwei Menschen starben. „Wir haben Präsident [Miloš] Zeman über diesen Fall und das geplante Verfahren informiert, und der Präsident hat seine volle Unterstützung ausgesprochen […].
Die Tschechische Republik ist ein souveräner Staat und muss entsprechend reagieren“,
sagte Babiš.
Explosionen in tschechischen Munitionsdepots im Jahr 2014
Im Jahr 2014 fanden zwei Explosionen in Munitionsdepots in Vrbětice, einer kleinen Ortschaft im Bezirk Zlín, statt: am 16. Oktober und am 3. Dezember. Bei der ersten Explosion starben zwei Mitarbeiter der tschechischen Firma Imex, die das Gelände an das tschechische Institut für Militärtechnik (Vojenský Technický Ústav, VTÚ) vermietet hatte, das dort 50 Tonnen Munition gelagert hatte. In den folgenden Tagen mussten bis zu 375 Menschen in den umliegenden Dörfern aus Sicherheitsgründen evakuiert werden. Am 3. Dezember 2014 explodierte – knapp einen Kilometer entfernt – ein zweites Depot, das 100 Tonnen Munition enthielt. Nach Angaben der tschechischen Behörden waren zwei Agenten des russischen Geheimdienstes (GRU) direkt in diesen Fall verwickelt. Diese beiden russischen Agenten seien – laut der tschechischen Polizei – Alexander Petrow und Ruslan Baschirow, die ebenfalls verdächtigt werden, an der Vergiftung von Sergei Skripal (einem ehemaligen russischen Geheimagenten, der sein Land an Großbritannien verraten hat) und seiner Tochter im Jahr 2018 in Großbritannien beteiligt gewesen zu sein.
Munition für syrische Rebellen oder für die Ukraine?
Der Grund, warum die russischen Dienste diese tschechischen Munitionsdepots ins Visier genommen hätten, wäre laut verschiedenen Quellen, dass die besagten Munitionen entweder für die syrischen Rebellen im Krieg gegen das Regime von Bashar el Assad, einem Verbündeten Russlands, oder für die Ukraine bestimmt gewesen sein könnte, um ihr gegen die prorussischen Separatisten im Donbass zu helfen.
Für die Tschechische Republik ist die Sache klar: Russische Agenten haben auf tschechischem Territorium ein Verbrechen begangen, das zudem eine eklatante Verletzung der tschechischen Souveränität darstellt.
„Am Freitagabend wurden wir über ernste Tatsachen informiert, die die Sicherheit unseres Landes betreffen […] Ich möchte die Arbeit unserer Sicherheitskräfte, der Polizei und insbesondere des Nationalen Zentrums für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens loben, die eine außergewöhnliche Arbeit geleistet haben“,
erklärte Ministerpräsident Babiš am Samstag.
Unterstützung für Tschechien durch seine Verbündete
In diesem außergewöhnlich schweren Fall erhielt die Tschechische Republik am Sonntag Unterstützung von ihren Verbündeten. Mehrere Länder, darunter die USA, die Slowakei, das Vereinigte Königreich und die Ukraine, billigten offiziell die Reaktion der tschechischen Regierung und sicherten der Tschechischen Republik ihre Unterstützung zu. Darüber hinaus trifft sich der Außenministerrat der Europäischen Union am Montag, den 19. April, um die Situation zu erörtern, während die tschechischen Botschafter sofort alle relevanten Informationen an die verbündeten Regierungen sowohl in der EU als auch in der NATO weiterleiteten.
Russland weist 20 tschechische Diplomaten aus
Die erste Reaktion Moskaus ließ nicht lange auf sich warten. Am Sonntag kündigten die russischen Behörden die gegenseitige Ausweisung von 20 tschechischen Diplomaten an.