Ungarn – Die nächsten ungarischen Parlamentswahlen sind in weniger als einem Jahr, im Frühjahr 2022, angesetzt, und schon jetzt sind die Oppositionsparteien und ihre Führer damit beschäftigt, die Vorwahlen der vereinigten wenn auch etwas heterogenen Opposition vorzubereiten, die die ehemaligen zu Sozialisten (MSZP) gewordenen oder zum Kapitalismus konvertierten (DK) Kommunisten, die Grünen (LMP), die libertäre extreme Linke (Momentum bzw. Párbeszéd) und sogar die zum Zentrismus konvertierte extreme Rechte der Jobbik vereint.
Der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony Favorit der Opposition, vor Klára Dobrev und Péter Jakab
Zu den Oppositionsführern, die sich bereits aktiv auf die Wahl vorbereiten, gehört auch der ziemlich populäre Bürgermeister der Hauptstadt Budapest, Gergely Karácsony, den manche bereits als künftigen Oppositionsführer gegen Viktor Orbán sehen, Die letzte Umfrage des Instituts Publicus (durchgeführt vom 24. bis 28. April) gab ihm 31% Unterstützung unter den Oppositionsanhängern, vor 25% für Klára Dobrev und 19% für Péter Jakab (Jobbik), obwohl dieselbe Umfrage seiner Partei, Párbeszéd (Dialog), nur 1% auf nationaler Ebene zuschrieb.
Ungarn muss sich „ändern und Wiedergutmachung leisten“
Bei der Vorstellung seines Wahlprogramms am Samstag, den 15. Mai, sagte Gergely Karácsony, dass Ungarn für fast zwölf Jahre des „Orbán-Regimes“ „sich ändern und Wiedergutmachung leisten“ müsse, und dass es vor allem notwendig sei
„die Demokratie wiederherzustellen […] den rechtlichen, moralischen und materiellen Schaden zu reparieren, den die [Fidesz-]Mehrheit über mehr als ein Jahrzehnt verursacht hat [… und] eine beschädigte und kranke Demokratie zu reparieren.“
Er versicherte auch, dass die Politik der jetzigen Regierung nur einem Prozent der Bevölkerung diene, „dem einen Prozent, das jetzt alle Kontrollen verloren hat.“ „Was wir brauchen, ist nicht nur eine Wachablösung oder Rache, sondern wirkliche Veränderung, Verantwortung und Wiedergutmachung“, fuhr er fort, „Ungarn [soll] wiedervereinigt werden […] Wir suchen nicht nach einem Oppositionsführer, sondern nach jemandem, der das ganze Land führen kann.“
Die Erbin der Einheitspartei
Die zweite führende Persönlichkeit der vereinigten Opposition, die mit dem Vorwahlkampf begonnen hat, ist Klára Dobrev, 7. Vizepräsidentin des Europaparlaments und Gattin des ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány (2004-2009), der inzwischen die Demokratikus Koalíció (DK) gründete – einen neoliberalen Ableger der Sozialistischen Partei (MSZP), Nachfolgerin der ehemaligen kommunistischen Einheitspartei, in deren Jugendorganisation Herr Gyurcsány sich schon einen Namen machte, bevor er zum Bankier wurde.
Die Verfassung „mit eleganter Geste in die Tonne kloppen“
Anläßlich der Haushaltsdebatte im ungarischen Parlament erklärte Dobrev einfach ihre Absicht, die aktuelle ungarische Verfassung „mit eleganter Geste in die Tonne zu kloppen“, falls die Opposition nach den nächsten Parlamentswahlen an die Macht komme, und beschuldigte die heutige Parlamentsmehrheit, „der Regierung seit Jahren einen Blankoscheck zu geben“. „Es handelt sich [der vom Fidesz vorgelegte Haushalt, so Klára Dobrev,] um eine Schändung eines der wichtigsten parlamentarischen Akte durch die Fidesz-Politiker […] Die Fidesz-Leute sind kreativ, aber wir werden schlauer sein“.