Polen – Der Staatssekretär im polnischen Ministerpräsidentenamt, Janusz Cieszyński, gab am Mittwoch, den 5. Januar, auf Twitter bekannt, dass er über die bevorstehende Löschung des Facebook-Accounts der Bewegung Konfederacja informiert worden sei, einem Bündnis, das unter anderem die Korwin-Liste und die Nationale Bewegung (RN) umfasst und durch eine Fraktion von elf Abgeordneten im Sejm vertreten wird.
„Eine Frage der Meinungsfreiheit und der universellen Werte“
Inzwischen ist das Konto, dem mehr als 671.000 Internetnutzer folgten, tatsächlich aus dem sozialen Netzwerk verschwunden – offiziell wegen „Verstöße gegen die Informationsregeln in Bezug auf Covid-19“. Janusz Cieszyński erklärte, die polnische Regierung werde deswegen offiziell bei Meta (dem neuen Namen des das dieses soziale Netzwerk betreibenden Unternehmens) protestieren:
„Es ist einfach eine Frage der Meinungsfreiheit und der universellen Werte, für die wir alle kämpfen müssen, unabhängig von unseren spezifischen Ansichten.
[…] Die politischen Parteien konkurrieren miteinander um die Gunst der Bürger, und das ist auch gut so. Das ist es, was Demokratie ausmacht.
Es darf nicht sein, dass ein Kommunikationskanal durch eine willkürliche Entscheidung einer anonymen Person, gegen die es keine Möglichkeit gibt, vor Gericht vorzugehen, unterdrückt [werden kann]“.
„Das ist der Totalitarismus des 21. Jahrhunderts“
Der Abgeordnete Robert Winnicki, Co-Vorsitzender der Konfederacja, reagierte umgehend auf die Ankündigung des Staatssekretärs: „Das größte Profil einer polnischen politischen Partei auf Facebook [gemessen an der Reichweite], das von der Konfederacja, wird heute von der Verwaltung [dieses sozialen Netzwerks] gelöscht werden. […]
Globale Konzerne greifen wieder einmal die Meinungsfreiheit und die Demokratie an. Das ist der Totalitarismus des 21. Jahrhunderts, den wir um jeden Preis bekämpfen müssen“,
während der Vorsitzende des Vereins Unabhängigkeitsmarsch, Robert Bąkiewicz, ihm seine Unterstützung zusagte: „Das ist die Umsetzung der globalen revolutionären Interessen. Diejenigen, die diese Interessen nicht teilen und sich ihnen widersetzen, werden [mundtot gemcht]. […] Wir fordern, dass der polnische Staat die polnischen Interessen [verteidige] – die gesetzliche Zuständigkeit für die globalen sozialen Netzwerke muss wiederhergestellt werden“. Dies ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Konfederacja von Facebook zensiert wurde. Im November 2020 wurde das Konto von Janusz Korwin-Mikke, der auch Co-Vorsitzender der Bewegung ist, gelöscht, dem damals neinahe 800.000 Internetnutzer folgten.
„Dieses Vorgehen von Facebook verstößt gegen die demokratischen Regeln“
Die Konfederacja protestierte offiziell in einer Erklärung: „Diese Aktion von Facebook verstößt gegen die demokratischen Regeln […].
Wir kündigen daher die Einreichung einer Zivilklage gegen Facebook sowie die dringende Vorlage eines [Gesetz]entwurfs an, der die Teilnehmer an der demokratischen politischen Debatte vor Zensur schützen soll.
Wir erwarten die Wiederherstellung des Profils der Konfederacja und eine Erklärung über die Elemente, die angeblich gegen ‚Gemeinschaftsstandards’’verstoßen würden“.
„Eine echte Bedrohung für die Meinungsfreiheit in der öffentlichen Debatte“
Das Ministerpräsidentenamt veröffentlichte seinerseits eine Stellungnahme zu dieser besorgniserregenden Einmischung in das politische Leben Polens:
„Die Löschung eines ganzen Profils auf der Grundlage wissenschaftlich unvereinbarer Informationen [über die] Pandemie ist ein Beispiel für präventive Zensur und gibt – in Ermangelung eines symmetrischen Vorgehens gegen andere Inhalte dieser Art – Anlass zu dem Verdacht, dass die wahren Gründe für die Entscheidung der Portalverwaltung andere gewesen sein könnten als die in der Erklärung dargelegten.
[…] Sich auf Argumente der unternehmerischen Freiheit zu berufen, ist in diesem Fall völlig unangebracht, da es gerade die Kontrolle von Monopolen, und nicht ihr freies Funktionieren, ist, die die Grundlage des Marktes bildet.
Die Blockierung des Zugangs zu Facebook für soziale Organisationen stellt eine echte Bedrohung für die freie Meinungsäußerung in der öffentlichen Debatte dar.
[…] Wir rechnen mit einer schnellen Reaktion [von Meta] und mit der Wiederherstellung der Funktionalität des [Konfederacja-Kontos]“.
„Ein Angriff auf die demokratischen Grundwerte“
Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ließ es sich nicht nehmen, persönlich auf diese Verletzung der Meinungsfreiheit einer polnischen politischen Partei zu reagieren:
„Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nur dann sinnvoll, wenn jeder seine Ansichten frei darlegen kann, ohne die Freiheit anderer [zu verletzen]. Die Entscheidung von Facebook, das Profil der Konfederacja zu schließen, untergräbt grundlegende demokratische Werte. Die polnische Regierung […] wird dies nicht akzeptieren.
[…] Ich habe […] die Abgeordneten der Konfederacja oft kritisiert. Sie haben mich kritisiert. Aber kritisieren heißt nicht, zum Schweigen zu bringen. Deshalb stelle ich mich heute auf ihre Seite. Ich bin nicht damit einverstanden, dass der Konfederacja das Wort entzogen wird […] Digitale Zensur ist heute eine mächtige Bedrohung gegen die Demokratie. Die Besitzer sozialer Plattformen müssen verstehen, dass eine freie Debatte bedeutet, dass es auch Ansichten gibt, mit denen wir nicht einverstanden sind“.