Polen – Es gab eine Zeit, insbesondere zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 2005, in der Papst Johannes Paul II. die Polen um seine Person zu versammeln schien. Dies ist seit einigen Jahren nicht mehr der Fall, da die Medien und einige Politiker der progressistischen/libertären Linken die These aufstellen, dass ein polnischer Papst Kinderpornoskandale verheimlicht habe, wie es laut diesen Medien bis heute die gesamte Kirche in Polen tue. Diese Medien haben bisher ihre These von einem schuldigen Johannes Paul II. ohne konkrete Anschuldigungen und Beweise aufgestellt und dabei die Tatsache übersehen, dass es gerade Johannes Paul II. war, der 2001 zum ersten Mal Verfahren für Diözesen in der ganzen Welt im Umgang mit Fällen von Pädophilen in Soutanen einführte. Zuvor wurden diese Fälle von jeder Diözese auf ihre eigene Weise geregelt.
Doch nun, in diesem März des Jahres des Herrn 2023, hat das Fernsehen TVN einen Dokumentarfilm veröffentlicht, der den Anspruch hat, zu beweisen, dass der heilige Johannes Paul II. zu der Zeit, als er noch Erzbischof Karol Wojtyła von Krakau (1964-78) und Kardinal der katholischen Kirche (seit 1967) war, von den Verbrechen gewusst, von pädophilen Verbrechen durch Priester erfahren und diese Fälle unter den Teppich gekehrt habe, da er lieber die besagten pädophilen Priester versetzen und andere Kinder in Gefahr bringen gewollt habe, als diese Fälle ans Licht kommen zu lassen. Zur gleichen Zeit veröffentlichte die Mediengruppe Agora (an der ein Fonds von George Soros beteiligt ist), der unter anderem die Zeitung Gazeta Wyborcza gehört, das Buch eines in Polen lebenden niederländischen Journalisten, der die gleiche These aufstellt und dabei die gleichen Beispiele von Priestern und die gleichen Dokumente der ehemaligen Geheimpolizei des kommunistischen Regimes anführt, die im Institut für Nationales Gedenken (IPN) eingesehen werden können.
Der US-Botschafter wurde ins Außenministerium „eingeladen“ und im Sejm wurd eine Resolution verabschiedet
Die Affäre verursachte einen regelrechten Sturm in Polen, wo Anhänger und Gegner von Papst Johannes Paul II. sich gegenseitig zerfleischen. Außenminister Zbigniew Rau „lud“ den US-Botschafter Mark Brzezinski (den Sohn Zbigniew Brzezinskis) ein, um ihn vor den Machenschaften der TVN-Gruppe zu warnen, die der US-Firma Discovery gehört – Machenschaften, die die Polen genauso spalten würden wie die „hybride Kriegsführung“, die von Wladimir Putins Russland angeführt wird –, während der Sejm eine Resolution zur Verteidigung des Namens des heiligen Johannes Paul II verabschiedete. Eine Resolution, deren Abstimmung die Rechts-Links-Spaltung in dieser Frage offenlegte. Für die Resolution stimmten die Parteien der Regierungskoalition, die sich in der PiS-Fraktion im Sejm zusammengeschlossen haben, sowie die nationalistische und freiheitliche Koalition Konfederacja und die Agrarpartei PSL, die sich wie die PiS als christdemokratisch versteht. Die liberal-libertäre Bürgerplattform (PO) von Donald Tusk wollte nicht an der Abstimmung teilnehmen, während der Rest der Linken gegen die Resolution stimmte.
Doch nachdem die ersten, oft etwas hysterischen Reaktionen auf beiden Seiten dieser politisch-medialen Trennlinie vorüber waren (denn wie im Sejm standen sich in dieser Frage die rechten und die linken Medien gegenüber), zeigen die Reaktionen und Analysen zum Inhalt der Anschuldigungen, die der TVN-Reporter Marcin Gutowski in der Dokumentation Franciskańska 3 und der niederländische Journalist Ekke Overbeek in dem Buch Maxima Culpa – Jean Paweł wiedział („Maxima Culpa – Johannes Paul II. wusste“) erhoben, erhebliche Schwächen und sogar mögliche bewusste Manipulationen in der Erzählung der beiden Journalisten auf.
Fragile Anschuldigungen bei genauerem Hinsehen…
Die Zweifel, die durch die „Beweise“ dafür aufgeworfen werden, dass der Krakauer Erzbischof Karol Wojtyła Fälle von Pädophilie vertuscht und pädophile Priester geschützt haben soll, sind zahlreich, und hier sollen nur einige der wichtigsten genannt werden.
Gutowski legt in seinem Dokumentarfilm die Tätigkeit von drei Priestern dar, die des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt werden. Das zentrale Stück, das zum ersten Mal beweisen soll, dass Erzbischof Wojtyła zu jenen Bischöfen der katholischen Kirche gehöre, die pädophile Priester gedeckt und geschützt haben, ist ein Brief, den er 1972 an den Wiener Erzbischof König richtete, um ihm Abbé Bolesław Saduś zu empfehlen, einen Priester, der als Freund Wojtyłas dargestellt wurde und sich an jungen Burschen vergangen haben soll. Doch was ist hier mit „jungen Burschen“ gemeint? Selbst für die kommunistische Geheimpolizei SB (Służba Bezpieczeństwa – Sicherheitsdienst), die jeden katholischen Priester genau beobachtete und Saduś zu einem „inoffiziellen Mitarbeiter“ (tajny współpracownik, TW), also einem Informanten, gemacht hatte, indem sie ihn aufgrund seiner Eskapaden erpresste, war nur von homosexuellen Beziehungen die Rede, nicht von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige. Und nie geben der TVN-Reporter und seine Gesprächspartner das Alter der Opfer auch nur annähernd an, auch nicht, als Gutowski den Bruder eines mutmaßlichen Opfers befragt, der damals selbst bei der Miliz Anzeige gegen Saduś erstattet hatte.
Nachdem der Journalist der Tageszeitung Rzeczpospolita (die man in Polen als zentristische Zeitung bzw. als Zeitung der gemäßigten Opposition zur PiS bezeichnen könnte), Tomasz Krzyżak, den gesamten Dokumentarfilm von Gutowski gesehen hat, in dem er in einigen Sequenzen selbst befragt wird, der zusammen mit seinem Kollegen Piotr Litka als erster Karol Wojtyłas Haltung gegenüber pädophilen Priestern untersuchte, als er an der Spitze der Diözese Krakau war, ging zum IPN, um die Akte Bolesław Saduś’ zu überprüfen. Vor einigen Tagen äußerte er sich dazu wie folgt:
„Wir hatten diese Unterlagen zuvor nicht studiert und beschlossen, sie zu überprüfen. Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Anhand der Dokumente, auf die sowohl Marcin Gutowski als auch Ekke Overbeek ihre Schlussfolgerungen gestützt haben, kann man nicht die These aufstellen, dass Kardinal Karol Wojtyła Pfarrer Saduś nach Österreich geschickt habe, um die Tatsache zu verbergen, dass er Kinder sexuell missbrauchte. (…) Es gibt nicht einmal Gewissheit darüber, dass Abbé Saduś pädophile Handlungen begangen habe. Die Dokumente besagen lediglich, dass er homosexuelle Neigungen hatte. Die Geheimpolizei wusste das und unter anderem deshalb wurde er enger an die Geheimpolizei gebunden, obwohl er mit einer kurzen Pause seit 1949 ein Informant war und es auch blieb, nachdem er Polen Ende 1972 verlassen hatte“.
Der Journalist sah zwar die Erwähnung eines Minderjährigen in den Dokumenten, aber diese Erwähnung findet sich in einer Notiz, die Anfang 1979 (Johannes Paul II. war seit Oktober 1978 Papst) erstellt wurde, also mehr als sechs Jahre nach Saduś’ Abreise nach Österreich, einem Land, in dem Gutowski übrigens keine Spur von irgendeinem pädophilen oder sogar sexuellen Skandal im Zusammenhang mit diesem Saduś gefunden hat. Außerdem wurde die von einem SB-Offizier 1979 erstellte Notiz auf Ersuchen von Oberst Zenon Płatek, dem Leiter der Abteilung des Innenministeriums, die für Operationen zur Zersetzung der katholischen Kirche zuständig war, angefertigt. Tomasz Krzyżak: „Auf Płateks Befehl wurde sechs Jahre nach der Abreise von Abbé Saduś und zweieinhalb Monate, nachdem Karol Wojtyła Papst geworden war, eine Notiz angefertigt, in der zu lesen ist, dass Abbé Saduś ‚minderjährige Jungen verderbte‘ und dass Kardinal Wojtyła ihm erlaubt hätte, schnell ins Ausland zu fliehen. (…) Ich weiß nicht, warum die Autoren [Gutowski und Overbeek] den Namen Płatek nicht bemerkt und die Daten nicht miteinander in Verbindung gebracht haben. Ich würde gerne glauben, dass es einfach aus Unwissenheit über die Geschichte geschah“.
Krzyżak konnte außerdem feststellen, dass die Entscheidung über Saduś’ Abreise ins Ausland entgegen der von Gutowski und Overbeek vertretenen These nicht urplötzlich war, da er „seinem verantwortlichen Offizier [der damit beauftragt war, Informationen zu sammeln, die er an die SB lieferte] im Dezember 1971 von seiner Abreise ins Ausland erzählt hatte“.
Zu geringe Strafen für pädophile Priester
Nun ist der Vorwurf der Autoren bezüglich Saduś zentral, denn für die beiden anderen erwähnten Priester, die tatsächlich pädophil waren, haben sie keinen so unwiderlegbaren Beweis gefunden wie den, den sie bezüglich Saduś behaupten, dass der zukünftige Johannes Paul II. versucht habe, ihre Verbrechen zu vertuschen. Man kann ihm höchstens vorwerfen, dass er keine ausreichend harten Sanktionen ergriffen habe: Einer von zwei anderen Priestern, der von der Diözese Lubaczów abgestellt worden war, wurde dorthin mit einem Brief Wojtyłas an den dortigen Bischof zurückgeschickt, in dem er ihn über die Gründe für die Entlassung des Priesters informierte. Dieser durfte danach leider bis zu seinem Tod im Jahr 2008 praktizieren und brachte weitere Opfer hervor, doch die persönliche Verantwortung Karol Wojtyłas ist hier sehr fraglich. Der andere pädophile Priester wurde von der Ziviljustiz verurteilt und von Wojtyła nach seiner Freilassung in ein Kloster geschickt, mit dem Verbot, Kontakt zu Kindern zu haben. In seinem Fall kann man eine gewisse Langsamkeit der Reaktion und eine zu milde Bestrafung kritisieren, da der Priester trotzdem frei herumlaufen durfte und einige Jahre später wieder in einer Pfarrei arbeiten durfte, nur mit dem Verbot, Katechismus zu unterrichten, aber dies entspricht leider den Standards der damaligen Zeit, in der selbst die Strafen, die von kommunistischen Gerichten für diese Art von Taten verhängt wurden, übermäßig mild waren (der betreffende Priester verbrachte kaum mehr als ein Jahr im Gefängnis). Es war die Zeit, in der beispielsweise in Frankreich führende linksgerichtete Zeitungen wie Le Monde und Libération offen zur Legalisierung der Pädophilie aufriefen und in Deutschland die Grünen Pädophilie offen propagierten – und manche schamlos praktizierten –, während die ILGA, die internationale Organisation der Homosexuellen-Lobby, Organisationen in ihren Reihen hatte, die für die Legalisierung der Pädophilie lobbyierten.
Der Kontext der kommunistischen Diktatur
Um den besonderen Kontext der kommunistischen Diktatur in Polen zu verstehen, in dem die Geheimpolizei im Rahmen ihres Kampfes gegen die Kirche manchmal künstliche Anschuldigungen pädophiler Handlungen gegen Priester schuf, was die Aufgabe der Bischöfe angesichts solcher Anschuldigungen noch komplizierter machte, sei hier die am 12. März veröffentlichte Aussage von Pater Jerzy Smyk zitiert, der als Seminarist in der Diözese Krakau tätig war, als der spätere Johannes Paul II. dort Erzbischof war, wie folgt:
„Sie haben mich registriert, als ich ein Teenager war. Ich war 19 Jahre alt und hatte gerade das Schlesische Theologische Oberseminar (WŚSD) in Krakau besucht. Sie begannen, mir zu folgen. Vor zwei Jahren nahm mich das IPN in den ‚Katalog der Personen, die unter Beobachtung gestanden hatten‘ auf. Sie hatten Informationen über mich gesammelt. Die Geheimpolizei besuchte den Direktor meiner Sekundarschule durch, der auch mein Polnischlehrer war. Ich war Preisträger eines Wettbewerbs (Polnisch-Wettbewerb, 2. in Schlesien, 6. in Polen), also verfolgten sie alle, von denen sie vermuteten, dass sie bei meiner religiösen Wende geholfen hatten. Das war unglücklich, ich war auf die schiefe Bahn geraten und sie wollten mich zurückholen. Während des ersten Semesters meines Studiums am WŚSD degradierten die Partei und die Geheimpolizei meinen Vater, der Leiter der Arbeits- und Lohnabteilung in der Kohlegrube Anna war. Sie sagten ihm, dass er mit seiner schlechten Erziehung seinen Sohn ins Priesterseminar gebracht habe, aber er habe noch eine Chance, er könne mich da rausholen und sie würden dafür sorgen, dass ich in Leningrad oder Moskau studiere. Mein Vater antwortete, dass in unserer Familie nach dem 18. Lebensjahr jeder seinen eigenen Weg wähle. Sie zerstörten seine Karriere sowie seine Gesundheit und unsere Familie wurde finanziell hart getroffen. Doch dann verstand ich, wer mein Vater war. Im Priesterseminar in Krakau versuchten sie, in jedem Studienjahr einen Agenten zu platzieren. Wir wussten, dass sie unter uns waren, aber wir wussten nicht, wer [sie waren]. Tatsächlich wurden sie von unseren Vorgesetzten entlarvt, aber ich weiß nicht, ob einer von ihnen zum Priester geweiht wurde. Ich hoffe nicht. Ein Agent aus meinem Jahrgang war fünf Semester lang – also zweieinhalb Jahre lang – bei uns. Wir halfen ihm bei der Vorbereitung auf seine Prüfungen und dachten, dass er einfach intellektuell schwächer war. Sie organisierten Aktionen mit Diebstahl, Alkohol, Fotos mit Mädchen etc. Während der gesamten Zeit meines Studiums (1972-1979) war Wojtyła das Zentrum des Widerstands in Krakau gegen alle Dämonen des Kommunismus. Ich erinnere mich an seine unglaublich mutigen Predigten vor den Altären, die zu Fronleichnam in Krakau aufgebaut wurden, nicht in der Kirche, sondern im offenen Raum der Stadt. Er war das Objekt ihres besonderen Hasses, wir hatten Angst um ihn. Nach meiner Priesterweihe in den 1980er Jahren hatte ich Agenten in den Seelsorgegruppen für Jugendliche, Arbeiter und Angehörige der Intelligenz, die ich leitete. Das war in Chorzów-Batory [Bismarckhütte]. Sie führten Sabotageaktionen durch, überwachten, denunzierten und lösten die Schrauben in den Rädern meines Fiat 126. Es war die Zeit der Priestermorde (Popiełuszko und andere). Das ist es, was ich zu den aktuellen massiven Angriffen, d.h. zu den Denunziationen der Agenten der kommunistischen Geheimpolizei gegen Wojtyła zu sagen hätte.“
Overbeek scheint es besonders an Ernsthaftigkeit zu fehlen…
Ekke Overbeek, der Autor des Buches Maxima Culpa – Johannes Paul II. wusste, der diese Zeit in Osteuropa nicht erlebt hat und sie offenbar schlecht versteht (jedenfalls werfen ihm das führende Historiker vor), zeigt seinerseits ein großes Vertrauen in die Dokumente der Geheimpolizei des kommunistischen Regimes und behauptet sogar, dass die katholische Kirche und die kommunistische Geheimpolizei damals ein gemeinsames Interesse hatten: pädophile Priester zu schützen. Es sei angemerkt, dass derselbe Overbeek, wie auf der Internetseite des Observatoire du Journalisme (OJIM) zu lesen ist, „in der Vergangenheit die Person von Marek Lisiński, einem (rechtskräftig verurteilten) Erpresser, gefördert hatte, der sich als ehemaliges Opfer eines pädophilen Priesters ausgab und den Overbeek, wahrscheinlich nicht wissend, dass er es mit einem Lügner zu tun hatte, dazu gedrängt hatte, die Stiftung ‚Keine Angst‘ (Nie Lękajcie Się) zu gründen, um Opfern pädophiler Priester Hilfe zukommen zu lassen“.
Johannes Paul II. wegen homosexueller Beziehung mit Kardinal Sapieha angeklagt?
Ein weiterer vom Observatoire du Journalisme angesprochener Punkt betrifft die von Gutowski und dem Sender TVN erhobenen Anschuldigungen gegen Kardinal Adam Sapieha, eine Figur des polnischen Katholizismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aufgrund seiner adligen Herkunft und seiner Haltung gegenüber den deutschen Besatzern während des Zweiten Weltkriegs (er hatte unter anderem Priester angewiesen, Juden falsche Taufscheine auszustellen) und seines engagierten Antikommunismus unter der sowjetischen Besatzung nach dem Krieg „der unbeugsame Fürst“ (książę niezłomny) genannt, war Erzbischof Sapieha der Mentor des späteren Johannes Paul II, den er während des Krieges in einem geheimen Seminar ausgebildet und 1946 zum Priester geweiht hatte. Sapieha soll laut Gutowski ein aktiver Homosexueller und ein sexuelles Raubtier gegenüber seinen Seminaristen gewesen sein:
„Ein Schwachpunkt von Gutowskis Dokumentarfilm fällt auch schon in den ersten Minuten auf, der fast schon das Prädikat Manipulation verdienen würde. Um die These zu untermauern, dass Karol Wojtyła pädophile Priester gedeckt habe, erklärt uns der Dokumentarfilm nämlich, dass Kardinal Adam Stefan Sapieha (1867-1951), 1926-1951 Erzbischof von Krakau, ein Homosexueller gewesen sei und Seminaristen sexuell belästigt habe, zu denen zeitweise auch der spätere Johannes Paul II. Gehört habe, der sogar ein wenig Sapiehas Schützling gewesen sei (eine sexuelle Beziehung zwischen Erzbischof Sapieha und dem jungen Karol Wojtyła wird sogar angedeutet, ohne jedoch klar ausgesprochen zu werden). Der Autor, Marcin Gutowski, räumt ein: Einer der beiden Priester, die Sapieha in den SB-Dokumenten belasten, ist nicht unbedingt glaubwürdig, da er selbst homosexuell und ein bekannter Pädophiler ist. Er vergisst jedoch zu erwähnen, dass er von Bischof Sapieha suspendiert worden war und daher Grund hatte, sich durch das Erzählen von Geschichten gegenüber der SB rächen zu wollen. Er vergisst auch zu erwähnen, dass die Aussagen des anderen Priesters, einer glaubwürdigeren Figur, unter Folter erlangt worden waren. Ein weiteres Versäumnis, das gerade zu Beginn des Dokumentarfilms auftritt, ist die Wiedergabe der Aufzeichnung eines Telefongesprächs mit Rembert Weakland, dem 94-jährigen ehemaligen Erzbischof von Milwaukee und früheren Oberen des Benediktinerordens in den USA, der versichert, in Polen von einem hochrangigen homosexuellen Bischof gehört zu haben, der Seminaristen angegriffen habe, und den wir als Sapieha verstehen sollen: Gutowski gibt nicht an, dass Weakland, den er als Autorität darstellt, im Jahr 2002 Johannes Paul II. seinen Rücktritt einreichte, nachdem seine Erzdiözese 450.000 Dollar an eines seiner Opfer – einen Seminaristen – zahlen musste, um einen Prozess zu vermeiden, dass er ein bekennender Homosexueller war (2009 offiziell geoutet), bzw. dass es heute erwiesen ist, dass er selbst mehrere Seminaristen sexuell missbraucht hat, und dass er lange Zeit Pädophiliefälle vertuscht und pädophile Priester in seiner Erzdiözese gedeckt hat.“
Ein weiterer Hinweis auf Overbeeks mangelnde Seriosität und Voreingenommenheit
Ein Kommentar des Autors von Maxima Culpa – Johannes Paul II. wusste Bescheid, der in der TVN-Dokumentation gemacht wurde, spricht besonders Bände. Der niederländische Journalist erklärt vor Gutowskis Kamera, dass er zusätzlich zu seinen Recherchen in den im IPN aufbewahrten Dokumenten zwei mutmaßliche Opfer der angeblich pädophilen Handlungen von Abbé Bolesław Saduś getroffen habe, diese Opfer aber nicht mit ihm darüber sprechen wollten: „Ich habe mit zwei Männern gesprochen, von denen ich denke, dass sie möglicherweise sexuell missbraucht worden waren, aber sie wollen nicht darüber sprechen. Diese Geschichte ist in Krakau bekannt, weil ich im Internet einige Erwähnungen darüber gefunden habe. Aber wenn man die Leute dann aufspürt, wollen sie nicht reden. Es ist ein schwieriges Thema“. In dem Dokumentarfilm ist nichts weiter über die von Overbeek gesammelten Zeugenaussagen von Saduś-Opfern zu hören, was zu bestätigen scheint, dass er sein Buch hauptsächlich auf die im IPN zugänglichen Archive der Geheimpolizei gestützt habe.
Ebenfalls gibt es in Gutowskis Dokumentarfilm nur einen einzigen Zeugen, der versichert, Erzbischof Wojtyła persönlich über die Untaten eines dieser pädophilen Priester informiert zu haben, ohne dass es eine angemessene Reaktion des Erzbischofs gegeben hätte. Dieser Zeuge, der kein Opfer ist, entschied sich jedoch dafür, anonym auszusagen. Was ist der Grund dafür? Angesichts der Manipulationen und objektiven Lücken in diesem Dokumentarfilm, der vom Fernsehsender TVN ausgestrahlt wurde, sind Zweifel angebracht…