Ukraine/Ungarn – Seit einiger Zeit belastet eine neue Affäre die ohnehin schon gespannten Beziehungen zwischen der Ukraine und Ungarn, die dies nicht wirklich nötig hatten.
Während die große Mehrheit der europäischen und westlichen Staaten sich im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland auf die Seite der Ukraine gestellt hat, wiederholt Ungarn – dessen Spannungen mit der Ukraine, insbesondere wegen der ungarischen Minderheit in Subkarpatien, nicht erst seit gestern bestehen – in allen Tonlagen, dass der Krieg beendet werden müsse, anstatt Kiew militärisch zu unterstützen. Darüber hinaus ist Ungarn trotz des Embargos gegen Russland eines der wenigen europäischen Länder, das russisches Öl über die Druschba-Pipeline [Freundschaft, AdÜ.] kaufen darf, die durch die Ukraine verläuft.
Vor diesem Hintergrund enthüllte die Washington Post am 13. Mai, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut US-Abhörprotokollen, die „die aggressiven Instinkte des ukrainischen Führers offenbaren“, nicht nur ernsthaft erwogen habe, „Schläge in Russland zu führen“, insbesondere auf Rostow am Don, und sogar „russische Grenzstädte zu besetzen“ – und damit von einem Defensivkrieg – gegen Russland, das die Ukraine am 24. Februar 2022 militärisch angriff – zu einem Offensivkrieg gegen Russland überzugehen, sondern auch – und das sorgte eben in Budapest für Aufregung –
„die von den Sowjets errichtete Druschba-Pipeline, die Ungarn mit Öl versorgt, in die Luft zu sprengen“.
Ebenfalls laut der Washington Post soll Wolodymyr Selenskyj außerdem gesagt haben, dass
„die Ukraine einfach die Pipeline sprengen und die Industrie des ungarischen [Ministerpräsidenten] Viktor Orbán, die stark auf russischem Öl basiert, zerstören sollte“.
Während Kiew die Äußerungen, die Wolodymyr Selenskyj in diesem Zusammenhang unterstellt wurden, strikt dementierte und als „Fantasie“ bezeichnete, reagierte der ungarische Staatssekretär für internationale Kommunikation, Zoltán Kovács, fragend auf Twitter:
„Wie ist es möglich, dass die Ukraine ein Komplott gegen ein NATO-Land schmiedet?“
Darüber hinaus enthüllte die Budapester Tageszeitung Magyar Nemzet am 17. Mai, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, den Ukrainern vorgeschlagen habe, den Ungarn als Reaktion auf deren Haltung zum ukrainischen Getreide den Hahn für russisches Öl zuzudrehen:
„Wenn dies die Haltung der Ungarn ist, sollten sie [die Ukrainer, AdR.] sich frei fühlen, die Öllieferungen nach Ungarn über [die Pipeline] Druschba zu stoppen.“
Dieser Vorwurf wurde allerdings von der Präsidentin der Europäischen Kommission in einer Antwort auf Fragen von Telex, dem Hauptmedium der ungarischen Opposition, zurückgewiesen.