Polen – Vor allem Polen, aber auch Ungarn und Slowenien standen am Mittwoch und Donnerstag im Mittelpunkt der Kritik im Europaparlament. Die drei mitteleuropäischen Länder, die von Konservativen regiert werden, waren Gegenstand einer Debatte über Medienfreiheit. Die ersten beiden, und insbesondere Polen mit seinen „LGBT-freien“ Gebietskörperschaften, waren auch unmittelbar Ziel der „Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. März 2021 zur Ausrufung der EU zum Freiheitsraum für LGBTIQ-Personen“. Das Wort „Polen“ kommt 14mal vor, das Wort „Ungarn“ dreimal. Jedes Mal geht es darum, Vorwürfe gegen diese beiden Länder zu wiederholen. Es ist daher klar, dass diese Proklamation des Europaparlaments, deren Wert nur symbolisch ist, vor allem eine weitere Resolution gegen Polen und Ungarn ist.
Im Briefing vom 4. März, das die Abstimmung am 11. ankündigte, hieß es bereits: „In einer Debatte am Mittwoch und Abstimmung am Donnerstag wollen die Abgeordneten erwartungsgemäß die EU zum ‚LGBTIQ-Freiheitsraum’ erklären, als Antwort auf ‚LGBTIQ-freie Zonen’ in Polen.“ Nach einer langen Litanei von „Erwägungsgründen“, in denen erklärt wird, wie schlimm es vor allem in Polen und auch ein bisschen in Ungarn ist und wie LGBT-Personen dort diskriminiert werden, erklärt das Europäische Parlament also die Europäische Union zum LGBTIQ-Freiheitsraum’“.
Es ist festzustellen, dass das Europaparlament selbst in seinen Plenardebatten und Entschließungen weiterhin die von den Medien verbreitete Geschichte von polnischen Gebieten wiedergibt, in denen LGBT-Personen verboten oder zumindest stark diskriminiert werden. Der Begriff „LGBT-freie Zonen“ oder „LGBTI-freie Zonen“ wird in der am Donnerstag vom Europaparlament verabschiedeten Resolution sechsmal verwendet. Diese „LGBT-freien Zonen“ sind eine notorische Fake News, die schon mehrmals dementiert wurde, und zwar sogar von polnischen Gerichten, die, wegen der geringen Sympathie, die sie für die PiS-Regierung haben (die sicherlich nicht der Urheber der Erklärungen gegen die LGBT-Ideologie oder für die Familienrechte ist, die von hundert lokalen Behörden verabschiedet wurden), lehnte in der Mehrzahl der Fälle die Anträge des Ombudsmanns Adam Bodnar gegen diese Erklärungen ab und stellte fest, dass die Erklärungen der lokalen Behörden nicht zur Diskriminierung einer Minderheit aufriefen.
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Für weitere Informationen über den Ursprung und die Art der inkriminierten Aussagen der polnischen lokalen Behörden,
siehe: „In Polen wird die LGBT-Ideologie von manchen Gebietskörperschaften ‚verbannt’“.
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Man könnte angesichts der zahlreichen Angriffe auf polnische Katholiken durch LGBT- oder Abtreibungsaktivisten in den letzten Jahren auch fragen, warum das Europaparlament dann nicht auch die EU zu einem „Freiheitsraum für Katholiken“ erklären sollte?
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Siehe zu diesem Thema:
– Offensive der LGBT-Internationale im katholischen Polen
– In der Abtreibungsfrage herrscht in Polen „Krieg“
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Um jegliche Diskriminierung zu vermeiden, sollten wir natürlich auch an alle anderen möglichen Minderheiten denken, die in der EU leben, um die EU auch für diese Menschen zu einem Freiheitsraum zu erklären. Doch dazu wird es nicht kommen, da eine Mehrheit der Abgeordneten den Änderungsantrag der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR), in der die polnische PiS sitzt, abgelehnt hat, den Begriff eines Freiheitsraums für LGBTIQ-Menschen durch „einen Freiheitsraum für alle“ zu ersetzen, der „unabhängig von Rasse, Hautfarbe, ethnischer oder sozialer Herkunft, genetischen Merkmalen, Sprache, Religion oder Weltanschauung, politische oder sonstige Meinungen, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, sexuelle Orientierung, Vermögen, Geburt, Behinderung, Alter oder Geschlecht [einen] einen Raum [bilde], wo Familien besonderen Schutz genießen und wo die Achtung der Menschenwürde, der demokratischen Entscheidungen und der Gleichheit vor dem Gesetz und den Menschenrechten gewährleistet“ sei.
Schließlich wurde die LGBTIQ-only-Resolution, in der Polen und in geringerem Maße auch Ungarn beschuldigt wurden, mit 492 Ja-Stimmen gegen 141 Nein-Stimmen und 46 Enthaltungen angenommen. Wie erwartet und wie es im Europaparlament bei gesellschaftlichen Themen üblich ist, stimmten die EVP-, die Renew Europe und die S&D-Fraktion zusammen mit der äußersten Linken mit überwältigender Mehrheit dafür, während die EKR- und die ID-Fraktion mit überwältigender Mehrheit dagegen stimmten (siehe die detaillierte Abstimmungsergebnisse zur Entschließung mit den Namen Ihrer Abgeordneten auf den Seiten 243 und 244 dieses Dokuments – Symbol „+“ für Ja-Stimmen, „-„ für Nein-Stimmen und „0“ für Enthaltungen).
Im Hinblick auf die Reden, die der Abstimmung vorausgingen, ist eine davon besonders erwähnenswert, weil sie das Ausmaß widerspiegelt, in dem das Europaparlament heute jeder Medienmanipulation ausgeliefert zu sein scheint. Es handelt sich um die Rede der spanischen sozialistischen Europaabgeordneten Iratxe García Perez für die S&D-Fraktion, die von der Tribüne des Europaparlaments aus sagte: „Herr Kaczyński, Herr Orbán, keine Ideologie kann es rechtfertigen, Schilder mit Botschaften in verschiedenen Sprachen aufzustellen, die die Diskriminierung sexueller Identitäten fördern.“
Vielleicht sollte irgendeine gute Seele im Europaparlament dieser armen Abgeordneten von der anderen Seite Europas (im Bezug auf Polen) noch einmal erklären, dass diese Schilder mit der Aufschrift „LGBT-freie Zone“ in mehreren Sprachen, die am Eingang einiger polnischer Gemeinden angebracht wurden, von dem LGBT-Aktivisten Bart Staszewski und zwar nur so lange aufgestellt wurden, während er die Fotos hinter den Fake-News von „LGBT-freien Zonen“ in Polen knipste. Staszewski bekannte sich vor über einem Jahr zur dieser Aktion, mit der er gegen die von diesen Gemeinden verabschiedeten Erklärungen zu protestieren gedachte, aber diese Information hat Frau García Perez offensichtlich noch nicht erreicht, es sei denn, sie lüge dann absichtlich.
Patryk Jaki von der EKR-Fraktion reagierte auf die Anschuldigungen und zeigte auf, wie die progressistische/libertäre Mehrheit, die das Europaparlament beherrscht, Gräben innerhalb der EU aushebt, indem sie der gesamten EU eine bestimmte Ideologie aufzwingen will: „Natürlich gibt es in Polen keine LGBT-freien Zonen, aber um Ihre wahren Absichten zu überprüfen, habe ich einen Änderungsantrag eingereicht, dass die Europäische Union nicht nur eine freie Zone für LGBT-Personen sei, sondern für alle, unabhängig von Religion, Glaube oder Hautfarbe. Dennoch lehnen Sie dies ab. Das liegt daran, dass Sie nicht an Toleranz interessiert sind. Dies ist ein Angriff von linken Aktivisten auf traditionelle Werte. Wieder einmal können wir in dieser Versammlung das koloniale Denken sehen, dass Ihre Kultur besser sei als die polnische. Aber schauen Sie sich Ihre Statistiken an: Es stellt sich heraus, dass es in Polen weniger Angriffe auf LGBT-Menschen gibt als in Ihren progressistischen Niederlanden, Belgien oder Deutschland. Homosexualität wurde in Polen nie bestraft, während sie in Ihren Ländern bestraft wurde. Und schließlich gibt es in Polen mehr Frauen in Führungspositionen als in Ihren Ländern. Vielleicht ist diese traditionelle Kultur also nicht schlechter als Ihr neues Social Engineering.“
Das Schlusswort seines Landsmanns Ryszard Legutko (ebenfalls aus der EKR-Fraktion) – Professor für Philosophie, Autor u.a. des Buches Der Dämon der Demokratie –, der kürzlich in der französischen Tageszeitung Le Figaro beklagte, dass „die Konservativen in Europa vollkommen kapituliert haben“, lautet: „Der vom Parlament ausgearbeitete Text ist absurd und zeigt, dass diese Versammlung zu einer riesigen ideologischen Maschine geworden ist, die um jeden Preis einen neuen Menschen in der EU schaffen will, und zwar sogar unter Verletzung des Gesetzes (…). Was die Fakten anbelangt, überprüfen Sie die OSZE-Daten zu Hassverbrechen, insbesondere im Bezug auf die Angriffe auf Homosexuelle. In welchen Ländern ist diese Zahl am höchsten? Daten für 2019: in den Niederlanden: 574 Fälle, in Deutschland: 248 Fälle, in Belgien: 163. In welchen Ländern ist diese Zahl am niedrigsten? In Litauen sind es 2 Fälle, in Polen 16. Vielleicht sollten Sie hier also über Deutschland und Belgien sprechen, und nicht über Polen und andere osteuropäische Länder. Die westeuropäischen Länder übertreffen sich gegenseitig in ideologischen Aktionen, sie füttern ihre Säuglinge von der Krippe an mit Gender und Gender-Fluidität. Ideologische Kommissare sind in Schulen, Medien und Unternehmen permanent präsent. (…) Lasst die Menschen leben, macht keine Revolution, macht die Union zu einer freien Zone für den gesunden Menschenverstand.“