Exklusiv-Interview mit Tymoteusz Zych, Rektor der neuen Privatuniversität Collegium Intermarium.
Das Ende Mai eingeweihte Collegium Intermarium hat einen ersten Erfolg zu verbuchen: Mehrere linke Medien haben es heftig angegriffen und ihm eine Aufmerksamkeit gewidmet, die schon eine Form der Anerkennung ist. Auf der Internetseite der Universität heißt es: „Das Collegium Intermarium wurde als Antwort auf die Krise des universitären Lebens gegründet. In einer Zeit, in der der Sinn für Ordnung, Zweck und Bedeutung schwindet, hat unser College einen festen Bezugspunkt: die unveränderlichen Ideen des Wahren, Guten und Schönen.“
Der promovierte Jurist Tymoteusz Zych ist auch Rechtsberater, Universitätsdozent, Vizepräsident des Instituts für Rechtskultur Ordo Iuris und Vizepräsident der Konföderation der Nichtregierungsinitiativen der Republik Polen.
Olivier Bault: Was ist dieses Collegium Intermarium, dessen Eröffnungskonferenz am 28. Mai stattfand? Warum dieser Name?
Tymoteusz Zych: Es ist eine neue Universität, die die Eliten Mitteleuropas, der Region des „Zwischenmeeres“, lateinisch Intermarium, d.h. des Gebietes zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer, zusammenbringen soll. Diese Universität sollte ein Raum der freien Debatte sein, ein Raum der ernsthaften akademischen Arbeit für alle, die sich der Welt der klassischen Werte nahe fühlen.
Heute werden diese Menschen leider zunehmend von den Universitäten Westeuropas oder der Vereinigten Staaten gemieden, und das Phänomen der ideologischen Zensur, der Cancel Culture, wächst.
Das Collegium Intermarium kehrt zu der klassischen und ursprünglichen Idee der Universität zurück, die im Mittelalter verwurzelt ist und auf Transzendentalem, auf dem Schönen, dem Guten, dem Wahren, auf dem Beständigen beruht. Unser Projekt setzt die Möglichkeit einer freien und offenen Debatte darüber voraus, wie man diesen Transzendenzen nachgeht, das heißt, wie man nach der Wahrheit sucht.
Gleichzeitig bauen wir eine Universität auf, die auf die Krise in der Qualität der Hochschulbildung in unserem Teil der Welt antwortet. Wir wollen zurück zur direkten Beziehung zwischen Lehrer und Schüler. Wir wollen, dass diese Universität auf einem Tutorensystem basiere, d.h. auf einer direkten Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Schüler. Dieser Ansatz ist für uns absolut zentral. Unsere Universität wird ein hohes Bildungsniveau haben, und sie wird Rhetorik und Eristik auf klassische Weise lehren.
Schon heute ist das Collegium Intermarium eine der am stärksten internationalisierten Hochschulen in Mitteleuropa. Dazu haben wir nicht nur Menschen aus unserer Region, sondern auch aus Westeuropa und anderen Kontinenten eingeladen. Wir wollen, dass unsere Universität ein Ort für internationale Konferenzen zu zentralen Fragen der Zivilisation sei. Wir planen auch, Sommerkurse mit bedeutenden Denkern aus der ganzen Welt abzuhalten.
Olivier Bault: Wird es eine klassische Universität mit Frontalunterricht und Vorlesungen sein?
Tymoteusz Zych: Die Grund- und Aufbaustudiengänge werden hauptsächlich auf Präsenzunterricht basieren. Dies ist die beste Form des Unterrichts, wie jeder aus der Covid-Periode sehen kann, und wir sehen, wie es daran mangelt. Wir vermissen persönliche Treffen.
Aus offensichtlichen praktischen Gründen werden die Postgraduiertenkurse, einschließlich der internationalen Kurse, teilweise im Fernstudium durchgeführt. Der Teil im Präsenzunterricht wird in Warschau stattfinden, da dies eine Stadt mit guten internationalen Verbindungen ist. Was die Flugverbindungen anbelangt, denke ich, dass es ein idealer Ort für diese Art von Studium ist. Kurse vor Ort sind ebenfalls ein entscheidender Vorteil. Sie ermöglichen es Ihnen, ein Netzwerk von Kontakten, von Bekanntschaften zu schaffen, das über die Grenzen Ihres Landes hinausgeht. Eine solche Vernetzung ist bei Fernlehrgängen nicht möglich. Und damit wäre ein wesentliches Ziel unserer Universität nicht erreicht.
Deshalb versuchen wir, auch bei den internationalen Kursen – wir haben neben den nationalen und den Aufbaustudiengängen drei davon – darauf zu achten, dass zumindest ein Teil des Unterrichts als Präsenzunterricht stattfinde, damit man sich kennenlernen könne. Was unsere drei Kurse für internationale Studenten betrifft, so haben wir zunächst den LLM-Kurs (Master of Laws) über Menschenrechte.
Dies ist wahrscheinlich der erste Kurs dieser Art in Mitteleuropa, der sich auf das klassische Konzept der Menschenrechte bezieht, und nicht auf das seltsame Social Engineering, das heute umgesetzt wird
und in eine falsche Sprache der Menschenrechte verpackt ist. Unsere Menschenrechtssprache muss eine Sprache sein, die auf die Quellen zurückgeht, auf das, was in den verbindlichen Vereinbarungen steht, auf das, was in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht, und sich nicht unbedingt auf das konzentrieren, was nebensächlich und was ideologisch ist. Ich spreche von diesen sogenannten Menschenrechten, die heute von einigen internationalen Gremien geschaffen werden.
Unser LLM-Studiengang richtet sich auch an Beamte, Personen, die in der Diplomatie tätig sind, und Rechtspraktiker, denn unser grundlegendes, fundamentales Ziel ist es, Menschen mit Bewusstsein und praktischen Fähigkeiten vorzubereiten. Dieses Aufbaustudium kann in der Regel von jedem absolviert werden, der bereits ein anderes Studium – auch auf Undergraduate-Ebene – abgeschlossen hat, insbesondere von Juristen, aber auch von Menschen mit anderen Hintergründen.
Die prominentesten zeitgenössischen Denker auf dem Gebiet der Menschenrechte, wie Grégor Puppinck, Prinzessin Ingrid Detter von Frankopan, András Lanczi, Andreas Kinneging, werden in diesem Kurs referieren. Dies sind außergewöhnliche Menschen, die einen wichtigen wissenschaftlichen Hintergrund auf Weltebene haben. In diesem Bereich haben wir wirklich etwas, womit wir uns rühmen können. Kinneging ist einer der prominentesten konservativen Denker in den Niederlanden, Chantal Delsol, die an unserem Lehrplan mitarbeitet, ist wahrscheinlich die prominenteste französische konservative Denkerin. Prinzessin Frankopan ist auch im Kontext des Völkerrechts eine absolut herausragende Persönlichkeit.
Aber das ist nicht unser einziger Lehrplan. Dieser beginnt im Oktober, aber die Rekrutierung für zwei weitere internationale Kurse wird bald beginnen.
Dies wird ein Kurs im Management von Nichtregierungsorganisationen für alle sein, die das lernen wollen und vorhaben, selbst internationale Organisationen zu leiten und nicht nur von großen ausländischen Zuschüssen abhängig zu sein, wie sie von George Soros oder anderen großen Geldgebern finanziert werden.
Es geht darum, eine bestimmte Kultur des Fundraisings zu schaffen und eine Kultur des Managements dieser Organisationen. Dieser Lehrplan wird in englischer Sprache durchgeführt.
Es wird auch ein klassisches Bildungsstudiengang für Lehrer, Politiker etc. geben. Es wird Rhetorik und klassische Redekunst gelehrt. Es wird auch ein englischsprachiger Lehrplan für Führungskräfte der Zivilgesellschaft sein. Zu einem späteren Zeitpunkt planen wir die Einrichtung eines europaweit einzigartigen Kurses für Personen, die sich mit der Heimerziehung von Kindern beschäftigen.
Und zusätzlich Sommerschulprogramme, die nächstes Jahr beginnen. In diesem Herbst wird die Rekrutierung für eine Sommerschule, die erste ihrer Art, mit führenden Denkern bekannt gegeben. Wir gehen davon aus, dass dies ein subventionierter Kurs für Studenten aus der ganzen Welt sein wird, einschließlich europäischer Studenten, um sie zu vernetzen und sie zu Botschaftern für das Intermarium in anderen Teilen der Welt zu machen.
Darüber hinaus wird das Collegium Intermarium ein Ort sein, an dem Forschungsprogramme durchgeführt werden, die sich z.B. mit der europäischen Integration befassen, einschließlich der ökonomischen Rationalität und Legalität der laufenden Integrationsprozesse.
Das sind Fragen, mit denen sich im Moment niemand ernsthaft beschäftigt, und sie sind in ihrem Kern sehr problematisch. Es wird auch Forschung über die Familie und Demographie geben. All dies mit der Teilnahme von bedeutenden Wissenschaftlern aus verschiedenen Ländern.
Olivier Bault: Was glauben Sie, warum es Angriffe von links gibt? Ich selbst habe lange Artikel in der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza gelesen, die versuchen, dieses Collegium Intermarium, das im Entstehen ist, zu diskreditieren. Unter anderem wurde ihr vorgeworfen, vom Ordo Iuris Institut gegründet worden zu sein, das in den Augen der Linken „ultra-konservativ“ ist, da es Anwälte und Juristen mit Pro-Familien- und Pro-Life-Meinungen zusammenbringt. Wie erklären Sie sich diese Aggressivität, wenn die Universität ihre Kurse noch nicht begonnen hat?
Tymoteusz Zych: Diese Angriffe sind der Tatsache geschuldet, dass unsere Universität – im positiven Sinne – einen Riss im System erzeugt. Wir wollen eine Lösung für das Problem der Zensur in der öffentlichen Debatte bieten. Unsere Universität wird ein freies Forum für echte Debatten und den Austausch von Ideen zwischen führenden Akademikern aus ganz Europa sein. Dies kann von denen, die diese Debatte zensieren würden, als Bedrohung angesehen werden.
Wenn die Zensur an einer Stelle Risse bekommt, wenn ernsthafter geforscht werden kann, dann werden natürlich auch an anderen Stellen Risse entstehen.
Es wird dann nicht mehr möglich sein, das aktuelle System effektiv zu verteidigen. Es scheint mir, dass man die Bedeutung der Universität kaum überschätzen kann, nicht nur als eine bestimmte Institution, sondern auch als ein Ort der Inspiration und des Einflusses. Die Kritik an uns ist hysterisch und geht an der Substanz vorbei. In der Tat ist kein vernünftiger, gemessener Vorwurf oder Einwand gegen unsere Universität oder einen ihrer Dozenten erhoben worden. Jedenfalls ist mir bis heute kein solcher Einwand oder Vorwurf begegnet.
Olivier Bault: Wie wird das Collegium Intermarium finanziert? Müssen Studenten Gebühren zahlen? Wird es auch durch verschiedene öffentliche Zuschüsse finanziert, oder wird es hauptsächlich durch den Ordo Iuris finanziert? Woher wollen Sie das Geld nehmen?
Tymoteusz Zych: Die Finanzierung des Collegium Intermarium ist vielfältig. Es war eine private Stiftung, die das Startkapital für diese neue Universität bereitstellte. Unser Spender ist Paweł Witaszek, der tatsächlich an unserer Gründungskonferenz teilgenommen hat, aber er ist nicht Eigentümer des Collegium Intermarium. Das Collegium ist im Besitz einer Stiftung, die einen öffentlichen Zweck verfolgt und deren Präsident ich bin. Wir werden bereits von neuen Spendern angesprochen, um Stipendien für die besten Studenten zu finanzieren. Das sind Stipendien der polnisch-amerikanischen Gemeinschaft, Stipendien der Polish American Foundation for Economic Education and Development. Es gibt auch polnische Spender, die ihren Namen für Stipendien zur Verfügung stellen wollen. Es handelt sich um eine bestimmte Organisationskultur, die die Strukturen amerikanischer Universitäten imitiert, die ebenfalls von privaten Spendern unterstützt werden und so das Studium der besten Studenten finanzieren, während andere Studenten ein bezahltes Studium absolvieren können.
Die Stiftung, die die Universität betreibt, hat auch einen Unterstützungszuschuss, gerade für die Entwicklung des Fundraisings, vom Nationalen Institut für Freiheit, dem Narodowy Instytut Wolności, erhalten, das eine öffentliche Einrichtung ist. Als Hochschuleinrichtung ist das Collegium Intermarium offen für die Finanzierung durch die öffentliche Hand, im Gegensatz zum Ordo Iuris Institut, das seine Aktivitäten ausschließlich auf private Mittel stützt.
Was wir nicht wollen, ist, dass öffentliche Mittel unsere Haupteinnahmequelle seien. Es ist uns wichtig, dass das Kernkapital unserer Universität von privaten Spendern stammt und damit unabhängig von politischen Entwicklungen sei.
Olivier Bault: Kann man mit Blick auf die aktuelle politische Situation sagen, dass die Gründung des Collegium Intermarium im Einklang mit den Ankündigungen von Bildungsminister Przemysław Czarnek steht, eine Gegenrevolution im Bildungswesen durchführen zu wollen? Glauben Sie, dass Polen andere Länder in der Region zu dieser Konterrevolution im Bildungswesen ermutigen will und dass in der gegenwärtigen politischen Konstellation das Collegium Intermarium zu einem der Instrumente dieser Strategie werden könnte?
Tymoteusz Zych: Vom Geist her entspricht das Collegium Intermarium dem Denken von Professor Czarnek. Tatsächlich hat er selbst dieses Projekt von Anfang an unterstützt und man könnte sogar sagen, dass er an seiner Entstehung beteiligt war. Er war einer der Professoren, die ursprünglich für unsere Universität geplant waren – bevor er Minister wurde –, als wir uns bei dem vorherigen Minister um die Zulassung bewarben. Natürlich stimmen wir mit diesen Aussagen überein und Minister Czarnek steht unserem Projekt nahe. Er ist ein Mensch, der die Probleme der Hochschulbildung richtig erkennt. Wir hoffen, dass viele Aktionen folgen werden. Wir sehen bereits die Entwicklung von sehr konkreten Projekten, die seine Ankündigungen umsetzen werden.
Ich möchte jedoch betonen, dass unsere Initiative nicht staatlich ist. Es ist keine Partei-Initiative, es ist keine Initiative, die sich auf eine politische Fraktion beschränkt, ganz im Gegenteil. Wir wollen, dass diese Initiative von Anfang an für verschiedene Horizonte offen sei. Sie sehen an unserer Eröffnungskonferenz, dass wir uns für alle Kreise öffnen, die in irgendeiner Weise in der traditionellen Wertewelt, im traditionellen Verständnis der Universität, im traditionellen Verständnis der öffentlichen Debatte verwurzelt sind.