Slowenien/Europäische Union – Das traditionelle Strategische Forum Bled (Bled Strategic Forum, BSF), das jedes Jahr im krainischen Luftkurort Veldes (Bled) in den slowenischen Alpen abgehalten wird, fand heuer vom 31. August bis zum 2. September statt. Die Konferenz, die eine Debatte über die Zukunft Europas zum Ziel hatte, bot verschiedenen europäischen Staats- und Regierungschefs die Gelegenheit, ihre – oft sehr unterschiedlichen – Visionen vor der Zukunft Europas vorzustellen, insbesondere in Bezug auf die Einwanderung und die EU-Erweiterung.
Die Zukunft Europas ist ohne den Westbalkan nicht denkbar
Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, sagte in seiner Eröffnungsrede: „Dieses Forum ist eine wichtige Veranstaltung für die Gespräche über Europa. Ich danke Ihnen, Herr Ministerpräsident, und dem slowenischen Ratsvorsitz dafür, dass Sie dem Forum dieses Jahr wenige Monate nach dem Start der Konferenz zur Zukunft Europas mehr Gewicht verliehen haben – einer europäische Zukunft, die ohne den Westbalkan undenkbar ist. Und in einem Monat wird ein Gipfeltreffen mit dem Westbalkan stattfinden. […]
Über die Zukunft Europas zu sprechen, kann heißen, darüber zu diskutieren, wie die EU in einer nicht allzu fernen Zukunft aussehen sollte, wer ihr angehören wird und wie sich die Beziehungen zu dem gesamten geografischen Raum Europas gestalten werden. Es kann auch heißen, über die Organisation und die Funktionsweise der EU zu sprechen.
[…] Die europäische Zukunft, über die ich reden möchte, ist unser Projekt der Werte und Freiheiten, unser Projekt des Wohlstands und unser Projekt des Einflusses…
Für eine Rückkehr zu den Wurzeln der europäischen Idee
Der slowenische Ministerpräsident Janez Janša ging in seiner Eröffnungsrede auf die grundlegenden Fragen ein und erklärte:
„Die Europäische Union muss zu ihren Wurzeln, zu den von ihren Gründervätern festgelegten Prinzipien zurückkehren, denn nur so kann sie ihre Einheit gewährleisten und gleichzeitig ihre Vielfalt bewahren.“
Gegen eine Wiederholung der Fehler von 2015
Die Befürchtung einer neuen unkontrollierten Einwanderungswelle nach Europa – wie 2015 – nach dem Fall Kabuls an die radikal-islamistischen Taliban, hat natürlich dazu geführt, dass die Migrantenfrage zu einem unvermeidlichen Thema dieses Gipfels wurde. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die bereit sind, die Fehler der Wir-schaffen-das-Politik von Angela Merkel zu wiederholen, die damals Hunderttausende von Migranten buchstäblich ermutigte, nach Deutschland und Europa zu kommen – mit all den Folgen, unter denen Europa noch heute und wahrscheinlich noch lange Zeit schwer zu leiden hat. So sagte der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, über die kommende Migrationskrise:
„Wir waren am gesamten Projekt und dem Einsatz in Afghanistan beteiligt. Jetzt müssen wir eine gemeinsame europäische Stimme finden und eine gemeinsame Botschaft senden. Europa muss seine Verantwortung wahrnehmen und gehört werden.“
Aus Fehlern der Vergangenheit lernen
Viele Regierungschefs waren jedoch bestrebt, einen diametral entgegengesetzten Standpunkt zu vertreten. So antwortete der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis Herrn Sassoli: „Wir müssen aus unseren Fehlern lernen. Und das, was 2015 geschah, war ein Fehler. […] Wir müssen die Migranten näher zu ihrer Heimat unterstützen“. Für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ist „die einzige Möglichkeit, damit die Europäische Union im Migrationsstreit nicht zerrissen werde, die Idee von Quoten und Ähnlichem aufzugeben und die Entscheidung wieder den einzelnen Mitgliedern zu überlassen […]
Ich war der erste, der sich 2015 gegen das von Martin Schulz vorgelegte Konzept ausgesprochen hat. Ich sagte, dass dieser Ansatz die kulturelle Identität Europas zerstören und eine Bedrohung für unsere Werte darstellen könnte. Diese Ansicht teile ich auch jetzt, wenn wir über Afghanistan sprechen“.
Derweil erinnerte der slowenische Ministerpräsident Janez Janša daran, dass „selbst unsere Hilfe für Flüchtlinge nicht dort ankommt, wo sie ankommen sollte, weil wir [aufgrund fehlender militärischer Mittel] kein sicheres Umfeld für sie schaffen können […]
Die Europäische Union braucht auch Hard Power, um als Soft Power wirksam zu sein, sonst geben wir nur Geld aus und reden bloß unter uns“.
Diese Positionen wurden von den anderen mitteleuropäischen Staats- und Regierungschefs weitgehend geteilt, so vom kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenković („Das ‚Wir-schaffen-das’ ist vorbei!“), vom tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš – in voller Übereinstimmung mit dessen Freund „Viktor“ – und vom slowakischen Ministerpräsidenten Eduard Heger.
Beitritt Serbiens zur Europäischen Union?
In der Frage der EU-Erweiterung sprachen sich die mitteleuropäischen Staats- und Regierungschefs erneut einhellig für den baldigen Beitritt Serbiens aus, dessen Präsident Alexander Vučić in Bled anwesend war und das Viktor Orbán als „Schlüsselstaat“ bezeichnete und zu dem Thema erklärte:
„Die Europäische Union braucht die Mitgliedschaft Serbiens mehr als Serbien selbst“.
Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš äußerte den Wunsch, den Schengen-Raum auf den westlichen Balkan auszuweiten: „Warum reden wir nicht über Schengen? Die Erweiterung des Schengen-Raums ist viel einfacher als die Erweiterung der Europäischen Union […]
Für die Sicherheit Europas sollten wir auch die Länder des westlichen Balkans in den Schengen-Raum einbeziehen, wenn sie die Bedingungen erfüllen. Serbien sollte zuerst dran kommen, weil es der illegalen Migration im Wege steht und sie aktiv bekämpft.“