Dieser Artikel ist am 6. Januar 2022 in der Magyar Nemzet erschienen.
Nach der Europäischen Union hat man in den USA begonnen, Viktor Orbán und die konservative Politik, die er vertritt, als Bezugspunkt zu betrachten. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass Donald Trump, der nach wie vor als die dominierende Persönlichkeit auf Seiten der Republikanischen Partei gilt, dem ungarischen Regierungschef vor allen anderen seine Unterstützung zusicherte, sondern auch daran, dass der ehemalige US-Präsident damit „ins Schwarze traf“: Obwohl sie dies natürlich im Kontext ihrer eigenen ideologischen Argumentation taten, fühlten sich alle wichtigen Presseorgane der liberalen Linken in den USA veranlasst, Trumps Erklärung zu kommentieren.
Donald Trump hat den Vertretern der liberalen Linken in den USA und ihren Meinungsbildnern eine gute Arbeitswoche beschert, indem er dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán seine „volle und uneingeschränkte Unterstützung“ bei seiner Wiederwahl aussprach. In seiner Erklärung vom Montag erklärte der ehemalige US-Präsident Folgendes:
„Der ungarische Regierungschef liebt sein Heimatland von ganzem Herzen und will Sicherheit für sein Volk.“
– Dies reichte aus, um nach der Veröffentlichung dieser Nachricht auf dem Twitter-Account seiner Wahlkampforganisation Save America (Trump hat immer noch keinen eigenen Account) von allen wichtigen US-Presseorganen aufgegriffen zu werden, die sie natürlich in den Kontext der ideologischen Tropismen des linksliberalen Mainstreams stellten. Die New York Times beispielsweise bemerkte in diesem Zusammenhang, dass Orbán dieses Jahr im April vor Neuwahlen steht, bei denen er sich mit einer Opposition messen muss, die „formal vereint ist, sich aber aus Parteien von außerordentlicher Vielfalt zusammensetzt“. Die Autoren (einer von ihnen ist übrigens ein ehemaliger Journalist der [liberalen ungarischen Oppositionsseite] 444.hu) fügen hinzu, dass
der ungarische Ministerpräsident „zum Vorbild für eine Politik der Identität und der Religion geworden ist, nicht nur in jenem Polen, das in der Europäischen Union sein wichtigster Verbündeter ist, sondern auch in den Vereinigten Staaten.“
Die gleiche Behauptung wird von der amerikanischen Ausgabe von Politico vertreten, die in ihrer Argumentation nicht vergisst, ihre Leser daran zu erinnern, dass ein bekannter Fox-News-Moderator, Tucker Carlson, im August auf Einladung des Mathias Corvinus Collegiums am MCC-Fest teilnahm und während seines Aufenthalts in Ungarn seine Sendungen in Budapest aufzeichnete. Und Politico fügte erklärend hinzu, dass,
„trotz der Unterminierung, der Orbán die demokratischen Institutionen unterwirft, prominente Figuren der amerikanischen extremen Rechten seinem Regime zu Hilfe geeilt sind“.
Und nicht nur die Tenöre der Mainstream-Medien konnten Trumps Erklärung nicht einfach übergehen: Unter anderem gab es eine Reaktion von Bernie Sanders, Senator aus Vermont und ehemaliger demokratischer Präsidentschaftskandidat, der Parallelen zwischen den Ereignissen in den USA und Ungarn sowie zwischen Trump und Orbán zog und auf Twitter Folgendes erklärte
„Trump will die gleiche Politik betreiben wie Orbán in Ungarn“.
„Die demokratischen Institutionen schwächen, die Pressefreiheit zügeln und die Wahlgesetze umschreiben, um den Einfluss seiner Partei auf das Land zu festigen. Die Gefahr, die der Demokratie droht, könnte nicht offensichtlicher sein, als sie es ist, und wir müssen den Mut haben, uns einzumischen, um sie zu retten.“
Die Argumentation jenes Sozialdemokraten steht im Einklang mit einem kürzlich erschienenen und viel kommentierten Leitartikel der liberalen Tageszeitung The Washington Post, der sich ebenfalls mit Trumps Erklärung befasst, dass er die Wiederwahl von Viktor Orbán unterstützt. Damit soll der extremste Flügel der Demokraten in seiner Absicht bestärkt werden, die Möglichkeit der parlamentarischen Obstruktion und insbesondere der lokal als Filibuster bekannten Technik abzuschaffen, was bereits in die Tat umgesetzt wird. Chuck Schumer, der die demokratische Mehrheit im Senat anführt, will den ersten Jahrestag der „Schlacht ums Kapitol“ (der heute ansteht) nutzen, um den Bemühungen der Demokraten, die Widerstandsmöglichkeiten der republikanischen Minderheit im Oberhaus zu beschneiden, neuen Schwung zu verleihen, wie Jennifer Rubin, die Autorin des entsprechenden Artikels in der Washingon Post, erklärt. Sie schreibt selbst, dass die Filibuster-Schlacht zum bestmöglichen Zeitpunkt stattfindet – besser als Schumer selbst es sich hätte vorstellen können –, da Trump gerade erst den ungarischen Ministerpräsidenten unterstützt hat:
„Was könnte für Trump, der selbst nach der Willkür persönlicher Macht strebt, natürlicher sein, als sich einen Diktator zum Vorbild zu nehmen, der nicht davor zurückschreckt, eine Kombination aus Lügen, nationalistischem Fieber und Fremdenfeindlichkeit einzusetzen, um die Demokratie in seinem Land zu entstellen und dort eine autokratische Herrschaft zu schaffen?“
Dieser Leitartikel zog gestern übrigens eine Reaktion von Zoltán Kovács, Staatssekretär für Kommunikation und internationale Beziehungen, nach sich. Er schrieb: „In dem Text, den die Washington Post veröffentlichte, zieht Jennifer Rubin eine lächerliche Parallele zwischen dem Kommuniqué, mit dem Donald Trump Viktor Orbán unterstützt, und den Komplizenschaften, die in den 1930er Jahren ein ‚faschistischer Diktator’, der Europa bedrohte, genossen hat. – Sie selbst glaubt das nicht ernsthaft!“ – und Zoltán Kovács fügte hinzu, dass :
„Dieser ehemalige amerikanische Präsident kam einem der treuen Verbündeten der USA zu Hilfe: einem Ministerpräsidenten, dessen Popularität in seinem Land nie in Frage gestellt wurde und der gerade drei Wahlen hintereinander mit einer Zweidrittelmehrheit gewonnen hat.“
Im Übrigen hat es in Amerika nicht an Stimmen gefehlt, die die Geste des ehemaligen Präsidenten gegenüber Viktor Orbán begrüßten. Da es schwierig wäre, alle zu nennen, beschränken wir uns auf den republikanischen Abgeordneten Paul Gosar, der auf Twitter auf Trumps Erklärung mit folgendem Kommentar reagierte: „Orbán hat viel für Ungarn getan und den Führern dieser Welt das Beispiel eines Führers gezeigt, der die Bürger seines Landes in den Vordergrund stellt.
In der Europäischen Union ist die konservative Politik, die Viktor Orbán als ungarischer Ministerpräsident verkörpert, schon seit langem ein Maßstab: In den letzten Monaten des vergangenen Jahres besuchten ihn drei der Kandidaten, die im April in Frankreich zur Präsidentschaftswahl antreten, in Budapest. Dies ist zudem kein Einzelfall in der französischen Innenpolitik: Wir berichteten, wie im Vorfeld der Europawahlen 2019 eben dieser Viktor Orbán zum Hauptthema einer öffentlichen Debatte zwischen den Spitzenkandidaten der beiden wichtigsten konkurrierenden französischen Listen wurde. Auch im Vorfeld der deutschen Bundestagswahlen im September letzten Jahres gehörte die Haltung der Kandidaten zu den Werten, die die ungarische Regierung verkörpert, zu den wichtigsten Wahlkampfthemen; selbst in Bulgarien lieferte der ungarische Regierungschef eines seiner Themen für die Wahlen im Vorjahr.
Loretta Tóth
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Von der Visegrád Post aus dem Ungarischen übersetzt.