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Toroczkai: „Wenn die vier von Visegrád es schaffen stark und einig zu bleiben, dann gibt es eine Hoffnung, dass die Europäische Union überlebt“

Lesezeit: 12 Minuten

Ungarn, Ásotthalom – László Toroczkai, Bürgermeister der Grenzgemeinde Ásotthalom und stellvertrender Vorsitzender der Jobbik: „Wenn die vier von Visegrád es schaffen stark und einig zu bleiben, dann gibt es eine Hoffnung, dass die Europäische Union überlebt.“

Ferenc Almássy hat sich mit Herrn Toroczkai an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien getroffen, da wo er die Idee vom berühmten Grenzzaun gehabt hat. Das Treffen fand Mitte Oktober 2017 für die Visegrád Post.


László Toroczkai und Ferenc Almássy vor dem Grenzzaun, im Oktober 2017

Ferenc Almássy: Können Sie uns die Lage mit den Migranten in der Vergangenheit bzw. derzeit in Ihrer Gemeinde zusammenfassen? 2015 hatten Sie weltweit auf sich aufmerksam gemacht, indem Sie eine Videobotschaft an die Migranten ins Internet setzten. Was war bzw. ist derzeit Ihre Rolle in dem Ganzen?

László Toroczkai: Hier in Ásotthalom haben wir die ersten illegalen Migranten 2012 gesehen, aber es ist erst Ende 2013 und Anfang 2014, dass sie anfingen in größeren Gruppen herbeizuströmen. Und es ist kein Zufall, denn Ungarn hat gerade an dem Moment seine Einwanderungspolitik ändern müssen: die Europäische Union forderte, dass man sie ungehindert und ohne Kontrolle hereinließe. Es war unmöglich sie aufzuhalten bzw. die Grenze zu schließen – da diese Grenze auch diejenige von Schengen war. Meiner Meinung nach hat die Europäische Union damals Partei für die illegalen Einwanderer und die Gesetzlosigkeit ergriffen; denn eine Grenze illegal zu überschreiten ist eine schwere Straftat.

Interessanterweise hat ab 2015 praktisch jede illegale Aktivität in der Gegend aufgehört, sowohl auf ungarischer wie auf serbischer Seite. Alle Schmugglergruppen und kriminellen Organisationen haben sich fortan auf die Einwanderung konzentriert, und zwar genauer mit der Migrantenschmuggelei, mit dem illegalen Überschreiten der Grenze. Es ist für sie ein rentableres Geschäft gewesen als Einbrüche, Diebstahl, Prostitution oder Drogenschmuggel. Es ist offensichtlich, dass die EU diese kriminellen Organisationen unterstützt hat, indem sie solche liberale Maßnahmen einführte, die wir versucht haben zu bekämpfen, wie wir nur konnten. Es ist wichtig anzumerken, dass ich aus dem Standpunkt meiner politischen Meinung über diese Frage natürlich keine Hilfe erhalten habe, als ich 2013 Bürgermeister geworden bin.

Ich hatte sofort um Hilfe wegen der Grenzüberwachung angesucht: umsonst. Übrigens hilft uns die Europäische Union bis heute nicht. Am Anfang hat uns die ungarische Regierung auch nicht geholfen, deshalb habe ich die Feldwache der Gemeinde gegründet, was die einzige Möglichkeit für einen Bürgermeister ist, um bewaffnete Leute völlig legal unter seinem Kommando zu haben. Am Anfang hatten wir drei Mann, später fünf. Die Betriebskosten und die Gehälter werden von der Gemeinde übernommen, was eine bedeutende Belastung für Ásotthalom und seine 4.000 Einwohner darstellt.

2014 konnten uns die Verantwortlichen der Polizei, die wir zu unserem lokalen Forum eingeladen hatten, noch nicht beruhigen. Ebenfalls die lokalen Mandatare im Komitat Csongrád (die Komitate sind die Gebietskörperschaften in Ungarn, NdR), und in diesem Jahr 2014 habe ich die Regierung gebeten, die Errichtung eines Zauns an der ungarisch-serbischen Grenze in Betracht zu ziehen, doch meine Bitte wurde mehrmals abgewiesen: jedes Mal sagte man mir, dass Brüssel dies aufgrund der EU-Forderungen bezüglich der Einwanderungspolitik nicht erlauben würde. Mit meinen 3 bis 5 Gardisten haben wir also versucht die Hunderte von Migranten anzuhalten, die jeden Tag auf das Gebiet unserer Gemeinde ankamen.

Um diese Zeit waren die Illegalen hauptsächlich Kosovare, und bezüglich Kosovo kann man keinesfalls über Flüchtlinge reden, da es dort keinen Krieg gibt, und übrigens verbargen sie das auch nicht, wenn man mit ihnen sprach: sie waren Wirtschaftsmigranten und wollten nach Deutschland.

FA: Kann man betrachten, dass sie den Weg für die Balkanroute eröffnet haben?

László Toroczkai: Eindeutig. Sie haben wortwörtlich einen neuen Pfad für die kommende Einwanderung aufgetrampelt. Ich hatte damals den Botschafter des Kosovo in Budapest angerufen, und als Bürgermeister hatte ich ihn gebeten, dass die Behörden vom Kosovo etwas unternehmen, um diese kosovarische Einwanderung zu stoppen. Seine Antwort war einfach: Es obliegt nicht ihnen sondern der ungarischen Polizei dies zu tun. Ich habe ihm geantwortet, dass sie ihre fortziehenden Staatsbürger informieren und entmutigen sollten. Das alles war also organisiert, und freilich hatte der serbische Staat keinen Grund sich dem zu widersetzen, im Gegenteil: Tausende von Albanern verließen den Kosovo…

Als ich mit kosovarischen Migranten sprach, habe ich mehrmals ähnliche Geschichten gehört: Serben kauften öfters die Häuser derjenigen, die nicht beabsichtigten zurückzukommen. Man kann es also sagen: Serbien hat diese Migration bis dato nicht eingedämmt. Der Höhepunkt wurde erreicht, als Bilder herauskamen, worauf zu sehen war, wie serbische Polizisten Migranten bis zu unserer Grenze begleiteten.

FA: Vielleicht ist Serbien ja auch übereifrig, da es der EU beizutreten wünsche, und daher sich dem Willen der EU nicht widersetzen möchte?

László Toroczkai:  Es ist offensichtlich; Serbien strebt danach, sich der EU anzuschließen und möchte daher nicht gegen Brüssel opponieren. Und Angela Merkel ist für Serbien sehr wichtig, da Deutschland ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftspartner für Serbien ist. Frau Merkel hat ja ihre Sicht der Dinge deutlich erläutert und sie hat die Migranten eingeladen…

FA: Aber dieses Argument mit Deutschland ist auch für Ungarn gültig. Trotzdem, ab einem gewissen Moment hat sich Ungarn der Politik Merkels widersetzt.

László Toroczkai: Weil Ungarn schon Mitglied der Europäischen Union ist. Das macht einen großen Unterschied. Es stimmt, die deutsche Wirtschaft ist für die ungarische Wirtschaft sehr wichtig, aber zu meiner großen Freude hat die ungarische Regierung 2015 ihre passive Haltung beendet, und im Sommer 2015 wurde die Errichtung des Zauns angekündigt. Das war der schönste Tag in meinem Leben.

Viele haben mich dann gefragt, ob ich nicht frustriert war, dass meine Idee eines Zauns von der Regierung übernommen wurde. Gegenüber der Passivität der Behörden habe ich es extra gemacht, Bilder, Videos und Zeugenaussagen auf mein Facebook-Profil zu posten, um zu zeigen, was hier an der Grenze vor sich ging. Hunderttausende Menschen haben diese Lawine von Beweisen gesehen, und dies hat wie ein Stromschlag auf nationaler Ebene gewirkt. Damals wußte niemand etwas davon in Ungarn, da die Medien sich mit der Lage an der Grenze nicht beschäftigten.

Aber durch das Internet und meine Veröffentlichungen hat die öffentliche Meinung angefangen das Thema zu übernehmen, und ich denke ehrlich, dass das die Regierung zum Handeln gedrängt hat, denn, Gott sei Dank, die Mehrheit der Leute in Ungarn keine Migration will; die Menschen wollen ihre Heimat schützen und unterstützen daher den Grenzzaun.

Dieser Druck seitens der Bevölkerung hat also, denke ich, die Regierung zum Handeln gezwungen. Und auch, wenn ich der stellvertretende Vorsitzende der größten Oppositionspartei bin – ich wurde es kurz nach der Ankündigung der Errichtung des Zauns – habe ich kein Problem damit, dass die Regierung mir „die Show gestohlen“ hat, und ich bedanke mich sogar bei unserer Regierung. Ich habe mich damals bei ihr dafür bedankt, ich tu es jetzt und werde es immer wieder tun.

Es handelt sich um das Interesse der Nation, um das Interesse Europas, und es ist daher völlig unwichtig, ob der Zaun mit dem Namen von László Toroczkai oder von Viktor Orbán assoziiert wird. Ich habe meine Pflicht getan, indem ich informierte und versuchte, vor Ort die Grenze zu schützen, aber ich bin der Regierung sehr dankbar. Es hat viel Mut seitens der ungarischen Regierung gebraucht, um sich einer derart bedeutenden Opposition auf internationaler Ebene zu stellen.

Es ist unglaublich zu sehen, wie sehr wir angegriffen wurden, weil wir diesen Zaun errichtet und unsere Grenze geschützt haben. Die Angriffe wurden z.B. seitens Österreichs sehr heftig, aber wir sind heute zu einer radikalen Wende in Österreich gekommen und der österreichische Verteidigungsminister hat mich sogar gemeinsam mit seinem ungarischen Amtskollegen besucht. Gott sei Dank sieht man also, dass eine bedeutende Wende sich bei solchen Themen abzeichnet.

FA: Eine Wende, die eben Österreich dazu gebracht hat, Kurz zum Kanzler zu wählen, der sich damit brüstet, der Balkan-Route ein Ende gesetzt zu haben.

László Toroczkai: So ist es. Zwei Drittel der Österreicher haben für das Schützen der Grenzen und gegen die illegale Einwanderung gestimmt. Ich hatte schon 2014 eine solche Wende vor zahlreichen Journalisten angekündigt. Heute sieht man in mir einen Prophet, obwohl dies offensichtlich war. Wer weiß, wovon ich rede und die Wirklichkeit kennt, weiß auch, dass es eine Alternative gibt. Eine erste Möglichkeit ist, dass die Parteien an der Macht in Europa ihre Strategien ändern. Das ist das, was wir in Ungarn gesehen haben, als der Fidesz 2015 seinen Standpunkt in der Migrationspolitik geändert hat. Und heute ist es eben in Österreich, dass man Zeuge einer solchen Wende werden kann. Die andere Möglichkeit ist, dass, wenn diese dominierenden Parteien ihren Standpunkt nicht ändern, das Volk diese ganz einfach durch andere ersetzen wird, und andere Kräfte werden an die Macht kommen.

Wir haben gesehen, dass die AfD zur dritten Kraft in Deutschland geworden ist, wo Frau Merkel viele Stimmen verloren hat. Wir sehen überall in Europa, dass diese Kräfte an Boden gewinnen; man hat es auch in Frankreich gesehen. Freilich wird dieser Elan auch manchmal gestoppt, aufgrund von Spaltungen, wegen Amateure… Die AfD zeigt eben gerade, dass sie die Lage nicht hat auszunutzen gewußt, die sich ihr anbot. Es ist also eine Gelegenheit für die älteren, professionelleren und besser organisierten Parteien, diese Stimmen für sich zu beanspruchen.

Aber wenn man anschaut, was für meine Gemeinde gut ist, für mein Land, für die europäische Zivilisation und auch für die EU, ist es belanglos zu wissen, wer die Zügel in der Hand hält, ab dem Moment, wo diese Migrationspolitik geändert wird. Man sieht es jetzt, dass niemand mehr diese Politik an unserer Grenze wird ändern können, und dass niemand diesen Zaun wird abreißen können.

Der doppelte Grenzzaun, gesehen aus der ungarischen Seite, Oktober 2017.

FA: Was können wir nun bezüglich der Migrationspolitik erwarten? Ist die jetzige Lage für Sie zufriedenstellend? Viktor Orbán hat z.B. gesagt, dass gemäß den Prognosen der NATO, ca. 60 Millionen Afrikaner sich darauf vorbereiten, nach Europa zu kommen. Worauf muß man bereit sein? Worauf bereiten Sie sich hier vor?

László Toroczkai: Schon vor drei Jahren sagte ich das Gleiche wie jetzt, und ich bin überzeugt, dass ich auf diesem Punkt Recht habe: die Migation scheint unmöglich zu stoppen, die Migranten werden weiterhin herströmen und nach Europa einwandern. Das wird diesen Ort hier auch betreffen. Aber wir kontrollieren die Situation. Es ist möglich, den Zaun durchzuqueren, es kommt auch ab und zu vor, aber was wichtig ist: wenn es vorkommt, erfahren wir es, die Polizei erfährt es gleich. Zum Beispiel befindet sich hinter mir ein elektrifizierter Zaun, was uns freilich viele Angriffe gebracht hat. Der Zweck dieses Zauns ist es, zu merken, wenn jemand ihn durchquert, wobei es beim Berühren weniger wehtut als ein üblicher elektrischer Zaun aus der Landwirtschaft. Zusätzlich zu diesem System gibt es auch längs der 175 km dieses Grenzabschnitts eine Videoüberwachung, die von Chinesen installiert worden ist und uns erlaubt, die Grenze Tag und Nacht zu überwachen.

FA: Aber manche finden andere Methoden für die Grenzberschreitung. Ich habe von einem Tunnel gehört…

László Toroczkai: Diesbezüglich habe ich keine konkrete Information und ich denke, dies sei bloß ein Gerücht. Aber ein Tunnel ist sowieso nicht notwendig, denn gewöhnlich kommen sie zahlreich bis vor der Grenze und greifen an einen Punkt des Zauns an, mit Leitern und Zangen um den Zaun zu zerschneiden. Dann freilich konzentrieren Polizisten und Soldaten ihre Kräfte an diesem Punkt. Diese Gruppe zieht sich dann auf der serbischen Seite zurück, während eine andere Gruppe ein paar Kilometer weiter die Abwesenheit der Truppen ausnutzt um den Zaun dort zu überqueren. Dann fängt also die eigentliche „Jagd“ an, u.a. auf den 122 km² meiner Gemeinde Ásotthalom, von denen 61% mit Wald bedeckt sind, was die Aufgabe schwierig macht.

Da spielen meine Gardisten eine wesentliche Rolle. Laut unserer Statistik schaffen sie es zu fünft genauso viele Migranten aufzugreifen wie hundert unserer Polizisten.

FA: Wie ist das möglich!?

László Toroczkai: Einerseits kennen meine Gardisten das Gebiet beinahe perfekt; sie wurden hier geboren und leben in den Bauernhäusern hier; und andererseits, weil es im gesamten Gemeindegebiet Bauernhöfe gibt und die Einheimischen die Gardisten sofort alarmieren, wenn sie Migranten sehen. Wenn sie die Polizei anrufen würden, müßten sie durch eine Zentrale, man bräuchte dann die GPS-Daten… aber indem sie unmittelbar die Gardisten anrufen, kommt die Information sofort durch.

Die Motivation der Gardisten ist auch eine andere als die der Polizisten. Indem sie diese Arbeit leisten, schützen die Gardisten ebenfalls ihren eigenen Besitz, ihre eigene Gemeinde. Für einen Polizist aus dem andern Eck des Landes ist das nicht der Fall. Derart haben wir der Polizei richtig helfen können, und führen aus diesem Grund auch gemischte Patrouillen.

Zwei Gardisten vor einem teilweise durch französische Spender finanzierten Geländewagen, Oktober 2017.

FA: Sie sind einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Jobbik, der ungarischen populistischen Partei und der größten Oppositionspartei. Auch wenn es diese Position nicht gibt, werden sie als die Nr. 2 der Partei betrachtet. Trotzdem, im derzeitigen ziemlich heftigen Wahlkampf für die ungarischen Parlamentswahlen vom Frühling 2018 hört man kaum von Ihnen. Sie scheinen zurückhaltend, und ziemlich passiv. Gibt es besondere vielleicht strategische Gründe dafür?

László Toroczkai: Es sind außer mir noch zwei weitere Bürgermeister in der kollegialen Führung der Partei. Jeder von uns hält sich in diesem Wahlkampf ziemlich zurück, weil wir als Bürgermeister zwanzig Stunden pro Tag für unsere Gemeinden arbeiten und daher nicht so intensiv an diesem Wahlkampf teilnehmen können. Aber bei dem vom Jobbik ins Leben gerufenen Projekt der Lohnunion, das ich als etwas sehr Wichtiges betrachte, bin ich ziemlich aktiv; Ende Oktober werde ich in Rijeka (Fiume) und in Osijek (Esseg) sein, um Unterschriften zu sammeln und somit auch am Wahlkampf teilzunehmen.

FA: Kommen wir eben auf Ihre Aktivität als Bürgermeister zurück. Ihre Gemeinde hat wenig Einwohner und ist lange arm gewesen. Es hat sich radikal verändert und alles bewegt sich nun in Ásotthalom. Die Straßen werden renoviert, die Plätze entwickelt, Sie haben sogar ein großes überregionales Radweg-Projekt ins Leben gerufen. Was ist Ihr Geheimnis?

László Toroczkai: Das erste ist, dass ich das Geld der Gemeinde nicht stehle. Es ist schon etwas sehr Wichtiges. Als Komitatsabgeordneter arbeite ich ebenfalls hart, damit meine Gemeinde und das gesamte Grenzgebiet Beihilfen und Investitionen beziehen, und ich stelle also mit Freude die Früchte unserer Arbeit fest, darunter den Erhalt zahlreicher europäischer Subventionen. Es handelt sich öfters um Projekte, die wir drei Jahre lang entwickelt haben. Eine gewisse Anzahl davon wird übrigens nächstes Jahr realisiert. Derzeit wird ein grenzüberschreitender Radweg von mehreren hundert Kilometern zwischen Ungarn und Serbien gebaut. Ich denke auch, dass meine Fähigkeit, die Aufmerksamkeit anzuziehen und Interesse zu wecken ist bedeutender als diejenige einer gewissen Anzahl von Bürgermeistern von Gemeinden dieser Größe.

Ich stelle auch auf Komitatsebene fest, dass es einen wirklichen Willen gibt, für das Interesse der Region zu arbeiten, und dass alle über die Parteiinteressen für das Gemeinwohl hinausgehen können. So haben wir gemeinsam Entwicklungsstrategien ausgearbeitet. Es war z.B. ein gemeinsamer Ziel die Grenze zu schützen, und den Bürgermeistern der Grenzgemeinden wurde übrigens wegen ihrer Leistung eine Auszeichnung verliehen. Einer derartigen Möglichkeit der Zusammenarbeit gegenüber, wieso sollte ich frontal opponieren? Ich bevorzuge eine konstruktive Opposition: manchmal schlage ich Projekte vor und wir arbeiten dann gemeinsam für die Region.

Die Hauptstraße von Ásotthalom, mit den Plakaten der Regierung für die Abstimmung gegen Soros, Oktober 2017.

FA: Bezüglich dieser Projekte möchten Sie ein Standbild von Johannes Capistranus in Ihrer Gemeinde errichten lassen. Ein Video mit einem entsprechenden Spendenaufruf ist im Internet veröffentlicht worden. Was können Sie uns darüber berichten?

László Toroczkai: Ich könnte sagen, dass es sich um einen alten Traum handelt. Ich möchte in der Tat ein Standbild mit einem großen symbolischen Wert unweit des Grenzübergangs der Gemeinde errichten lassen. Die Statue wird an den Sieg der Christen bei der Belagerung von Belgrad im Jahre 1456 erinnern, wo die ungarischen Kräfte – mit der Hilfe der Serben bzw. der ungarischen Freiwilligen von Johannes Capistranus – die sich in der Überzahl befindenden osmanischen Truppen stoppten und dabei nicht nur das Königreich Ungarn, sondern ebenfalls Europa retteten. Es ist übrigens aus diesem Grund, dass die Glocken heute noch überall zu Mittag läuten, eben um diesen wichtigen Sieg zu feiern.

Dieses Standbild wird eine Botschaft sein. Einerseits wird sie Johannes Capistranus zeigen, der ein Kreuz auf einem Mauerwerk hält, während ein ungarischer Soldat kommt und ihm eine gebrochene osmanisch-islamische Standarte präsentiert; ferner wird daneben ein Türkenkopf aufgespießt dargestellt. Dies ist aus einer klassischen mittelalterlichen Darstellung inspiriert, wo man den auf einem Schwert aufgespießten Türkenkopf auf den Wappen christlicher Ritter fand, die sich ihren Adelstitel im Kampfe gegen die Türken verdient hatten.

Dies wird somit zwei Botschaften an Europa senden. Erstens, dass wir auch heute die Einwanderung stoppen können. Wir haben es hier getan und die Ordnung und der Frieden herrschen nun wieder. Zweitens, unabhängig unserer persönlichen Stärken und Schwächen als Christen beruht unsere europäische Zivilisation auf einem christlichen Fundament. Dies bestimmt auch das Leben der nicht-christlichen Europäer: der Mann heiratet eine Frau, wir feiern Weihnachten, usw., und dies, unabhängig unseres eigenen Glaubens, bestimmt unser Leben und unsere Beziehung zur Welt. Diese Statue wird also die Botschaft senden, dass wir keine Islamisierungspolitik aber auch keinen radikalen Liberalismus in Europa wollen. Wir wollen ein auf den europäischen Traditionen beruhendes Europa und eine normale Welt.

FA: Zahlreiche Liberal-Libertarier betrachten dieses Standbild als eine brutale und aggressive Botschaft…

László Toroczkai: Es ist aber die Wahrheit! Es wäre nett, die Verteidiger der letzten Bastei und Johannes Capistranus als alte Omas beim Nähen darzustellen, aber es wäre eine Lüge und eine Verzerrung der Geschichte. Diese Männer haben Europa mit dem Schwert in der Hand verteidigt.

FA: Zum Schluß, was denken Sie über die Visegrád-Gruppe?

László Toroczkai: Ich betrachte die Zusammenarbeit der Visegrád-Gruppe als extrem wichtig, und dabei ganz besonders die gute Beziehung zwischen Ungarn und Polen. Ich werde heuer selber am Unabhängigkeitsmarsch in Polen am 11. November teilnehmen. Ich werde sogar eine Rede dort bzw. vor dem polnischen Parlament halten. Ich betrachte es als ausschlaggebend die Beziehungen zwischen Ungarn und Polen zu stärken, allein weil diese Länder diejenigen sind, die den gesündesten Standpunkt bezüglich der Masseneinwanderung und der Bewahrung der nationalen Identitäten und Kulturen vertreten.

Wenn die vier von Visegrád es schaffen, stark und einig zu bleiben, dann gibt es eine Hoffnung, dass die Europäische Union überlebt, aber wenn diese weiterhin die Brüssler Politik verfolgt, dann ist es vorbei. Schauen Sie ein bißchen, woran wir sind: während die Brüssler Politik unseren Zaun kritisiert und die Außengrenzen offen halten möchte, schließen EU-Länder die Binnengrenzen. Es gibt heute z.B. eine Grenzkontrolle zwischen Ungarn und Österreich, gleiches mit Deutschland und auch Italien. Das ist nicht normal. Man ist dabei die Europäische Union zu zerstören. Der Hauptvorteil der EU war unsere Bewegungsfreiheit. Wenn sie das kaputt machen, so ist es das Ende der EU.

Unsere letzte Hoffnung ist also die Visegrád-Gruppe. Es stellt sich bloß die Frage, ob Brüssel oder Macron alles tun werden, um die Visegrád-Gruppe zu brechen, aber ich glaube eher an eine Stärkung der V4. Man sieht heute, welche politische Veränderungen in Österreich stattfinden, und ich betrachte es nicht als ausgeschlossen, dass Österreich sich ernsthaft unserem Bündnis annähert, aber man könnte auch über Kroatien und Slowenien reden, die sogar beitreten könnten, bzw. sogar die baltischen Staaten, und ich glaube, dass wir uns am Anfang einer sehr ernsten Zusammenarbeit in Mitteleuropa befinden.