Polen – Clément Beaune, der französische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, war am Montag und Dienstag zu Besuch in Polen. Seit Emmanuel Macron zum französischen Präsident gewählt wurde, liegt Frankreich so ziemlich im Clinch mit den polnischen Regierenden, die von „Jupiter“ abwechselnd als „Führer unterhalb dessen, was die Polen verdienen“, oder als „Verrückte“ bezeichnet wurden.
Der Besuch Clément Beaunes war daher eine Gelegenheit, die Stimmung zu verbessern. Dabei hat Frankreich ebenso viel zu gewinnen wie Polen in einer Zeit, in der letzteres über den Kauf von U-Booten für seine Marine verhandelt und den Bau mehrerer Kernkraftwerke plant, um den Ausstieg aus der Kohle zu begleiten, ganz zu schweigen von der anhaltenden Dynamik der polnischen Wirtschaft, die demjenigen Chancen bietet, der sie zu nutzen weiß. Letzte Woche war es der Präsident der Medef, der wichtigsten Arbeitgebergewerkschaft Frankreichs, der in Warschau zu Besuch war, während der polnische stellvertretende Ministerpräsident Jarosław Gowin, der in der Regierung Morawiecki für das Ministerium für Entwicklung, Arbeit und Technologie zuständig ist, den französischen Minister für Wirtschaft, Finanzen und Wiederaufbau Bruno Le Maire, einen Befürworter engerer Beziehungen zu Polen, am 11. März besuchte. Am 17. März wird der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wiederum auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Élysée-Palast zu Gast sein.
Der Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Clément Beaune, sagte selbst Anfang Januar in einem Gespräch mit Le Nouvel Esprit Public: „Wir sind nicht auf der gleichen Linie, wenn es um die Rechtsstaatlichkeit geht, wie jeder weiß. Andererseits drängen unsere beiden Länder in den Bereichen Industriepolitik, Wettbewerbspolitik und digitale Besteuerung oft auf identische Reformen. (…) Solange unsere Meinungsunterschiede von einem Thema zum anderen variieren, gibt es Raum, um gemeinsam etwas aufzubauen. Wir können die Union nicht nur retten, sondern auch stärken.“
Aber leider wird sein Besuch diese Woche von der Kontroverse dominiert worden sein, die er selbst vor seiner Ankunft in Warschau angefacht hat und die er auch nach seiner Rückkehr nach Paris nochmals anheizte. Denn Herr Beaune geht dagegen vor, dass es in Polen lokale Behörden gibt, die 2019 und 2020 Beschlüsse gefasst haben, mit denen sie sich verpflichten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nicht die Verbreitung der von der LGBT-Lobby getragenen Ideologie zu fördern, insbesondere in Fragen der Sexualitäts- und Gendertheorie. Andere, die ebenfalls von dem französischen Staatssekretär, der sich in einem im Dezember letzten Jahres in der Schwulenzeitschrift Têtu veröffentlichten Interview als schwul geoutet hat, ins Visier genommen wurden, haben einfach eine Charta der lokalen Behörden für Familienrechte unterzeichnet. Anlässlich seines Coming-outs in Têtu sagte er über Polen:
„Ich stamme aus einer Familie, in der Menschen deportiert wurden, weil sie Juden waren, und das ist erst zwei Generationen her. Das schwingt bei mir mit. Ich möchte jedoch nicht, dass gesagt wird, dass ich gegen ‚LGBT-freie’ Zonen kämpfe, weil ich schwul bin. […] Andererseits habe ich als Staatssekretär für europäische Angelegenheiten eine zusätzliche Verantwortung. Ich muss kämpfen, um Toleranz zu verbreiten“.
Mehr über die Realität der von Beaune ins Visier genommenen Erklärungen der polnischen Lokalregierungen und den Kontext, der etwa hundert polnische Gebietskörperschaften dazu veranlasste, solche Erklärungen anzunehmen (die rechtlich nicht bindend sind und bereits mehrfach von polnischen Gerichten als nicht diskriminierend für irgendjemanden bestätigt wurden), finden Sie in dem Artikel „Polen: die ideologische Erpressung der Europäischen Kommission“, der im Juli 2020 in der Visegrád Post veröffentlicht wurde. Dies ist ein Aufguss eines Artikels des Europäischen Zentrums für Recht und Gerechtigkeit (ECLJ), den Herr Beaune gut beraten wäre, zu lesen, um die französisch-polnischen Beziehungen nicht unnötig zu beschädigen, indem er sich der Erpressung der europäischen Institutionen anschließt.
Anfänglich bezeichnete Clément Beaune diese Gebietskörperschaften als „LGBT-freie Zonen“. Seitdem hat er seinen Diskurs korrigiert, um ihn ein wenig realistischer zu machen, und er nennt sie „Zonen ohne LGBT-Ideologie“. Als die Journalistin Léa Salamé ihn jedoch am Donnerstagmorgen auf France Inter nach „LGBT-feindlichen Zonen“ in Polen fragte, korrigierte der Staatssekretär für europäische Angelegenheiten sie aber nicht.
Doch während Beaunes Ansichten sowie seine Sexualität und Vorurteile gegenüber Polen in Warschau bereits vor seinem Besuch am Montag, den 8. März, bekannt waren, erzählte er am Tag seiner Ankunft Le Nouvel Observateur gegenüber, dass die polnischen Behörden ihm den Zugang zu einer dieser berühmten „LGBT-freien Zonen“ verweigert hätten. Das polnische Außenministerium wies diesen Vorwurf formell zurück, und der französische Außenminister sagte am Donnerstagmorgen gegenüber dem Radiosender France Inter, dass man ihm offensichtlich nicht verboten habe, dorthin zu gehen, wohin er wollte, sondern dass es politischen Druck von polnischer Seite gegeben habe. „Diese politischen Zwänge sind sehr ernst, aber was sehr ernst ist, ist die Grundsituation. Es ist nicht meine persönliche Situation. Mir geht es gut, ich wohne hier, alles ist in Ordnung. Es sind die Menschen, die in diesen LGBT-Gemeinden leben, die 88, fast 100, es sind die Menschen, die Aktivisten sind und die besorgt sind, weil sie die Rechte der Frauen verteidigen, weil sie die LGBT-Rechte verteidigen“, sagte Clément Beaune auf France Inter.
Er bezog sich wahrscheinlich auf die Verleumdungsklagen, die von einigen polnischen lokalen Behörden gegen den LGBT-Aktivisten Bart Staszewski eingereicht wurden. Staszewski ist der Autor von Fotos, die ein „LGBT-freie Zone“-Schild an der Einfahrt von polnischen Gemeinden zeigen. Das Schild hatte er selbst aufgestellt, was zu heftiger Kritik aus Brüssel und den internationalen Medien an diesen Gemeinden führte. In einigen Fällen brachen ausländische, darunter auch französische, Partnergemeinden, sogar Partnerschaftsvereinbarungen aufgrund der über sie organisierten Desinformationskampagne ab. Clément Beaune traf sich mit diesem Aktivisten ebenso wie mit Marta Lempart, der linksextremen Abtreibungsbefürworterin, die im Oktober zu Angriffen auf Kirchen aufgerufen hatte.
Beaune setzt sich übrigens auch für die Legalisierung der Abtreibung in Polen ein.