Polen/Weißrussland – Die seit Monaten anhaltenden Spannungen an der polnisch-weißrussischen Grenze eskalierten am Montag, dem 8. November, als Hunderte von Migranten – zumeist Iraker – versuchten, den provisorischen Stacheldrahtzaun in der Nähe von Kuźnica (Podlachien) mit Schaufeln und Bolzenschneidern zu zerstören und somit die Grenze zu passieren.
Tausende von Migranten wurden an die polnische Grenze geschleust
Zahlreiche Videos, die in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, zeigen die Konfrontation zwischen Migranten und polnischen Grenzbeamten auf beiden Seiten des Zauns sowie Kolonnen von „Flüchtlingen“, die sich zu Fuß auf der weißrussischen Autobahn in Richtung Grenze bewegen – eine Massenwanderung, die nur mit der zumindest stillschweigenden, wenn nicht gar aktiven Zustimmung der weißrussischen Miliz vonstattengehen kann.
Nach Angaben des polnischen Regierungssprechers Piotr Müller halten sich derzeit zwischen drei- und viertausend Migranten auf der weißrussischen Seite der Grenze auf, und die ohnehin schon instabile Lage könnte sich in den kommenden Tagen noch weiter verschlechtern.
„Das Regime des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko lenkt Gruppen von Migranten auf organisierte Weise in Richtung polnische Grenze,“
Er erklärte, dass die polnischen Strafverfolgungsbehörden, die für die Verteidigung der Grenze zuständig sind, nur als letztes Mittel auf Waffen zurückgreifen würden: „Der Einsatz von Waffen ist das letzte, was wir tun würden“, sagte er.
Erster Ansturm abgewehrt
Nach Angaben des polnischen Verteidigungsministeriums,
„ist es den [Beamten] des Innenministeriums und den Soldaten gelungen, den ersten massiven Versuch, die Grenze zu überschreiten, zu stoppen. Derzeit haben die Migranten ein Lager in der Region Kuźnica eingerichtet. Sie werden ständig von weißrussischen [Beamten] überwacht“.
Mateusz Morawiecki unterstützt die Grenzschützer und Soldaten
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki besuchte den Schauplatz am Dienstag, den 9. November, zusammen mit Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak:
„Heute, bei Sonnenaufgang, habe ich zusammen mit dem Leiter des Verteidigungsministeriums, Minister Mariusz Błaszczak, unsere Soldaten und Offiziere besucht, die die polnische Ostgrenze bewachen. Soldaten, Polizisten, Grenzschutzbeamte und Spezialdienste wachen über die Sicherheit von Polen und Polen. […] Ich kann ihnen nicht genug für diesen schwierigen Dienst danken. Ich wollte dort sein, damit sie das Gefühl haben, dass der polnische Staat immer bei ihnen sein wird.“
Die gestrigen Ereignisse hatten unter anderem zur Folge, dass der Grenzübergang Kuźnica bis auf Weiteres geschlossen wurde und Reisenden empfohlen wird, die Grenzübergänge Terespol und Bobrowniki zu benutzen. „Der Grenzübergang wird geschlossen und der Straßenverkehr wird aus Sicherheitsgründen gestoppt“, erklärte der stellvertretende polnische Innenminister Maciej Wasik gegenüber dem Sender Polsat News.
EU-Unterstützung für Polen
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, unterstützte nicht nur Polen, sondern auch Litauen und Lettland, die ebenfalls mit der durch Minsk ausgelösten Migrationskrise konfrontiert sind: „Weißrussland muss aufhören, Menschenleben zu gefährden“, sagte sie, während der niederländische Außenminister Ben Knapen das Minsker Regime darauf hinwies, dass es „unehrenhaft [sei], Menschen als Waffen im Kampf gegen die Europäische Union zu benutzen“.
Präsident Duda verkürzt Besuch in der Slowakei
Wie die Präsidentschaftskanzlei mitteilte, hat der polnische Präsident Andrzej Duda, der mit seinen ukrainischen und georgischen Amtskollegen telefonierte, beschlossen, seinen Besuch in der Slowakei zu verkürzen und seinen Zeitplan für die nächsten Tage zu ändern, um sich ganz auf die Ereignisse an der polnisch-weißrussischen Grenze konzentrieren zu können.