Dieser Artikel ist am 23. November 2021 in Mandiner erschienen.
Die Deutschen haben sich so sehr in den Pfizer-Impfstoff verliebt, dass man sie praktisch anbetteln muss, damit sie eine Dosis Moderna akzeptieren; in Österreich wird nach drei Injektionen immer noch getestet. Es ist inzwischen erwiesen, dass die Pandemie den gesunden Menschenverstand gefährdet.
Liebe Lockdown-Taliban, Sie sollten wissen, dass Ihre Einschüchterungsaktion erfolgreich war: Ich begann, mich vor Covid zu fürchten.
Nicht so sehr vor dem Tod durch Ersticken. Da ich noch keine 30 Jahre alt bin, drei Impfungen erhalten habe und der Stress mich fit hält, werde ich es vielleicht dieses Mal überstehen.
Was ich befürchte, ist, dass nach diesen vier Wellen das ganze Zeug letztendlich unser Gehirn schädigen wird.
Und das alles wegen Annalena Baerbock, die uns in den nächsten vier Jahren noch viele Qualen bereiten wird – denken Sie daran, was ich Ihnen gesagt habe.
Es gibt nämlich das Gerücht, dass Annalena Baerbock bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland, die sich dem Ende nähern, als Außenministerin vorgesehen sei; seit ich das gehört habe, durchforste ich die deutsche Presse, in der Hoffnung, einen Artikel zu finden, der dieses Gerücht widerlegt.
Dass die ungarische Linke außenpolitisch unfähig ist, ist nicht weiter schlimm; dass aber die Gegenselektion den Neokolonialismus im strategischen Denken Deutschlands und anderer Länder ablöst – das ist neu. Oder sind wir vielleicht schon so schwach, dass Herr Scholz meint, statt der Vernichtungsprogramme, die bisher von Barleys, Stegners oder Roths durchgeführt wurden, müsse er nun nur noch diese intellektuelle Bombe ohne Zünder in unser Viereck schicken? Würden sie nicht einmal mehr Visegrád ermorden wollen? Das wäre ein Novum.
Und am Ende läuft alles auf das Gleiche hinaus. Da ich das Gerücht nicht entkräften kann, raten Sie mal, welche Fratze ich auf dem Titelblatt der Bild-Zeitung entdecke: das traurige, unrasierte Gesicht von Jens Spahn. Der deutsche Gesundheitsminister hat sich unter einer Reihe von pessimistischen Schlagzeilen niedergelassen: „Fortschritt des Impfprogramms in Gefahr“, „Spahn kriegt eine 16:0-Dresche“. Es ist tatsächlich so, dass Jens Spahn den Bundesländern eine Kürzung der Pfizer-Lieferungen angekündigt hat: Die Impfstoffe, die Deutschland für den Rest des laufenden Jahres zur Verfügung stehen, sind etwa zur Hälfte Dosen von Pfizer und zur Hälfte Dosen von Moderna. Aber jetzt kommt’s: Für die dritte Dosis verlangen 90% der Patienten aus irgendeinem Grund Pfizer, so dass diese Dosen schneller abgesetzt werden als das Angebot – während bei den Dosen des Moderna-Impfstoffs – der ebenso wirksam ist, ebenfalls auf der mRNS-Technologie basiert und laut einigen Studien als dritte Dosis sogar empfehlenswerter ist als der Pfizer-Impfstoff, aber wesentlich einfachere Lagerungsbedingungen erfordert – ein großer Bestand Anfang nächsten Jahres ablaufen wird und daher so schnell wie möglich verbraucht werden sollte. Dies erklärt auch den Ausdruck „16:0-Dresche“, der sich darauf bezieht, dass die Gesundheitsminister der 16 Bundesländer alle auf Spahn hereinfallen:
„Was bildet der sich eigentlich ein? Wenn das Volk Pfizer will, dann soll er Deutschland sofort mehr Pfizer beschaffen.
– während gleichzeitig mehrere Dutzend Millionen Dosen Moderna – ein ebenso wirksamer Impfstoff –, die auf Bestellung geliefert und entsprechend bezahlt wurden, weiterhin in den Regalen des Bundes verstauben werden.“
Damit wir uns richtig verstehen: Das, worüber die Deutschen die Nase rümpfen, ist nicht irgendein Impfstoff aus dem Osten, der mit irgendwelchen Gerüchten über tiefe Venenthrombosen in Verbindung gebracht wird, sondern der Impfstoff Moderna, um den sich dieselben Deutschen erst im letzten Jahr gerissen haben. Ein Impfstoff, der genauso amerikanisch ist wie der Pfizer-Impfstoff, genauso wirksam wie der Pfizer-Impfstoff und technologisch identisch mit diesem – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass der angesehenste Epidemiologe der SPD, Karl Lauterbach, zusammen mit anderen Experten behauptet, dass es noch empfehlenswerter ist, das Produkt für die dritte Dosis zu wechseln, als es für die zweite der Fall war. Doch die Landesregierungen stellen sich lieber in den Dienst dieses Schmollens, das jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.
Manchen hat Covid ins Gehirn gegriffen.
Zwei Seiten weiter: Der bekannte deutsche Komiker Ralph Ruthe möchte die 2G+-Regel auf seine Auftritte anwenden lassen, ebenso wie die Universität Wien während des IV. Großen Österreichischen Lockdowns. Die 2G+-Regel bedeutet, dass auch Geimpfte (unabhängig von der Anzahl der erhaltenen Spritzen) und Genesene über ein negatives PCR-Testergebnis verfügen müssen, um die anderen Geimpften und Genesenen, die sich in den der 2G+-Regel unterworfenen Bereichen aufhalten – in denen Nicht-Geimpfte selbst bei Vorliegen negativer Tests nicht geduldet werden – nicht zu gefährden, obwohl man diejenigen, für die das Testergebnis im Prinzip keinen Unterschied machen sollte, der Bedingung eines negativen Tests unterwirft.
Auch hier gibt es einige, bei denen Covid das Gehirn angegriffen hat.
Inzwischen musste ein ungarischer Notarzt in einem offenen Brief, der durch das ungarischsprachige Facebook ging, den impfkritischen Leser davor warnen, dass er, wenn er sich mit dem Virus infiziere und intubiert werde, mit Remdesivir behandelt werde, dessen Langzeitwirkungen ebenso wenig bekannt seien wie die der Impfseren – d.h. er riskiert die gefährliche Erfahrung der Intubation wegen des Privilegs, von Charybdis nach Sylla zu gelangen.
Was diejenigen betrifft, die selbst unter Berücksichtigung dessen immer noch nicht verstehen, was sie zu tun haben, so befürchte ich sehr, dass ihnen der Covid auf das Gehirn geschlagen hat.
Sowohl in Ungarn als auch im Ausland häufen sich die Anzeichen dafür, dass diese Pandemie in den letzten anderthalb Jahren, indem sie unser Leben gegen unseren Willen und auf eine schrecklich undemokratische Weise umkrempelt, unserem Urteilsvermögen geschadet hat. Doch während wir während der ersten Eindämmung zusammenhielten, um mitreißende Ideen zu produzieren und zu konsumieren, und unsere geistige Gesundheit vor Delirien schützten, indem wir in der Ekstase der Solidarität Fernopern verfolgten, schielte seit dem Auftauchen der Impfstoffe jeder nach Auswegen, um der Verewigung des epidemischen Bewusstseins zu entfliehen: die Geimpften aus diesen und jenen Gründen, die Ungeimpften aus anderen Gründen. Und die große und erhabene Solidarität des frühlingshaft blühenden Lockdowns hat sich in einen Kampf mit Händen und Füßen verwandelt, in dem es um den höchsten Wunsch des Augenblicks geht: dass man uns in Ruhe lasse. Diese absolut überflüssige vierte Welle möge sich bitte verpissen und uns mit ihren verdammten Statistiken in Ruhe lassen, an denen – Holzkreuz, Eisenkreuz – unsereins überhaupt nichts mehr ändern können.
Von der Erfahrung der Solidarität, die wir in der ersten Welle gemacht haben, ist absolut nichts mehr übrig geblieben.
Stattdessen erleben wir ein Fluchtspielerlebnis: Ein ganzes Volk erstickt – die Kranken wegen des Covid, die Beschäftigten des Gesundheitswesens wegen der Kranken und alle anderen wegen der unheilvollen Vorahnung von Freiheitseinschränkungen, die dazu berufen sind, niemals zu enden.
Die Erfahrung der ersten Welle zeigt jedoch, dass wir unabhängig von den Epidemiezahlen eine Maßnahme am dringendsten benötigen, nämlich die Verteidigung unserer geistigen Gesundheit: die Fähigkeit, das andere Ende des Pandemie-Tunnels zu sehen, Optimismus und den Wunsch nach Freiheit. Das Bewusstsein, dass wir immer noch freie Menschen sind, die ihr Schicksal selbst bestimmen, die mit Gottes Hilfe und unter Zähneknirschen über diesen Dreck triumphieren werden und nicht den kleinsten Samen zurücklassen, der in unseren Beeten wieder aufgehen könnte – sei es die Maske oder die hohen Benzinpreise. Das ist das Bewusstsein, das den perfekten Gegenpol zu diesem dauerhaft erzwungenen Bewusstsein der Pandemie bilden muss – das ist das Bewusstsein, ohne das wir nie wieder aus der Sackgasse herauskommen werden.
Solange die Pandemie in unseren Köpfen kein Ende findet, wird sie auch draußen kein Ende finden, niemals.
Denn wenn wir gaga werden, werden auch wir anfangen, Entscheidungen ohne Sinn und Verstand zu treffen: Menschen zu testen, die dreifach geimpft wurden, oder sich an Pfizer zu klammern, als wäre er der Erlöser persönlich mit einer Dornenkrone auf dem Kopf.
Andere Länder sind bereits so weit. Die Deutschen haben sich so sehr in den Pfizer-Impfstoff verliebt, dass man sie praktisch anflehen muss, um eine Dosis Moderna zu akzeptieren; in Österreich wird nach drei Injektionen noch getestet. Man kann später wirklich nicht sagen, dass man nicht die schmerzhaft vollständige Darlegung der Realität dieses Risikos verabreicht bekommen hat: Covid kann einen zum Idioten machen.
Wir müssen daher alles in unserer Macht Stehende tun, um dies zu verhindern.
Jeder von uns – ob Politiker, Schriftsteller, Experte oder einfacher Bürger –, der bislang überlebt hat, sollte zur Rettung seiner geistigen Gesundheit unverzüglich und dringend ein Fläschchen Cserszegi fűszeres [„Cserszeger Würze“ ist ein ungarischer Weißwein mit ausgeprägtem Geschmack – AdÜ.] mit – je nach Wahl – einer Scheibe Speck oder mehreren Scheiben John Steinbeck zu sich nehmen.
Lasst uns dafür sorgen, dass die Pandemie zumindest im Inneren ein Ende findet und dem Glauben, der Hoffnung und der Willenskraft Platz mache.
Es gibt keinen Geldbetrag und keine Anzahl von Leichen, die es rechtfertigen würden, dass wir das Denken aufgeben, dass wir den gesunden Menschenverstand aufgeben! Denn was im Inneren nicht funktioniert, wird auch im Äußeren nicht funktionieren.
Und in diesem Fall werden wir für immer im Covid-Sumpf stecken bleiben.
Mátyás Kohán
—
Von der Visegrád Post aus dem Ungarischen übersetzt.