Ukraine – Während der Krieg weiter in vollem Gange ist, hat das ukrainische Parlament am 13. Dezember mit 324 von 421 Stimmen das Gesetz betr. die nationale Minderheiten geändert und damit eine der Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union erfüllt.
Artikel 5 des Gesetzes garantiert nun die sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sprachlichen Rechte und Freiheiten der ukrainischen Bürger, unabhängig davon, ob sie nationalen Minderheiten angehören oder nicht, während das Gesetz das Recht dieser Minderheiten auf die Verwendung ihrer eigenen Sprachen und die Wahrung ihrer kulturellen Identität wieder einführt.
Diese Kehrtwende der ukrainischen Behörden scheint auf den ersten Blick den von Budapest unterstützten Forderungen der ungarischen Minderheit in Subkarpatien entgegenzukommen, deren Rechte als einheimische Volksgruppe durch die Sprachklausel des 2018 verabschiedeten Bildungsgesetzes und durch die 2019 verabschiedeten Rechtsvorschriften über Ukrainisch als ausschließliche Staatssprache beschnitten worden waren.
Dieser Zankapfel führte dazu, dass Ungarn die Ukraine seit 2017 in allen internationalen Grämien blockierte, da die Ukraine sich weigerte, ein Gesetz anzupassen, das mittelfristig auf eine kulturelle Ukrainisierung des Landes abzielte. Die ungarische Minderheit in Subkarpatien (Transkarpatien aus ukrainischer Sicht) ist einige 100-150 Tausend Menschen stark.
Ungarische Skepsis
Auf ungarischer Seite ist die Abstimmung der Rada nur Augenwischerei und wird für die Ungarn in der Ukraine keine konkreten Veränderungen bringen. Der Ungarische Kulturverband von Subkarpatien und die Ungarische Demokratische Union der Ukraine, die die ungarische Minderheit in dieser Region im Südwesten der Ukraine (die vor 1920 und zwischen 1939 und 1945 zu Ungarn gehörte) vertreten, erinnern allerdings daran, dass in diesem Gesetz der Sprachgebrauch nur als „individuelles Recht“ definiert wird, das weder die öffentliche Verwaltung noch das Bildungswesen bindet, und dass
„das Gesetz keine angemessenen institutionellen Grundlagen und rechtlichen Mechanismen [biete], um die Rechte der nationalen Minderheiten durchzusetzen und zu schützen.
[…] Es garantiert auch nicht die Erhaltung kompakter ethnischer Siedlungsgebiete oder die Verwendung von Nationalitätensymbolen“.
Diese Ansicht wird von den Behörden in Budapest geteilt, so wurde der Sprecher des Außenministeriums, Máté Paczolay, am 15. Dezember in der Presse wie folgt zitiert:
„Die derzeitige ukrainische Gesetzgebung schadet weiterhin den Minderheiten und verewigt die Entrechtung der Ungarn in Subkarpatien.
[…] Das ukrainische Gesetz betr. die nationalen Minderheiten garantiert noch immer nicht die freie Verwendung nationaler Symbole, erschwert die Unterstützung von Minderheitenorganisationen und hindert die Minderheitensprachen verwendenden Medien am Arbeiten, ebenso wie das Verbot der Zwangsassimilation“.