Dieser Artikel ist am 8. März 2023 in Magyar Jelen erschienen.
Heinz-Christian Strache war beinahe 15 Jahre lang der Bundesobmann der österreichischen FPÖ. Ihm gelang es, die Partei, die nach ihrer Regierungsbeteiligung im Jahr 2000 unter Jörg Haider und der Spaltung der Partei durch Haider stark geschwächt war, wieder aufzurichten. Nachdem er im Dezember 2017 durch die Bildung einer Koalitionsregierung mit der ÖVP von Sebastian Kurz zum Vizekanzler aufgestiegen war, wurde die politische Karriere von HC Strache im Mai 2019 durch den Ibiza-Skandal abrupt beendet.
Seitdem ist Strache weiterhin aktiv, auch wenn er sich einigermaßen zurückhält, bis die zahlreichen Gerichtsverfahren, die ihn betreffen, abgeschlossen sind. Er war am Freitag, den 3. März in Budapest und gab Magyar Jelen ein Exklusivinterview.
Magyar Jelen: Vor Beginn dieses Interviews sagten Sie mir: „Das Gute ist, dass ich nach dem Ibiza-Skandal noch am Leben bin“. Was meinen Sie damit?
Heinz-Christian Strache: Trotzdem ist mir wichtig, daß ich jeden Tag – im Unterschied zu Jörg Haider, der leider nicht mehr lebt – das Glück habe, meine Kinder zu sehen, jeden Tag das Glück habe, nach dem Schlafengehen wieder aufzustehen, und die Möglichkeit zu haben, mit meinem Leben, mein Leben zu gestalten, und nach vorne zu blicken, und das Glück habe, auch, den Ungerechtigkeiten, die mir angetan worden sind, und den Verleumdungen in diesem Leben begegnen zu können, und dagegen halten zu können, und diese aufzuklären.
Magyar Jelen: Sie waren österreichischer Vizekanzler, und dann haben Sie zurücktreten müssen. Sie gerieten in eine Reihe von Gerichtsverfahren, auch mit Ihrer ehemaligen Partei, der FPÖ. Nun haben Sie sich auch scheiden lassen. Wie haben Sie persönlich, als Mensch, das alles überstanden?
Heinz-Christian Strache: Ich habe nach meinem Rücktritt und dieser Kampagne gegen meine Person durchaus politische Mitbewerber getroffen, in den letzten Jahren, die gesagt haben: “Wir haben uns eigentlich gedacht, daß Du vom Balkon springen wirst oder Dich am Türstock aufhängen wirst. Respekt, daß Du das alles so durchgestanden hast.” Ich habe damals gesagt: Die Freude mache ich niemandem, daß ich ihnen diesen Gefallen tue.
Und man lernt natürlich in solchen schwierigen Situationen, seine wenigen Freunde, die ehrlichen Freunde, die man hat, kennen. Das ist eine Lebenszäsur, eine Katharsis, wo man wie Phönix aus der Asche, nachdem man das überwunden hat, stärker denn je aufsteigen kann. Aber man geht davor durch ein Tal von Tränen und Enttäuschungen und Schmerzen, und [bekommt] die Möglichkeit, neue Türen zu öffnen.
Und das Enttäuschende ist der Verrat, den man erlebt von eigenen ehemaligen ideologischen Wegbegleitern, der Verrat, der da getätigt worden ist, und es gibt so viele in dieser freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft, und ich bin ein Teil dieser freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft, und werde ich immer sein. Man hat mich ausgeschlossen, und da gibt es viele, die bis heute sehr enttäuscht sind, daß man so mit mir umgegangen ist.
Magyar Jelen: Seitdem Sie gezwungen wurden, die Spitzenpolitik 2019 zu verlassen, hat sich die Welt sehr verändert, und zwar wahrscheinlich so wie nie zuvor. Es gab den Covid. Jetzt haben wir diesen Konflikt in der Nachbarschaft, in der Ukraine. Wie haben Sie als Nicht-Akteur, nachdem Sie so viele Jahre als Akteur in der Politik tätig waren, diese großen Ereignisse in der Welt beobachtet, während Sie ein wenig außerhalb der Politik waren?
Heinz-Christian Strache: “Österreich ist die kleine Welt, wo die große ihre Probe hält”, sagt man bei uns. Und ich war sicherlich nicht nur in Österreich, sondern über die österreichischen Grenzen hinaus in der Europäischen Union einigen politischen Playern im Weg. Und daher hat man jahrelang einen Komplott gegen mich geplant, und jahrelang betrieben, um mich unter anderem mit dem Ibiza-Attentat, aber auch mit anderen Fallen und Attentaten auszuschalten. Und mit dem Putsch gegen meine Person hat man letztlich auch die gute und arbeitende Regierung gestürzt.
Und damit die starke freiheitliche Opposition, die ich in Europa aufgebaut habe, geschwächt. Und da war in Österreich der Weg frei für viele katastrophale Maßnahmen, wie Covid, aber auch den aktuell gelebten Bruch unserer Neutralität.
Das heißt, seit meinem Sturz und dem Sturz der damals gut arbeitenden Regierung ist in Wahrheit, hat man die Freiheit, die Selbstbestimmung der Menschen reduziert, die Wirtschaft und die soziale Problematik gefeuert, und mit dem aktuellen Konflikt in der Ukraine, und dem Krieg, die österreichische Neutralität nicht mehr gelebt. Und dazwischen gab es die nächste dramatische Flüchtlingswelle, die man zugelassen hat. Viele trauern daher der damaligen Regierung nach.
Und es fehlt heute eine europäische Friedensinitiative. Und da versuche ich heute auf europäischer Ebene Bündnisse zu gewinnen, Partnerschaften. Statt Kriegseskalation, zurück zum Verhandlungstisch!
Magyar Jelen: Sie haben bei den Wiener Gemeinde- und Landtagswahlen im Oktober 2020 kandidiert, une erreichten ein recht niedriges, aber durchaus nicht blamierendes Ergebnis. 2021 haben Sie das Buch „Das Ibiza Attentat“ geschrieben. Vor ein paar Tagen waren Sie bei einem Friedensmarsch in Dresden. Wo ist nun HC Strache? Ist er wirklich raus aus der Politik oder immer noch ein bisschen in der Politik?
Heinz-Christian Strache: HC Strache wird immer politisch sein und bleiben. Ich habe 2020 mein Comeback versucht, aber ohne finanzielle Mittel, ohne Struktur, und das war ein Kampf David gegen Goliath. Aber wir haben mit nichts beim ersten Antreten 3,5% gemacht und ich wurde mit Verleumdungen und Rufmord durch die Medien zugedeckt. Verleumdungen, Rufmord, Diffamierungen. Und ich hatte nicht das Kapital, mit Marketing dagegen zu halten.
Man hat versucht, mich zu kriminalisieren, mit Verleumdungen, Hausdurchsuchungen, 14 Ermittlungsverfahren, 14 Strafverfahren, wo ich heute nach dreieinhalb Jahren 11 gewonnen habe. Und gerade heute wieder einer rechtskräftiger Freispruch amtlich ist.
Magyar Jelen: Nur noch 3, und dann haben Sie den Grand Slam!
Heinz-Christian Strache: [Lachen] Aber, man hat mich dreieinhalb Jahre [lang] neutralisiert, finanziell, existentiell bekämpft und gefährdet. Ohne Hilfe und Spenden von Bürgern hätte ich das nicht geschafft. Weil die Anwaltskosten einen existentiell vernichten. Aber wir haben das gemeinsam mit den Unterstützern in den letzten dreieinhalb Jahren geschafft und werden die nächsten Jahre auch noch positiv schaffen. Und ich denke, daß schon einige Angst davor haben, daß ich, wenn ich alle Verfahren gewinne, wieder mit voller Kraft zurückkommen könnte.