Von Olivier Bault. Ursprünglich in französischer Sprache auf Réinformation TV veröffentlicht.
Polen – Der polnische Außenminister soll seine Entscheidung über den Asylantrag der Norwegerin Silje Garmo und ihrer 16 Monate alten Tochter Eira bis zum 22. Juni bekanntgeben. Nachdem sie im Mai 2017 in dramatischen Umständen aus Norwegen geflohen ist, da Ihre Anwältin sie gewarnt habe, dass das Jugendamt (Barnevernet) die Entscheidung getroffen hatte, ihr ihr zweites Kind wegzunehmen, hat Silje Garmo mit der Hilfe des polnischen pro-Leben und pro-Familie Anwaltsvereins Ordo Iuris Asyl in Polen beantragt.
Nach mehreren Monaten Ermittlungen hat das polnische Fremdenamt einen positiven Bescheid gesprochen, da es betrachtet hat, dass die Grundrechte der Norwegerin in ihrer Heimat wohl verletzt worden sind (siehe unser Interview mit Silje Garmo aus dem 18. Januar) und dass eine Rückkehr nach Norwegen sie dem Risiko aussetzen würde – in Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention und besonders deren Artikels Nr. 8 über das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens – ungerechtfertigt von ihrer Tochter getrennt zu werden. Gemäß dem polnischen Gesetz wurde nun die Akte an den Außenminister überwiesen, der sich vergewissern soll, dass eine positive Entscheidung den Interessen Polens entsprechen würde. Allerdings scheinen die Beamten des Außenministeriums Bedenken zu haben – wegen der Bedeutung der Beziehungen zwischen Polen und Norwegen, u.a. was die Gaslieferungen anbelangt und da eine bedeutende polnische Diaspora sich in dem Land aufhält.
Politischer und mediatischer Druck in Polen zugunsten der Asylgewährung für die Norwegerin Silje Garmo und ihre Tochter
Die polnischen Medien – u.a. die rechtsgerichteten, die traditionell der derzeitigen Regierung nahe stehen – verfolgen diese Sache ganz genau und zeigten sich Ende Mai über die Bedenken des Ministeriums besorgt. Zwei Abgeordnete der Regierungspartei PiS unterstützen den Antrag der Norwegerin von Anfang an und die national-konservative Oppositionspartei Kukiz’15 (29 Abgeordnete) richtete eine Anfrage an Außenminister Jacek Czaputowicz über diese Angelegenheit.
Gestern organisierte der Anführer der nationalistischen Partei Ruch Narodowy (Nationale Bewegung, RN) und ebenfalls Sejm-Abgeordnete eine öffentliche Debatte in einem Saal im Parlamentsgebäude in Anwesenheit der von Barnevernet verfolgten norwegischen Mutter, vierer Vertreter des Ministeriums, darunter eines Staatssekretärs bzw. Mitglieder zweier NGOs und Journalisten, darunter des Verfassers dieser Zeilen. Im Laufe dieser Debatte erklärte sich der Anwalt, der das Institut Ordo Iuris vertritt, überzeugt – aufgrund seiner Kenntnis der Akte von Silje Garmo und der Mißbräuche, von denen sie und ihre beiden Töchter Opfer seitens der norwegischen Behörden wurden (ihre ältere Tochter, Frøya, wurde ihr 2015 weggenommen) bzw. aufgrund seiner Erfahrung aus den Affären, die polnische Familien in Norwegen betreffen, dass, wenn Silje Garmo nach Norwegen zurückkehren sollte, ihre Tochter ihr sofort weggenommen würde und sie sie dann kaum mehr als anderthalb Stunden bzw. 4-6mal im Jahr in Anweseheit von Beamten von Barnevernet würde sehen können. Die norwegische Praxis – betonte noch der Anwalt – will, dass man, nachdem das Kind länger als zwei Jahre bei einer Pflegefamilie gelebt habe, betrachtet, dass es für das Kind schädlich wäre, es von dieser Familie wieder zu trennen. Aus diesem Grunde verlieren die leiblichen Eltern beinahe jede Chance, ihr(e) Kind(er) zurückzubekommen, auch wenn die ursprünglich von Barnevernet vorgebrachten Anschuldigungrn sich als grundlos bzw. lügenhaft erweisen.
Das Interesse Polens und der Polen ist es auch, in Europa eine Vision der Familie zu verteidigen, wie sie aus der „lateinischen“ Kultur und deren Rechtsordnung geerbt wurde
Gemäß den Daten, die polnische Familien in Norwegen betreffen und von einem der Vertreter des Ministeriums als Antwort auf die Frage eines Abgeordneten übermittelt wurden, wird das Problem des norwegischen Systems der Einmischung in das Leben der Familien von Jahr zu Jahr schlimmer. So wurden – aufgrund der Erklärungen von polnischen Familien beim Konsulat in Oslo im Jahr 2012 fünf Kinder aus ihren Familien weggenommen, während es im Jahr 2017 schon 94 Kinder betraf. Der Abgeordnete und Parteichef des Ruch Narodowy, Robert Winnicki, der die Debatte organisiert hatte, machte gegenüber den Vertretern des Ministeriums geltend, dass die obersten Interessen des Landes sich keinesfalls auf die wirtschaftlichen bzw. strategischen Fragen beschränken.
Polen wird in der Tat einem starken Druck ausgesetzt, um es dazu zu zwingen, die gleiche Entwicklung wie die Länder Westeuropas, darunter Norwegens, zu befolgen. Es liegt in seinem Interesse, betonte der Abgeordnete, die von der „lateinischen Zivilisation“ geerbten Kultur und Rechtsordnung gegenüber den heutigen Auswüchsen zu bewahren. Dieser norwegischen Mutter und ihrer Tochter Asyl zu gewähren wäre eine Weise für Polen – durch den somit entstehenden Präzedenzfall – ebenfalls Druck auf Norwegen bzw. andere Länder auszuüben, wo die polnischen Familien allzu oft mit immer totalitäreren Methoden konfrontiert werden.
Ein Aufruf zum Verzicht auf die norwegischen Fonds, die von Oslo benutzt werden, um seine libertäre bzw. freiheitsbedrohende Ideologie zu verbreiten
Es wurde ebenfalls die Frage der „norwegischen Fonds“ erörtert, die von Oslo für die Entwicklung der ärmeren Regionen in der EU aufgrund der Mitgliedschaft Norwegens im Binnenmarkt im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bezahlt werden. Diese Fonds, bemerkte man, werden von Norwegen u.a. für ideologische Zwecke benutzt: Finanzierung für das sechste Jahr in Folge, des LGBT-Marschs, der letzten Samstag in Warschau stattfand, bzw., wie ebenfalls erwähnt, Finanzierung der Ausbildung von polnischen Sozialarbeitern! Stimmen erhoben sich daher im Saal nicht nur dafür, dass die Regierung von Mateusz Morawiecki der Norwegerin Silje Garmo und ihrer Tochter Eira Asyl gewähre, sondern auch dass Polen auf seinen Anteil der norwegischen Fonds verzichte.
Aus dem Französischen übersetzt von Visegrád Post.