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Rumänisches Verfassungsgericht zeigt dem EUGH die Grenzen seiner Befugnisse

Lesezeit: 3 Minuten

Rumänien/Europäische Union – Die Neigung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH), seine Prärogativen ausweiten zu wollen und einen allgemeinen Vorrang des Unionsrechts vor nationalen Rechtsprechungen zu beanspruchen, stößt zunehmend auf den Widerstand von Staaten und nationalen Verfassungsgerichten.

So hat die Europäische Kommission ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet, um den Vorrang des europäischen Rechts durchzusetzen. Der polnische Verfassungsgerichtshof, der von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki angerufen wurde, wird sich Mitte Juli ebenfalls mit dieser Frage beschäftigen. Und die Richter des Verfassungsgerichtshofs von Rumänien (Curtea Constituțională a României, CCR) haben kürzlich den Vorrang des rumänischen nationalen Rechts vor dem Recht der Europäischen Union bekräftigt.

„Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts“

In der Tat hatte der EUGH am 18. Mai behauptet, aufgrund des „Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts“ jeden Richter ermächtigen zu können, nationales Recht zu missachten, wenn er es für unionsrechtswidrig hält. Insbesondere stellte der EUGH fest, dass die Entscheidung 2006/928/EG der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Rumäniens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung „in den Anwendungsbereich des Beitrittsvertrags […] fällt, da sie eine auf der Grundlage der Beitrittsakte erlassene Maßnahme darstellt, die für Rumänien seit dem Tag seines Beitritts zur Union verbindlich ist“ und dass

der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts steht einer nationalen Regelung mit Verfassungsrang entgegen, die einem Gericht mit niedrigerem Rang das Recht nimmt, eine nationale Bestimmung, die in den Anwendungsbereich der Entscheidung 2006/928 fällt und gegen das Unionsrecht verstößt, von Amts wegen unangewendet zu lassen.

„Das Grundgesetz behält seine übergeordnete hierarchische Stellung“

Darauf hat das rumänische Verfassungsgericht am Dienstag, den 8. Juni, mit sieben zu zwei Stimmen entschieden, dass

das Grundgesetz [die rumänische Verfassung, NdR.] seine übergeordnete hierarchische Stellung behält (…), da Artikel 148 der Anwendung des Unionsrechts keinen Vorrang vor der rumänischen Verfassung einräumt, so dass ein Gericht nicht befugt ist, die Konformität einer Bestimmung der ‚internen Gesetze’ zu analysieren, die durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts für verfassungsgemäß erklärt wurde,“

da „die Verpflichtungen, die sich aus dem Beschluss [vom 13. Dezember 2006] ergeben, den rumänischen Behörden, die für die institutionelle Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission zuständig sind (Absatz 177 des Beschlusses), sowie den rumänischen politischen Organen, dem Parlament und der Regierung obliegen“, und dass „die Verpflichtungen nicht den Gerichten obliegen können, staatlichen Organen, die nicht zur Zusammenarbeit mit einem politischen Organ der Europäischen Union berechtigt sind.“

Folglich entschied die CCR, dass

der nationale Richter nicht in die Lage versetzt werden kann, über die vorrangige Anwendung bestimmter Empfehlungen zum Nachteil der nationalen Gesetzgebung zu entscheiden.

Mit anderen Worten leistet die CCR Widerstand gegen den EUGH…

25 NGOs fordern den Rücktritt der sieben Verfassungsrichter

Diese Entscheidung des rumänischen Verfassungsgerichtshofs löste schnell mehrere Reaktionen aus. Zunächst einmal haben nicht weniger als 25 rumänische und ausländische NGOs unverblümt den Rücktritt der sieben Verfassungsrichter „gefordert“, die die fragliche Entscheidung getroffen haben, da sie der Meinung sind, dass diese Entscheidung der CCR „die juristische Welt auf den Kopf stellte„, weil „der Verfassungsgerichtshof sich weigert, die Entscheidung des EUGH vom 18. Mai 2021 zu befolgen“ und „der ständigen Rechtsprechung des EUGH widerspricht, wonach der nationale Richter der erste europäische Richter ist und diese Rolle von keiner Behörde, keinem Gesetz oder keiner Praxis verboten werden kann.“ Die Anwältin Monica Macovei von der Vereinigung Initiative for European Democratic Culture wurde vom Portal Monitorul Cluj aus Klausenburg mit den Worten zitiert: „Die absolute Macht der CCR über Rumänien hat den Geist von sieben Verfassungsrichtern korrumpiert, die die Oberhoheit der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EUGH) nicht akzeptieren.

Obwohl der EUGH klargestellt hat, dass seine Entscheidungen Vorrang vor den Entscheidungen der CCR haben, stellt sich die CCR nach wenigen Tagen über den EUGH und geht das Risiko ein, dass dies zum Austritt Rumäniens aus der EU führe!

„Die Europäische Kommission hat sich sehr klar zum Vorrang des europäischen Rechts geäußert“

Das Gleiche gilt für die Europäische Kommission, deren Sprecher Christian Wigand am Dienstag (22. Juni) sagte: „Wir werden dieses Urteil [der CCR] im Detail analysieren… Die Europäische Kommission hat sich sehr klar zum Vorrang des europäischen Rechts geäußert.“ Seine Stellvertreterin, Dana Spinant, fügte hinzu:

Wie wir schon oft und auch kürzlich erwähnt haben, ist der Vorrang  des EU-Rechts ein wesentliches Fundament der EU-Rechtsordnung, ebenso wie die Tatsache, dass Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union verbindlich sind und von den nationalen Gerichtshöfen durchgesetzt werden müssen.