Von der Redaktion.
Österreich – Der Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der am 18. Mai aus allen politischen Ämtern – in Regierung und Partei – zurücktreten musste, nachdem am Vortag ein beinahe zwei Jahre zuvor heimlich gedrehtes Video verbreitet wurde, das ihn – gemeinsam mit FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus – in einer Villa auf Ibiza zeigt, wie er einer angeblichen russischen Oligarchin öffentliche Aufträge in Aussicht stellt, falls es ihr gelingen sollte, die auflagenreiche Kronenzeitung zu kaufen und ihm anschließend dabei helfe, mehr Einfluss bzw. die Nationalratswahlen zu gewinnen, ist nun eine Woche später am 26. Mai zum Europaabgeordneten gewählt worden, was die neue Führung seiner Partei etwas in Verlegenheit brachte.
Es gibt in Österreich für die Europawahlen die Möglichkeit – zusätzlich zur Stimme für eine Wahlpartei – auch einem bestimmten Kandidat seine Stimme zu geben. Wenn ein Kandidat somit 5% der Stimmen seiner Partei auf seinen Namen erhält, so wird er auf der Kandidatenliste vorgereiht. Das ist, was 2004 mit Andreas Mölzer geschehen war… und nun auch am 26. Mai mit Heinz-Christian Strache geschehen ist, nachdem der Anführer der Identitären Bewegung Österreichs (IBÖ), Martin Sellner, öffentlich aufgerufen hatte, diese Möglichkeit des Wahlrechts zugunsten Straches zu nutzen.
Für die FPÖ – die Strache und Gudenus am Tag nach dem Skandal aus dem Vordergrund zurückgezogen hatte, und sich nun geschlossen hinter Norbert Hofer, dem beliebten Präsidentschaftskandidaten von 2016, im Hinblick auf den bevorstehenden Nationalratswahlkampf aufgestellt hatte – könnte diese unerwartete Wende u.U. lästig werden. Denn in der Tat, wenn Heinz-Christian Strache sein Mandat im Europaparlament ausüben sollte, ist es durchaus möglich, dass die europäischen Partner der FPÖ ihn innerhalb ihrer Fraktion nicht aufnehmen wollen, was die Vertretung der Partei entsprechend schwächen würde. Solange die genauen Umstände des von dem inzwischen „Ibizagate“ genannten Skandals nicht lückenlos geklärt sind, werden die liberalen Medien übrigens Herrn Strache nicht loslassen und weiterhin aus seinen Aussagen im veröffentlichten Teil des Videos Kapital schlagen wollen, während sie schamlos darüber spekulieren, was es sonst an sogenannten pikanten Details in den restlichen (noch) nicht veröffentlichten sieben Stunden vom Video überhaupt geben könnte, wovon niemand in der Öffentlichkeit Bescheid weiß. Soviele Themen, die mit dem eigentlichen Wahlkampf der FPÖ unnötig zu konkurrieren drohen.
Wird also Herr Strache auf sein Mandat im Europaparlament verzichten? Es ist möglich doch keinesfalls sicher. Kurz nach der Wahl postete Herr Strache eine Nachricht auf Facebook, in der er sich bei den Wählern für ihr Vertrauen bedankte und ankündigte, die Wahl annehmen zu wollen. Kaum zwanzig Minuten später löschte er die Nachricht wieder und behauptete, es sei bloß ein Entwurf gewesen, der (noch) nicht hätte gepostet werden sollen. Seitdem berät sich Herr Strache mit seiner Ehefrau Philippa – Journalistin und Ex-Model – seinen Freunden und nahestehenden Personen und lässt entsprechend die Spannung steigen. Das gleiche geschieht auch innerhalb der FPÖ, wo das Gerücht sich hartnäckig zeigen soll, dass zwei Lager gegenübereinander stünden: die einen, die aufgrund seiner in den letzten fünfzehn Jahren geleisteten Dienste die Entscheidung Straches akzeptieren wollen – wie auch immer diese ausfalle – und die anderen, die dessen Ausschluss aus der Partei verlangen, falls er auf dieses Mandat nicht verzichten sollte.