Von Olivier Bault.
Polen – Auch in Polen sind die Monate Mai und Juni die Jahreszeit der sog. „Gleichheitsparaden“ (Parady Równości), wie man sie noch im Land des Johannes Paul II. nennt. Bei diesen Aufmärschen gibt es kein obszönes Benehmen, wie man dies bei den „Gay Prides“ in den westeuropäischen Hauptstädten sieht – die Zeit ist noch nicht so weit –, doch diese wurden heuer durch Profanierungen gekennzeichnet, die gegen den katholischen Glauben begangen wurden. Denn mit beinahe 92% von katholisch getauften Polen, davon (gemäß den aktuellsten Zahlen) 38% jeden Sonntag die Messe besuchen, ist der durch die Offensive der LGBT-Lobby in Polen designierte Feind vor allem die katholische Kirche. Denn es ist ja kein Zufall, wenn im zweiten Jahr in Folge der Wallfahrtsort Jasna Góra (Klarenberg) in Częstochowa (Tschenstochau) zum Ziel eines Gleichheitsmarschs mit den Farben des LGBT-Regenbogens wurde, und zwar am 16. Juni, sprich genau an dem Tag, wo das sehr katholische Radio Marya dort eine Wallfahrt mit Kindern organisierte, die gekommen waren, um vor der Wunderikone der Schwarzen Madonna zu beten. Im zweiten Jahr in Folge haben auch Gegendemonstranten – zum Teil aus der nationalistischen Szene aber auch ganz einfache Katholiken und Patrioten – den einigen hundert LGBT-Demonstranten – von denen einige Verkleidungen trugen, die den Klerus verhöhnten – den Zugang zum Heiligtum verwehrt. Ikonen der Schwarzen Madonna, deren Heiligenschein in den sechs Farben des LGBT-Regenbogens übermalt wurde, wurden zuvor in Warschau und Danzig gesichtet. Es ist der post-kommunistische SLD-Bürgermeister, der sonderbarerweise diesen LGBT-Marsch zeitgleich am gleichen Ort wie eine für Kinder organisierte Wallfahrt genehmigte.
Der Marsch auf das Heiligtum von Tschenstochau wurde von Gegendemonstranten blockiert.
Am 25. Mai in Danzig war die von der liberalen Bürgermeisterin Aleksandra Dulkiewicz eröffnete „Gleichheitsparade“ zum Anlass für eine Parodie der Prozession des Heiligen Sakraments geworden. Am 8. Juni fand in Warschau die „Gleichheitsparade“ unter der Schirmherrschaft des liberalen PO-Bürgermeisters Rafał Trzaskowski statt, dessen Stellvertreter Paweł Rabiej (von der liberal-libertären Partei Nowoczesna) eine aufs Dach bekam, da er vor den Europawahlen offen zugegeben hatte, dass das Ziel es nicht sei, die von der liberalen Opposition geforderte zivile Lebenspartnerschaft sondern wohl das Ehe- und Adoptionsrecht für die Homosexuellen zu erhalten. Diese Parade wurde zum Anlass für die Parodie einer katholischen Messe, die von einer LGBT-Aktivistengruppe inszeniert wurde. Die SLD, die PO und Nowoczesna waren alle an dieser Europäischen Koalition beteiligt, die bei den Wahlen vom 26. Mai hinter dem PiS gelandet ist, was den früheren Präsidenten Lech Wałęsa, der die liberale Opposition unterstützt, dazu brachte zu sagen: „Wir haben wegen dieser Perversen verloren.“ Die Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL), deren Wähler eher konservativ sind, hat deswegen die Europäische Koalition nach der Niederlage verlassen und ihre eigene „Polnische Koalition“ im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Oktober gegründet.
Die Tatsache, dass die oppositionellen Liberalen und Post-Kommunisten heute unisono die Aufmärsche und die Forderungen der Homo-Lobbys in Polen unterstützen, ist etwas Neues. Neu ist auch die massive Unterstützung für diese Aufmärsche – trotz der Profanierungen und der offenen Bekundungen von antikatholischem Hass – seitens westlicher Konzerne, die heuer ziemlich zahlreich sind, Polen wie ein Gebiet kultureller Kolonisierung zu betrachten. Darunter findet man Coca-Cola, Google, Microsoft, Johnson & Johnson, Procter & Gamble, IBM, Nielsen Universal und seine Eismarke Ben & Jerryʼs, Citibank, JP Morgan MTV, Netflix usw. sowie auch die französische Bank Paribas.
Unter den amtlichen Unterstützern für die Parade in Warschau findet man auch ausländische Botschaften wie die französische Botschaft oder auch die norwegische Botschaft, die sich damit brüstet, diese Parade mit den für Polen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik eingezahlten norwegischen Fonds wegen der Mitgliedschaft Norwegens im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mitzufinanzieren.
Ein Demonstrant auf der „Gleichheitsparade“ in Warschau: „Die alten N…, die PiS wählen, werden schon mal sterben, und am Ende werden normale Menschen an die Macht kommen.“
Das Risiko für die liberale Opposition, indem sie sich für das „europäische“ Lager (eine Bezeichnung, die sie als gleichbedeutend für „fortschrittlich“ betrachtet) gegen den polnischen katholischen Obskurantismus entschieden hat, ist, dass sie durchaus unmöglich zurück an die Macht könne, da eine Mehrheit der Polen sich in den subversiven Forderungen der LGBT-Lobby nicht wiederfindet, die von vielen wie den Versuch betrachtet werden, Polen nach dem kommunistischen Totalitarismus eben einen neuen neo-marxistischen Totalitarismus aufzuzwingen. Die Europawahlen und für den PiS sehr günstige Umfragen sollten jedoch die Liberalen zum Nachdenken über die Konsequenzen ihrer Radikalisierung animieren.
Der Erzbischof von Tschenstochau meinte nach dem blockierten Marsch der LGBT-Demonstranten auf das berühmte und sehr geachte Heiligtum in seiner Stadt, dass es sich dabei um „die Konfrontation mit denen [handle] , die Gott und die christliche Zivilisation verworfen haben.“ Und er sagten den Fortschrittlichen: „wir werden die Profanierungen und die Verhöhnungen Gottes nicht akzeptieren, wir werden diesen sozialen Hass nicht akzeptieren, den diejenigen schüren wollen, die nicht nur die Feinde der Kirche sondern auch die Feinde Polens sind.“ In dieser Weise vertieft die zwar nicht zahlreiche doch von mächtigen Unterstützern mitgetragene Offensive der LGBT-Lobby die Kluft in der polnischen Gesellschaft zwischen libertären Europäisten und konservativen Patrioten. So wurde z.B. die Weltmeisterin und Olympiamedaillenträgerin in Windsurfing, Zofia Klepacka, heftig angegriffen, nachdem sie infolge der Unterzeichnung im Februar einer „Charta LGBT+“ durch den Bürgermeister von Warschau auf Twitter reagierte und mitteilte, dass ihr Großvater im Warschauer Aufstand im August-September 1944 nicht für dieses Warschau gekämpft habe. Neulich hat die Anwesenheit Zofia Klepackas in einem christlichen Rap-Video gegen die „Sünden von Sodom“ (Homosexualität und Abtreibung) die fortschrittlichen Medien in Polen wie Gazeta Wyborcza in Rage gebracht, während in einem konservativen Blatt wie Do Rzeczy, der Journalist Rafał Ziemkiewicz sie verteidigte und der LGBT-Ideologie scharf ans Leder ging, die er als eine importierte Revolution bezeichnete, „die genauso verrückt, genauso krank und potentiell genauso verbrecherisch [sei] wie der Bolschewismus bzw. der Nazismus.“
Das Video von Karat NM gegen die Sünden von Sodom, wo man Zofia Klepacka sieht, wie sie in einer Kirche betet.