Ungarn – In einem Interview mit dem Schweizer Magazin Weltwoche, das am 1. März veröffentlicht wurde, sprach der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán über den Krieg in der Ukraine, Wege zum Frieden, seine eigenen Treffen mit Wladimir Putin und die dramatische Schwäche Europas.
Auf die Frage, wie Ungarn mit dem Krieg in der Ukraine umgeht, antwortete der ungarische Regierungschef klar und deutlich: „Am härtesten getroffen werden wir durch die Sanktionen der EU gegen Russland. Sie haben die Preise für Öl und Gas in die Höhe getrieben.“
Darazuf erläuterte er die Schwierigkeiten, mit denen Ungarn konfrontiert ist: „Für die Ukrainer sind wir der erste sichere Staat. […] Über anderthalb Millionen Ukrainer sind seit Februar 2022 nach Ungarn eingereist. Das bereitet uns kaum Probleme, denn eingrosserTeil von ihnen zieht weiter.
Der Krieg belastet aber unsere Psyche, unsere Seele.
Die Ukraine ist ein Nachbarland, wo auch Ungarn leben. Sie werden als Soldaten eingezogen und sterben zu Hunderten an der Front. Dieser Krieg ist nicht weit von uns entfernt, sondern gehört zu unserem Leben. Das verdüstert unsere Stimmung.
Darum wollen in Ungarn alle Frieden. […] Man will uns in den Krieg pressen und ist nicht wählerisch bei den Mitteln. Bislang konnten wir widerstehen.“
Viktor Orbán geht auf die Ursprünge des aktuellen Krieges ein und erklärt weiter: „[2014] hiess es, dieser Konflikt müsse von Europa geregelt werden.
Heute hat sich Europa aus der Diskussion verabschiedet. In den Brüsseler Entscheidungen erkenne ich öfter amerikanische Interessen als europäische.
In einem Krieg an den Grenzen Europas haben heute die Amerikaner das letzte Wort.“
Für den ungarischen Regierungschef ist diese Schwäche Europas von der EU verursacht worden: „Die EU will eine ‚ever closer union‘. Wir einigen uns nicht auf das Ziel,sondern auf den Weg. Das ist der Grund für Europas Krankheit.“
Auf den russisch-ukrainischen Krieg zurückkomment, meint er: „Niemand kann [diesen Krieg] gewinnen“. Viktor Orbán für noch hinzu: „Ich sehe einen Krieg, bei dem die Ziele nicht klar sind. […] Und was ist eigentlich Europas Kriegsziel ? Wir hören die gefährlichsten Dinge, bis hin zur Forderung nach einem Systemwechsel in Russland.
Ein Krieg, in dem die Parteien nicht definieren, welches Ziel sie haben, ist die größte Gefahr.“
Schließlich entwirft er eine Vision davon, wie seiner Meinung nach die europäische Sicherheitspolitik in Zukunft aussehen sollte: „Russland ist immer gefährlich. Und Russland kann nur von einem Zaren geführt werden. […]
Es ist egal, ob uns das gefällt oder nicht. Wir müssen einen Weg finden, mit einer grossen, gefährlichen Kraft wie Russland in unserer Nachbarschaft zusammenzuleben.
[…] Die Russen sind ein Soldatenvolk. […] Ein Soldatenvolk respektiert niemals ein schwaches Land. […] Wir müssen in der Lage sein, uns zu verteidigen. Wir, das heisst Europa.
Eine europäische Nato wäre die Lösung. Das habe ich schon 2012 vorgeschlagen.“