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Die wahren Kosten des Klimaziels „Fit für 55“: Werden wir es schaffen, sie zu tragen?

Sovereignty.pl ist ein englischsprachiges konservatives Portal, wo polnische Kolumnisten und Kommentatoren über die großen Themen schreiben, die die öffentliche Debatte in ihrer Heimat antreiben.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Kosten des von der EU geplanten und in Polen umgesetzten Klimawandels werden astronomisch hoch sein. Da sich das Land trotz seiner dynamischen Entwicklung noch im Aufholprozess nach fünfzig Jahren Kommunismus befindet, werden diese Kosten vor allem die ärmsten Schichten der Gesellschaft sowie kleine und mittlere Unternehmen treffen.

Dieser Artikel von Tomasz Grosse, wurde in englischer Sprache auf Sovereignty.pl veröffentlicht. Um die vollständige englische Version auf Sovereignty.pl zu lesen, klicken Sie bitte hier.

Wie groß wird die Last des Klimawandels in Polen sein? Die Schätzungen variieren stark. Vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wurden die Kosten bis 2030 auf 240 Milliarden Euro geschätzt, doppelt so viel wie der EU-Durchschnitt [1]. Nach den Prognosen der Ökonomen der polnischen Bank Pekao wird die Umsetzung der Klimaziele bis 2030 jedoch mehr als 527,5 Milliarden Euro kosten. Darüber hinaus wird die Differenz zwischen den voraussichtlichen Einnahmen des Staatshaushalts aus CO2-Emissionsrechten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems sowie der finanziellen Unterstützung durch die EU einerseits und den von Polen getätigten Ausgaben andererseits voraussichtlich mindestens 300 Milliarden Euro betragen [2]. Ohne die Unterstützung der EU würden sich die Kosten des Klimawandels in Polen nach der gleichen Einschätzung auf mindestens 400 Milliarden Euro belaufen, was etwa 1,8 Billionen Zloty entspricht.

Andere Forscher argumentierten, dass die Unterstützung Polens durch EU-Mittel bis 2030 nur etwa 5 % der Gesamtausgaben ausmachen dürfte [3]. Da die Kommission jedoch fast alle Mittel für Polen für die Zeit nach 2021 blockiert hat, einschließlich der Mittel für den Klimaschutzwandel, wäre es naiv, auf eine europäische Unterstützung in diesem Bereich zu hoffen. Und so oder so, selbst wenn diese Mittel letztendlich an uns ausgezahlt werden sollten, muss die aus dem Klimawandel resultierende Last ganz überwiegend vom polnischen Haushalt sowie von den polnischen Unternehmen und Verbrauchern getragen werden. Es ist daher mit ernsthaften wirtschaftlichen Störungen, einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Wirtschaft und starker sozialer Unzufriedenheit zu rechnen, was die Frage der Mitgliedschaft Polens in der EU erneut auf den Tisch bringen könnte.

Die „Para-Steuer“

In der Europäischen Union gibt es ein spezielles System von finanziellen Strafen, eine Art „Para-Steuer“, die den Emittenten von Treibhausgasen auferlegt wird: das Emissionshandelssystem (ETS). Hier haben wir ein Beispiel für den wichtigsten Unterschied zwischen der Klimapolitik der EU und der der USA. Die Amerikaner haben kein ETS-ähnliches System eingeführt. Statt finanzieller Sanktionen nutzen sie steuerliche Anreize, d.h. Steuersenkungen, um Investitionen in den Klimaschutz und Emissionsreduktionen zu fördern. Für die EU sind die Kosten des Klimawandels umso schwerer abzuschätzen, als der Preis für Emissionsrechte volatil ist. Gleichzeitig wächst dieser Preis stetig und ist somit inflationsfördernd. Zu Beginn des Jahres 2021 betrug er noch nicht mehr als 40 Euro pro Tonne, während er ein Jahr später bereits bei fast 100 Euro pro Tonne lag [4]. Ein großer Teil dieses Preisanstiegs ist auf die Machenschaften von Finanzspekulanten zurückzuführen, die hier eine sichere Einnahmequelle gefunden haben. Brüssel ging nicht auf die Forderungen Polens ein, das ETS für Finanzspekulanten unzugänglich zu machen und es für die Dauer der Energiekrise auszusetzen (oder zumindest eine Preisobergrenze für Emissionsrechte festzulegen). Nach der Philosophie der EU-Institutionen gilt jedoch: „Je höher der Preis für Emissionsrechte, desto besser für das Klima“. Aus diesem Grund führte der Green Deal Änderungen im Handel mit Emissionszertifikaten ein, indem die kostenlosen Zertifikate in den Jahren 2026 bis 2034 schrittweise abgeschafft werden. Darüber hinaus wird das Emissionshandelssystem im Rahmen des Programms „Fit for 55“ nun auch auf die Sektoren Bauwesen, Automobil, Luft- und Seeverkehr ausgeweitet (ein neuer Anwendungsbereich namens ETS 2).

Nach den oben erwähnten Schätzungen der Wirtschaftswissenschaftler der Pekao Bank würden sich die Kosten für die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf den Bau- und Transportsektor in Polen auf etwa 25 Milliarden Euro (ca. 110 Milliarden PLN) belaufen [5]. Die tatsächlichen Kosten werden jedoch vom Preis der Emissionszertifikate auf den Finanzmärkten abhängen. Eine Studie schätzt, dass die Kosten für die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf den Verkehrs- und Gebäudesektor im Jahr 2030 für jeden polnischen Haushalt durchschnittlich 7.100 PLN (1.500 €) betragen könnten, wenn die Investoren die Gebote hochtreiben [6].

Dieses Beispiel zeigt, dass die Kosten des in Polen eingeleiteten Klimawandels in erster Linie die ärmeren Schichten der Gesellschaft sowie kleine und mittlere Unternehmen treffen werden. Der Anstieg der Energie- und Kraftstoffpreise infolge des ETS 2 wird zu teureren Konsumgütern und Lebensmitteln führen, was das verfügbare Einkommen der polnischen Haushalte und ihren Lebensstandard senken wird. „Die Klimapolitik der EU wird auch die Kosten der Nahrungsmittelproduktion erhöhen, da die Preise für Gas (ETS, Methanrichtlinie und ETS für den Seeverkehr, das auch die Versorgung mit LNG betreffen wird), das in der Düngemittelproduktion verwendet wird, steigen werden“ [7] Somit erzeugt die Klimapolitik in Verbindung mit der Energiekrise und der russischen Aggression gegen die Ukraine ein sehr hohes wirtschaftliches Risiko, auch im Bereich der Nahrungsmittel und insbesondere für die ärmsten Polen.

Die Gesamtkosten für die Umsetzung der EU-Klimapolitik beschränken sich jedoch nicht auf die von den Experten der Pekao-Bank geschätzten 527,5 Milliarden Euro. Ihre Schätzung berücksichtigt nämlich zwei wichtige Elemente nicht vollständig, die zu zusätzlichen Belastungen führen könnten. Diese Belastungen betreffen Investitionen in die Kernenergie und die Kosten für die Anpassung von Gebäuden an die durch die EU-Gesetzgebung eingeführten Energieeffizienzstandards.

Beispielsweise schreibt der Entwurf der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden [8] vor, dass alle neu errichteten öffentlichen und privaten Gebäude emissionsfrei sein müssen (ab 2027 für öffentliche Gebäude und ab 2030 für andere Gebäude). Außerdem schreibt sie kostspielige Renovierungsarbeiten an bestehenden Gebäuden vor, durch die deren Energieeffizienzklasse verbessert wird, um die Kohlenstoffemissionen zu senken. So muss jeder Gebäudeeigentümer in Polen eine Bewertung seiner Emissionen vornehmen und einen „Energiepass“ erhalten. Unter Androhung harter Strafen muss er die notwendigen Modernisierungsarbeiten innerhalb einer bestimmten Frist durchführen. Dies wird in einigen Fällen eine komplette Umstellung der Wärme- und Energieversorgung bedeuten. Der Energiepass wird sich auf den Preis der Immobilie auswirken und die Renovierungskosten können sich für die Eigentümer als zu hoch erweisen oder es lohnt sich einfach nicht. Andere EU-Dokumente sehen weiterhin vor, dass alle Wohn-, Geschäfts- und öffentlichen Gebäude mit Sonnenkollektoren ausgestattet werden müssen [9].

(…)

Die Herausforderung für die polnischen Eliten

Zusammenfassend muss man feststellen, dass die Kosten für den von der EU geplanten und in Polen umgesetzten Klimawandel astronomisch hoch sein werden. Sie werden sich auf 4.000 bis 5.000 Milliarden Zlotys (ca. 1.000 Milliarden Euro) belaufen und könnten noch weiter steigen. In dieser Analyse sind z.B. die Ausgaben für die breite Einführung von Elektroautos nicht enthalten. Ein Nachteil des EU-Projekts ist die tiefe Asymmetrie zwischen den Kosten, die Polen zu tragen hat, und denen, die den westeuropäischen Ländern entstehen. Letztere sind besser auf den Übergang vorbereitet, sie sind in der Regel wohlhabender und verfügen über eine Vielzahl von Technologien und Ausrüstungen, die sie den Polen verkaufen wollen. All dies wird die EU-Klimaagenda für Länder wie Polen unfair machen und die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Wirtschaft wahrscheinlich erheblich schmälern. Die Bevölkerung wird dadurch verarmen und den Bankrott vieler lokaler Unternehmen miterleben.

(…)

Übersetzung: Visegrád Post

[1] D. Ciepiela, Koszt transformacji energetycznej Polski do 2030 r. to 240 mld euro, wnp.pl, https://www.wnp.pl/energetyka/koszt-transformacji-energetycznej-polski-do-2030-r-to-240-mld-euro,401110.html [27.12.2021].
[2] Wpływ pakietu Fit for 55 na polską gospodarkę, Bank Pekao, Dezember 2021, https://www.pekao.com.pl/dam/jcr:4e058ebf-005f-4333-8753-0b6bddefb7e8/Pekao – Wpływ Fit for 55 na polską gospodarkę – final.pdf [27.05.2023], S. 3.
[3] W. Mielczarski, Koszty transformacji energetycznej w Polsce (ANALIZA), 7. Februar 2022, biznesalert.pl, https://biznesalert.pl/mielczarski-koszty-transformacji-energetycznej-w-polsce-analiza/ [27.02.2022].
[4] C. Bachański, Unia Europejska przed przepaścią, Warsaw Enterprise Institute, Warschau, 1. Juni 2023, https://wei.org.pl/2023/aktualnosci/cezary-bachanski/unia-europejska-nad-przepascia/ [27.06.2023].
[5] Wpływ pakietu Fit for 55 na polską gospodarkę, a. a. O., S. 3.
[6] M. Lachowicz, Zapłacą najubożsi. Koszty wprowadzenia systemu handlu emisjami dla budynków mieszkalnych oraz transportu, Warsaw Enterprise Institute, Warsaw 2023, https://wei.org.pl/2023/publikacje/raporty/admin/raport-zaplaca-najubozsi/ [27.06.2023].
[7] M. Lachowicz, Zapłacą najubożsi… a.a.O., S. 11.
[8] Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vom 15.12.2021, COM/2021/802 endg.
[9] EU-Strategie für Solarenergie, Europäische Kommission, Brüssel, 18.05.2022, COM(2022) 221 endg.