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Medizinischer Rat der polnischen Regierung tritt wegen „laxen“ Vorgehens gegen die Pandemie zurück

Lesezeit: 5 Minuten

Polen – Am Freitag applaudierte ein Teil der polnischen Rechten, einschließlich der PiS, dem Rücktritt von 13 der 17 Mitglieder des Medizinischen Rates, der seit November 2020 Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie beraten sollte. Das Regierungslager ist in der Tat weiterhin über die richtige Politik gespalten – zwischen denen, die wie der Gesundheitsminister eine Art Impfsegregation wollen, um „die Nichtgeimpften anzukotzen“, wie es der französische Präsident tut, und denen, die der Meinung sind, dass die Freiheit, sich impfen zu lassen oder nicht, respektiert werden muss und dass es gegen die Verfassung und die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen würde, irgendeine Form der Diskriminierung von Menschen einzuführen, die schließlich nicht gegen das Gesetz verstoßen.

Die einzige Diskriminierung, die bisher in Polen eingeführt wurde, besteht darin, dass die Begrenzung der Personenzahl an öffentlichen Orten im Rahmen der Bekämpfung der Pandemie nur für nicht geimpfte Personen gilt. Zumindest theoretisch, denn es wurde kein Gesetz verabschiedet, das es den Betreibern von öffentlichen Plätzen erlauben würde, einen Impf- und Identitätsnachweis zu verlangen, und in der Praxis werden diese Beschränkungen kaum eingehalten.

Der Medizinische Rat des Ministerpräsidenten bestand ausschließlich aus Ärzten, wurde jedoch wegen seiner schlechten Repräsentativität in Bezug auf die Fachgebiete kritisiert. Es handelte sich in der Tat hauptsächlich um Krankenhausärzte, die mit dem Covid nur Erfahrung mit Patienten hatten, die in einem ernsten Zustand ankamen, daher wohl auch die von einer Reihe von Ärzten in den Städten, Allgemeinmedizinern und Fachärzten, stark kritisierte Empfehlung, ab Frühjahr 2020 massiv auf Fernkonsultationen zurückzugreifen und Personen mit symptomatischem Covid, die sich nicht im Krankenhaus befinden, nur Paracetamol zu empfehlen, unter Ausschluss aller antiviralen Medikamente und aller Antibiotika, selbst wenn der Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion bestand. Der andere Vorwurf, der diesem Rat gemacht wurde, war seine Fokussierung auf die Impfung unter Ausschluss der Behandlung und die oft aggressiven, ja sogar hasserfüllten Beiträge einiger seiner Mitglieder, insbesondere seines Vorsitzenden, Professor Andrzej Horban, der sogar einmal so weit ging zu sagen, dass, wenn er eine nicht geimpfte Person sah, sein „Messer in der Tasche aufklappen“ würde, was ein polnischer Ausdruck dafür ist, dass er den Wunsch habe, ihn zu töten. Mehrere Mitglieder des Medizinischen Rats wurden außerdem beschuldigt, Verbindungen zur Pharmaindustrie zu haben und sich dadurch in einem Interessenkonflikt zu befinden.

Am 10. Januar sorgte der Medizinische Rat mit einer Erklärung für Aufsehen, in der er die Regierung aufforderte, alle Personen in öffentlichen Ämtern zu entlassen, die die Wirksamkeit der Covid-Impfung in Frage stellen würden.

Die angesehenen Medizinprofessoren reagierten damit auf die Kontroverse, die von der Rektorin der Stadt Krakau, die die Schulen in der Woiwodschaft Kleinpolen beaufsichtigt, ausgelöst worden war. Diese hatte im Radio erklärt, dass sie gegen eine mögliche Impfpflicht für Lehrer sei, da eine erwachsene und freie Person allein entscheiden sollte, ob sie sich impfen lassen möchte oder nicht, und weil die möglichen langfristigen Auswirkungen dieser Impfstoffe, die sie als experimentell bezeichnete, noch nicht bekannt seien. Das war am 7. Januar und brachte ihr eine scharfe Reaktion von Gesundheitsminister Adam Niedzielski ein, der erklärte, er verurteile „alle Anzeichen von Unvernunft“ und forderte den Rücktritt der Rektorin Barbara Nowak.

Der Bildungsminister tat es seinem Kollegen gleich und verurteilte, wenn auch in weniger abfälligen Worten, die Äußerungen dieser Rektorin, die er in der Vergangenheit wegen ihres mutigen Eingreifens gegen das Auftreten von LGBT-Aktivisten in den Schulen seiner Akademie und gegen die Verbreitung der Gender-Ideologie im schulischen Umfeld unterstützt hatte, allerdings beschloss die Regierung schließlich, sie im Amt zu belassen, nachdem mehrere Unterstützungsschreiben für sie eingegangen waren und auch nachdem sie ihre Äußerungen teilweise zurückgenommen hatte, indem sie öffentlich erklärte, dass sie als Historikerin nicht zu medizinischen Fragen hätte Stellung nehmen dürfen. Bildungsminister Przemysław Czarnek äußerte sich zudem ebenfalls ablehnend gegenüber einer Impfpflicht für Lehrer, jedoch nur, weil das Bildungswesen, das bereits unter Lehrermangel leidet, es sich nicht leisten könne, dass diejenigen das Land verlassen, die sich kategorisch weigern, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen.

Vergleich mit Rat der Revolutionswächter

In seiner „Stellungnahme“ vom 10. Januar vertrat der Medizinische Rat des Ministerpräsidenten die Ansicht, dass „die Leugnung des Wertes der Covid-19-Impfung durch Personen, die ein öffentliches Amt ausüben, inakzeptabel ist und zum Verlust ihres Amtes führen sollte“. Dafür hagelte es Kritik, unter anderem vom Vorsitzenden des Instituts Ordo Iuris – einer Organisation konservativer Anwälte und Juristen – der in einem Tweet schrieb: „Ich erlaube mir, daran zu erinnern, dass die Meinungsfreiheit ein demokratischer Wert ist, weil sie es ermöglicht, in einer freien Debatte durch die Gegenüberstellung verschiedener Argumente verschiedene Thesen zu bestreiten – oder zu bestätigen. Die Wahrheit lässt sich auf diese Weise besser verteidigen als durch Zensur. Der Medizinische Rat ist kein Rat der Revolutionswächter“.

Der Medizinische Rat des Ministerpräsidenten hatte sich für eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe ausgesprochen. Er hatte diese Empfehlung im Juli letzten Jahres abgegeben, und die Regierung von Mateusz Morawiecki hatte schließlich auf ihn gehört, da die Pflicht im März in Kraft treten sollte.

Diese Verzögerung den Empfehlungen gegenüber scheint den zurückgetretenen Mitgliedern des Rates missfallen zu haben, ebenso wie die Nichtumsetzung seiner Empfehlungen zur Einführung eines Gesundheitspasses und anderer freiheitseinschränkender Maßnahmen. Professor Simon, der zu den zurückgetretenen Mitgliedern zählt, sagte: „Die Empfehlungen wurden von der ultrakonservativen ‚Vereinigten Rechten’ [der von der PiS geführten Koalition, AdÜ.], d.h. den Hinterbänklern des Ministerpräsidenten und des Gesundheitsministers, blockiert, was zu einer Katastrophe von 500 bis 700 Todesfällen pro Tag geführt hat.

Kritiker dieses Medizinischen Rates und der Regierungspolitik, sowohl innerhalb der PiS als auch in den Reihen der rechtsgerichteten Oppositionsgruppe Konfederacja, die Nationalisten und Libertarier vereint, argumentieren jedoch, dass gerade die Empfehlungen dieses Rates befolgt wurden – insbesondere die Fernmedizin und die Absage von Besuchen und medizinischen Eingriffen, die nicht mit dem Covid in Verbindung stehen, sowie die Weigerung, Patienten zu Hause anders als mit Paracetamol zu behandeln, die für den Großteil der Todesfälle, sowohl der als Covid als auch der als Nicht-Covid eingestuften, verantwortlich waren, wobei die in den Jahren 2020 und 2021 beobachtete Übersterblichkeit weit über die allein dem Covid zugeschriebenen Todesfälle hinausging. Die liberale und linke Opposition hingegen schloss sich den Argumenten des Medizinischen Rates an und warf der Regierung vor, nicht allen ihren Empfehlungen für Lockdowns, Gesundheitspässe und andere Einschränkungen gefolgt zu sein.

Am 17. Januar kündigte Gesundheitsminister Adam Niedzielski die baldige Bildung eines neuen Rates an, dem auch Vertreter nichtmedizinischer Berufe wie Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler angehören sollten, um die verschiedenen Aspekte der Pandemiebekämpfung zu berücksichtigen. Der Minister wiederholte jedoch, dass der Gesetzentwurf, der vorsieht, dass Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer erfahren können, für ihn weiterhin ein wesentliches Instrument im Kampf gegen die Pandemie sei, auch wenn er immer noch nicht in der Lage zu sein scheint zu erklären, warum dies nützlich sein könnte – außer um „die Nichtgeimpften anzukotzen“ –, obwohl es erwiesen ist, dass die derzeitigen Impfstoffe gegen Covid die Ausbreitung des Virus und insbesondere die Ausbreitung der Variante Omicron nicht stoppen können, wie im Übrigen die Rekordzahlen neuer Fälle in Länder mit hoher Impfrate – wie Frankreich und Italien – belegen, die seit mehreren Monaten eine sanitäre Segregation eingeführt haben.

Als Anführerin der PiS-internen Fronde gegen die Gesundheitssperren wurde die Abgeordnete Anna Siarkowska letzte Woche vom Ministerpräsidenten und vom PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński empfangen, was ihr die Möglichkeit gab, die Argumente gegen diesen Gesetzesentwurf darzulegen. Sie ist der Meinung, dass ihr aufmerksam zugehört wurde, glaubt aber nicht, dass sie die beiden Politiker umstimmen konnte.

Siarkowska warnte jedoch vor der politischen Krise, die die Verabschiedung eines solchen Gesetzes auslösen würde, das eine Form der sanitären Segregation zulässt. Laut einer Meldung des Radiosenders RMF FM vom 18. Januar soll Gesundheitsminister Adam Niedzielski seinerseits seinen Rücktritt in die Waagschale geworfen haben, falls der Gesetzentwurf, über den in Polen seit dem Sommer letzten Jahres gesprochen wird, nicht bald verabschiedet werde. Der Entwurf war vom Gesundheitsausschuss des Sejm gebilligt worden, wurde dann aber noch von der Tagesordnung der Plenarsitzung am 13. Januar gestrichen.

Für den Wirtschaftswissenschaftler Sławomir Mentzen, einen der Anführer der Konfederacja, ist es „die ideale Gelegenheit, sich zweier Übel auf einmal zu entledigen“, wenn Niedzielski seine Zukunft in der Regierung von der Verabschiedung des Gesetzes abhängig macht, das es Arbeitgebern ermöglicht, den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer zu erfahren.

Aussicht auf sanitäre Segregation in den Unternehmen

Am 18. Januar entschied sich die polnische Regierung jedoch dafür, ihre Unterstützung für den Gesetzentwurf zu bekräftigen, der es Arbeitgebern ermöglichen soll, den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer zu erfahren, mit der Begründung, dass dies pandemiesichere Arbeitsbedingungen gewährleisten würde. Ein Arbeitgeber könnte, wenn der Entwurf in seiner jetzigen Form angenommen wird, auch verlangen, dass sich ein Arbeitnehmer regelmäßig testen lasse, wenn er nicht geimpft ist, oder ihn andernfalls auffordern, im Home-Office zu arbeiten oder ihm andere Aufgaben zuzuweisen. Außerdem würde nach diesem Gesetzentwurf ein Unternehmen, das nur geimpfte Arbeitnehmer beschäftigt, nicht von möglichen Beschränkungen betroffen sein.

Zwar kann die Regierung Morawiecki bei derartigen Diskriminierungen von nicht geimpften Personen auf die Unterstützung eines Teils der liberalen und linken Opposition zählen, doch könnte dies ihre dünne parlamentarische Mehrheit auf eine harte Probe stellen.