Ungarn – Es ist nun amtlich. Die auf Initiative von George Soros gegründete Central European University wird keine US-Diplome in Ungarn mehr verleihen dürfen. Ein neuer Sieg für den illiberalen Viktor Orbán und neue Besorgnisse in den Reihen der abgeworfenen liberalen und fortschrittlichen Opposition.
Im Rahmen einer frontalen Opposition gegen George Soros erringt der ungarische konservative Ministerpräsident Viktor Orbán einen neuen Sieg. Diesmal ist es die Central European University (CEU), die die Verlegung ihrer US-Studiengänge nach Wien ab 2019 ankündigt, da sie sich dem im März 2017 vom ungarischen Parlament verabschiedeten „Lex CEU“ nicht hat anpassen können, das den Druck auf die einflussreichen und sehr politischen Netzwerke von George Soros in Ungarn erhöhte. Dieses Gesetz bestimmt, dass eine ausländische Universität, die ausländische Diplome in Ungarn verleihen will, über einen ordentlichen Campus in ihrem Heimatland verfügen muss. Um zu versuchen, sich an diese Bestimmung anzupassen, hat die CEU ein kleines Haus in den USA gekauft, doch haben die ungarischen Behörden diesen Unfug nicht in Betracht gezogen.
Dem jüdischen ungarischstämmigen amerikanischen Milliardär und Spekulanten lag immer besonders am Herzen, die ungarische Gesellschaft zu verändern, mit der er sich weiterhin verbunden fühlt. Nach der Wende und sogar vorher während der 1980er Jahre ist er mehrmals nach Ungarn gereist, wo er damals u.a. den Fidesz, die Partei Viktor Orbáns, unterstützte, um den Kommunismus zu zerstören und die Entstehung einer offenen und kapitalistischen Gesellschaft in Ungarn zu fördern. Die CEU wurde in diesem Zusammenhang 1991 in Ungarn installiert. Als Ironie der Geschichte sind etliche Mitglieder der Regierung Viktor Orbáns – er selbst bekam ein Stipendium von Soros für ein Semester (das er wegen der Wende nicht zu Ende brachte) – ehemalige Studenten dieser Universität.
Doch ab 1992 wird die Verbindung gebrochen, da Viktor Orbán sich allmählich vom Liberalismus à la Soros entfernt. Als er 2010 an die Macht zurückkehrt und auch leicht dabei bleibt (mit haushohen Wahlsiegen in 2014 und 2018), erklärte der europäische Anführer des Illiberalismus einen frontalen Krieg gegen den äußerst reichen in den USA ansässigen Lobbyist. „Stop Soros“-Kampagnen, eine nationale Beratung über die erforderlichen Mittel gegen ihn und seine Netzwerke, aber auch die Einstellung der Finanzierung der Lehrgänge über „Genderstudien“, die Besteuerung der Pro-Migranten-NGOs bzw. die Segnung des in Ungarn wütenden Kulturkampfs: Viktor Orbán führt einen sehr ernsthaften Krieg gegen die liberal-libertären Lobbies. Daher hat auch die Stiftung George Sorosʼ im Frühjahr entschieden, Budapest zu verlassen.
„Die CEU wurde hinausgeführt. […] Noch nie gesehen. Eine amerikanische Institution wird aus einem NATO-Staat verwiesen. Sie vertreiben eine europäische Institution aus einem EU-Mitgliedsstaat,“ erklärte CEU-Rektor Michael Ignatieff. Für Leon Botstein, Vorsitzender des CEU-Kuratoriums, „haben uns die Stadt Wien und die österreichische Bundesregierung durch ihr Engagement zugunsten der akademischen Forschungsfreiheit mit offenen Armen empfangen. Trotz unserer Trostlosigkeit wegen unserer Vertreibung aus Budapest freuen wir uns auf den Gedanken, unseren Studenten die Gelegenheit zu bieten, in einer anderen Großstadt in Mitteleuropa studieren zu können.“
Seitens der ungarischen Regierung spielt man dabei die Angelegenheit herunter, indem man daran erinnert, dass allein die US-amerikanischen Studiengänge in Budapest nicht bleiben können. Die CEU bleibt somit in Ungarn und kann ihre ungarischen Studiengänge fortsetzen. Für Staatssekretär Bence Rétvári, einen der Hauptbeauftragten des Regierungskampfes gegen George Soros und dessen Netzwerke, soll Ungarn „seine eigenen nationalen Universitäten fördern und sie nach ihrem gerechten Wert betrachten; in zahlreichen Rankings erreichen sie sehr hohe Ergebnisse.“ Während er daran erinnerte, dass die Regierung die Gelder für die Universitäten zu erhöhen plane, fügte Herr Rétvári hinzu, dass die Ungarn auf ihre Universitäten stolz sein sollten und dass „ein solcher Bluff, eine solche politische Offensive“ seitens der CEU das Urteil über das ungarische Hochschulwesen nicht in Gefahr bringen sollte.
Eine große Anzahl von NGOs und Oppositionsparteien nehmen daran Anstoß, was sie als einen Anschlag gegen die Freiheit des Unterrichts beurteilen und behaupten, dass sie sich um die Abwertung des Images Ungarns Sorgen machen. Was den US-Botschafter betrifft, so meinte er, es handle sich dabei um eine „traurige Niederlage“.