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Lesezeit: 3 Minuten

Von Gábor Tóth, Vorsitzender der Vereinigung Gateway to Europe V4-China.

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf GLOBS veröffentlicht.

Mitteleuropa, Ungarn, China – Shanghai ist in der zweiten Novemberwoche zum Mittelpunkt geworden, als dort die erste chinesische internationale Importausstellung, die China International Import Expo, stattfand, an der über 2.800 Unternehmen aus 130 Ländern und Regionen der Welt teilnahmen. Unter einigen großen Ländern wie Großbritannien, Russland und Deutschland wurde auch Ungarn als Ehrengast eingeladen. So bewarben die ungarischen Unternehmen ihre Produkte, während die Politiker den Weg für eine harmonische Zusammenarbeit eröffneten.

Es ist ein bedeutender Erfolg für die ungarische Diplomatie, denn wir waren das einzige Land aus Ost- und Mitteleuropa, das dazu als Hauptgast geladen wurde. Mehrere Tage lang hat die ungarische Presse alle Vorteile dieser historischen Ausstellung analysiert und die Beziehungen zwischen Ungarn und China gelobt, die in 70 Jahren der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern noch nie so stark waren.

Allerdings fand ein noch wichtigeres Ereignis gerade nach der Rückkehr von Ministerpräsident Viktor Orbán aus Shanghai statt; ein Ereignis, worüber die Presse nicht viel berichtet hat, denn er war vielleicht nicht so spektakulär wie derjenige, der in China stattfand.

Die Direktoren der Zentralbanken der 16+1-Länder (Ost- u. Mitteleuropa + China) trafen in Budapest zusammen, um ihre Beziehungen im Bereich der Finanzen zu vertiefen, und eröffneten somit einen neuen Kapitel der Beziehungen zwischen Ost- und Mitteleuropa und China. Herr Orbán hielt dabei eine Rede, die einige Überlegungen beinhaltete, die man sich merken soll, da sie eine Vision tragen.

Es war das erste Mal, dass die Zentralbanken der 16 ost- mitteleuropäischen Länder und Chinas eine gemeinsame Konferenz organisierten.

„Die letzten zehn Jahre haben bewiesen, dass das Erstarken der chinesischen Wirtschaft kein temporäres Phänomen ist. China wird in den kommenden Jahren ein fixer Stern sein und lange Zeit ein bedeutender Player der Weltwirtschaft bleiben,“ erklärte der Ministerpräsident.

Außerdem meinte er, dass, über die historischen und geographischen Beziehungen hinaus, wirtschaftliche Beziehungen ebenfalls zwischen den beiden schwellenden Machtpolen China und Mitteleuropa entstehen werden. Die beiden Regionen haben immer engere Verbindungen untereinander.

„Es handelt sich um nichts weniger als um China und Mitteleuropa innerhalb einer gemeinsamen geographischen Region,“ setzte Herr Orbán fort und fügte hinzu, dass es mit der Eisenbahn möglich sei, zwischen China und Mitteleuropa zu reisen bzw. Waren innerhalb von zwei Wochen zu befördern. Wenn wir es schaffen, eine schnelle Eisenbahnverbindung zwischen den griechischen Häfen und dem übrigen Europa einzurichten, wird diese Reise noch schneller gehen.

Es gibt allerdings ein Hauptproblem, das den Aufbau Eurasiens schwieriger macht, als er sein sollte: die emotionale und ideologische Falle, in der sich manche Länder Westeuropas befinden. Trotzdem wird die Welt letztendlich verstehen, dass wir eine ideologiefreie Herangehensweise mit China annehmen müssen. Wir müssen akzeptieren, dass wir anders sind, dass wir unser Leben anders gestalten und dass wir unsere jeweiligen Länder anders führen.

Was Ungarn betrifft, so grenzt der Volumen des Handelsaustauschs zwischen uns und China an die 70 Milliarden Dollar und dessen Wachstumsrate liegt beeindruckenderweise um die 10% durchschnittlich; und er stieg um 18% innerhalb der ersten drei Quartale von 2018.

Der Ministerpräsident betonte ebenfalls die Tatsache, dass es immer wahrscheinlicher sei, dass wir uns darauf vorbereiten sollten, dass der Dollar seine Vormachtstellung im Welthandel verliere. Dies ist keine auf die leichte Schulter zu nehmende Erklärung.

Die Ungarn nehmen das nämlich ernst, was sich ebenfalls in unserer Währungspolitik niederschlägt. Orbán erklärte dabei: „Wenn wir in Zukunft Anleihen ins Ausland ausgeben werden, dann werden wir dies nach Osten tun und daran arbeiten, dass der Yuan die Währung des bilateralen Handelsverkehrs sein könne.“ Der Leser wird leicht verstehen, warum ich glaube, dass dieses Ereignis – mit dieser Rede – wichtiger sei als die Ausstellung in Shanghai.

Doch ist es noch nicht alles: gemäß den – teilweise ungarischen, teilweise internationalen – Analysen, die sich auf dem Schreibtisch des Ministerpräsidenten befinden, liegt die Wahrscheinlichkeit einer unmittelbar bevorstehenden Krise bei 70%. Diese behaupten, dass wir uns auf einen nicht näher definierten wirtschaftlichen Niedergang gefasst machen sollten, der zwar nicht so stark wie 2008 sein doch so gut wie sicher vorkommen solle. Dies macht es umso wichtiger für Ungarn, seine Linie beizubehalten und seine Politik der Öffnung zum Osten fortzusetzen.

Wenn wir wirklich Eurasien aufbauen wollen, dann sollen wir bedeutende Entwicklungen, hauptsächlich Infrastrukturen einrichten, denn wir sollen China, Mitteleuropa und den Balkan zu einem einzigen Netzwerk, zu eine weltweiten Netzwerk verbinden.

Ungarn ist noch einmal auf vorderster Front in der Geschichte. Wir befinden uns am Anfang einer neuen Ära und unsere Freunde in Mitteleuropa können uns vertrauen und gemeinsam mit uns eine Zusammenarbeit mit China aufbauen. Schließlich werden wir doch wohl das Richtige tun, denn wir sind das einzige Land aus dem Herzen Europas, das ein besonderes Interesse und eine strategische politische Partnerschaft mit dem asiatischen Riesen genießt. Der Aufbau eines wirklich einheitlichen Eurasiens wird davon abhängen, wie die Länder Ost- und Mitteleuropas sich letztendlich verständigen und gemeinsam arbeiten werden, damit ihr gemeinsames Abenteuer auf der Neuen Seidenstraße zu einem Erfolg in der Zukunft werde.

Übersetzt aus dem Englischen von Visegrád Post.