Von der Redaktion.
Zum ersten Mal erwähnt Viktor Orbán eine mögliche Zukunft außerhalb der EVP für den Fidesz.
Ist der Bruch zwischen Fidesz und EVP noch zu verhindern?
Die Visegrád Post hat schon über die Kampagne der ungarischen Regierung gegen Jean-Claude Juncker und George Soros berichtet, die ins EVP-Nest gestochen hat.
Der Ausschluss des Fidesz aus der EVP wurde von einem Dutzend aus insgesamt 60 Mitgliedsparteien verlangt.
Manfred Weber, Kandidat für die Nachfolge Jean-Claude Junckers als Präsident der Europäischen Kommission hat dem Fidesz ein Ultimatum in drei Punkten gestellt:
- sofortige und endgültige Einstellung der Kampagnen gegen Brüssel.
- Entschuldigungen gegenüber den Mitgliedern der EVP.
- Sicherstellung der Fortsetzung der von George Soros gegründeten Central European University.
Der dritte Punkt scheint gegenstandslos zu sein, da die CEU nicht daran gehindert wird, weiterhin in Ungarn als Universität zu fungieren. Ungarn hat bloß ein exorbitantes Privileg beendet, das der CEU ermöglichte, amerikanische Diplome ihren Studenten zu verleihen, obwohl sie über keinen nennenswerten Standort in den USA verfügt. Das so umstrittene Gesetz tat nichts Anderes als die CEU zu zwingen, sich den gleichen Anforderungen wie die anderen Universitäten anzupassen. Ob es den Kritikern Viktor Orbáns gefalle oder nicht.
Was die zwei anderen Punkte anbelangt, so scheint es für Viktor Orbán schwierig nachzugeben, da er sich nun seit acht Jahren im Streit mit Brüssel befindet, sprich seit dem Inkrafttreten der neuen ungarischen Verfassung.
Das Votum über den etwaigen Ausschluss des Fidesz aus der EVP wird am 20. März stattfinden und es ist noch schwierig, den Ausgang dieser Abstimmung vorauszusehen. Allerdings scheint eine Schwächung der EVP vorprogrammiert :
- wenn der Fidesz ausgeschlossen wird, so sind es ein Dutzend Abgeordnete, die die EVP verlassen – zu einem späteren Zeitpunkt könnten weitere Fidesz-nahe Parteien folgen, wie z.B. die Forza Italia von Silvio Berlusconi aber auch die Vertreter der ungarischen Minderheiten in Rumänien und in der Slowakei.
- wenn der Fidesz nicht ausgeschlossen wird, dann könnten wiederum mehrere Parteien die EVP verlassen.
Welche Alternativen für den Fidesz?
Anlässlich seines gewohnten Interviews auf Kossuth Rádió erörterte Viktor Orbán seine Vorliebe dafür, in der EVP zu bleiben, aber auch zum ersten Mal die Möglichkeit, dass der Fidesz sich außerhalb der EVP befinde. Für den Fall eines Ausschlusses hat Orbán klargestellt, dass er dann die ersten Gespräche mit den Konservativen des PiS in Warschau beginnen würde.
Im Klaren heißt es eine Annäherung des Fidesz mit der EKR-Fraktion (Europäische Konservative und Reformer).
Diese Möglichkeit würde die Hypothese einer bedeutenden Erweiterung der EKR-Fraktion bekräftigen, in der der PiS den Gros der Truppen darstellt. Eine solche Erweiterung scheint vom PiS erwünscht zu sein, der Verhandlungen mit der Lega von Matteo Salvini begonnen hat, die dazu berufen scheint, zahlreiche Sitze bei den kommenden Europawahlen zu erhalten.
Eine weitere mögliche Erweiterung wurde vom PiS-Delegationsleiter Ryszard Legutko erwähnt und betrifft die österreichische FPÖ.
In der Mitte Januar veröffentlichten Analyse über die Perspektiven der Umgestaltung der Fraktionen im Europaparlament erwähnte die Visegrád Post schon diese Möglichkeit, dass die Parteien der ENF-Fraktion (wo Marine Le Pens Rassemblement National auch beheimatet ist) sich an die EKR-Fraktion annähern könnten, da diese im Europaparlament weniger ausgegrenzt wird als die ENF-Fraktion.
Es bleibt abzuwarten, wie weit sich die EKR-Fraktion in Richtung der populistischen Parteien öffnen wird. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat diesbezüglich seine Ablehnung erwähnt, dass seine Partei sich mit „europafeindlichen“ Parteien assoziiere. Dies könnte somit den französischen Rassemblement National (RN) links liegen lassen, der durch die Mandatare der Partei Dupont-Aignans Debout la France (DLF) in der EKR-Fraktion Konkurrenz bekommen könnte, falls DLF Sitze bekommt.
Eine weitere Herausforderung für die EKR-Fraktion, die derzeit die atlantistischste Fraktion im Europaparlament ist, wird darin liegen, die richtige Dosierung mit der etwaigen Ankunft neuer Partner zu finden, die weniger russlandfeindlich sich, wie etwa der Fidesz, die Partei DLF von Dupont-Aignan, die Lega von Salvini bzw. die österreichische FPÖ.
Zwischen der Beibehaltung ihrer Kohäsion und der Erweiterung, um mehr Gewicht im Parlament zu erreichen, werden die Verhandlungen innerhalb der EKR-Fraktion in den kommenden Wochen sicherlich sehr intensiv sein. Es gibt ja die Hoffnung, an das Gewicht der EVP und der SPE im Europaparlament heranzukommen.
Doch derzeit warten alle auf den 20. März, denn dann wird die EVP über die Zukunft des Fidesz entscheiden.
Bis dahin hat Viktor Orbán eine Reise nach Warschau am Sonntag, den 10. März unternommen. Ein paar Tage später, am 15. März, den Nationalfeiertag in Ungarn (in Erinnerung an die Revolution von 1848) wird der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki an den offiziellen Feierlichkeiten in Budapest teilnehmen.
Zufall des Kalenders? Vorbereitung der Zukunft außerhalb der EVP? oder Drohkulisse in Richtung EVP über die Risiken eines Ausschlusses des Fidesz? Die Antwort erfahren wir in den kommenden Tagen.